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Schon mal da gewesen

Sie sind wieder unterwegs, die Brandbriefe der Kassenärztlichen Vereinigungen an ihre Mitglieder. "Brandbrief" steht natürlich nicht darüber, aber vom Inhalt her sind sie ähnlich. Vor wenigen Jahren gab es das schon einmal, erinnern Sie sich? Die Ärzteorganisationen rechnen die Ausgaben für Arzneimittel hoch und versuchen zu beziffern, um wieviel die Budgets überschritten werden und mit wieviel tausend Mark ein Mediziner unter Umständen zur Kasse gebeten wird. Das sind Schätzungen, die gleichwohl ihre Wirkung nicht verfehlen. Es zeigt sich, dass der Schlamassel mit den Arzneimittelbudgets lediglich auf das Jahresende verschoben wurde.

Im Frühherbst einigten sich Ärzte, Bundesgesundheitsministerin und Kassen auf das so genannte Aktionsprogramm, einen harten Sparkurs. Bereits dort war ersichtlich, dass nicht ein einziges Problem gelöst, sondern lediglich vertagt und verlagert wurde. Es zeigt sich klar, dass Budgets in der Praxis so nicht funktionieren. Die Politik will allerdings unverdrossen - und ungeachtet der Erfahrungen der Vergangenheit - daran festhalten. Die Proteste dagegen werden daher weiterlaufen. In diese Richtung hat sich zuletzt der Präsident der Bundesärztekammer geäußert. Seine Prognose: Was sich 2000 abspielen wird, wird noch schärfer sein als der bisherige Protest, "das wird mehr als ein Aufstand", sagt Professor Jörg-Dietrich Hoppe. Eine ungute Situation, denn Verunsicherung nützt niemandem. In der Apotheke sind die Jojo-Effekte bei den Verordnungen schwierig zu handhaben.

In der vergangenen Woche preschten wieder die Betriebskrankenkassen vor und meldeten dringenden Handlungsbedarf bei den Arzneimittelpreisen. Die letzte Änderung der Preisverordnung von Juli 98? Abgehakt. Die greife inzwischen zu kurz. Dabei ergibt sich gerade für die Kassen langfristig ein großes Sparpotential durch die damalige Streckung, verbunden mit dem abgesenkten Apothekenfestzuschlag im oberen Segment. Die Preisstruktur des Marktes verschiebt sich doch tendenziell zu teueren Produkten. Moment, hieß es einen Tag später, die Arzneimittelpreise liegen im europäischen Vergleich im unteren Drittel, also nicht an der Spitzenposition, die gerne von Kassenseite mit Blick über Ländergrenzen suggeriert wird. Von dem Zahlenwust der vergangenen Tage blieb auch das hängen: Die Arzneimittelpreise liegen in Deutschland etwa vier Prozent niedriger als vor sieben Jahren. Dies sei an dieser Stelle noch einmal herausgehoben. Susanne Imhoff-Hasse

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