- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 1/1999
- Wieviele Deutsche nehmen ...
DAZ aktuell
Wieviele Deutsche nehmen Drogen und Suchtmittel?
"Eine umfassende Suchtprävention muß bei Kindern und Jugendlichen mit der Förderung von Lebenskompetenzen beginnen. Sie muß aber auch Maßnahmen zur Steigerung des Gesundheitsbewußtseins als wirksames Gegengewicht zur Gefahr des Drogenkonsums beinhalten. Die Strategie "Kinder stark machen" ist richtig und muß noch intensiver und umfassender verfolgt werden," fordert die Parlamentarische Staatssekretärin.
In der Bundesstudie des Bundesministeriums für Gesundheit wurde der Drogenkonsum von Erwachsenen in Deutschland für das Jahr 1997 repräsentativ erhoben. An der Befragung nahmen 8020 Personen in alten und neuen Bundesländern teil.
Die Studie zeigt, daß nach einer Phase der Zunahme des Drogengebrauchs Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre sich der Konsum illegaler Drogen 1997 gegenüber 1995 nicht mehr erhöht hat, bei leicht unterschiedlichen Verläufen in Ost- schwache Zunahme) und Westdeutschland (schwache Abnahme).
In den alten Bundesländern haben 14,2%, in den neuen Bundesländern 4,8% der befragten 18- bis 59jährigen mindestens einmal im Leben illegale Drogen genommen (Lifetime-Prävalenz). Hochgerechnet auf die Wohnbevölkerung sind dies in Westdeutschland 5,7 Mio. und in Ostdeutschland 400000 Personen. In den letzten 12 Monaten vor der Erhebung (aktuelle Prävalenz) haben in Westdeutschland 4,9% der Befragten (Wohnbevölkerung 2,0 Mio.) Drogen genommen, in Ostdeutschland liegt der Anteil bei 2,7% (Wohnbevölkerung 220000).
Anstieg der Drogenerfahrung im Jugendalter
Nach der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit einer Stichprobengröße von insgesamt 3000 Fällen ist die langfristige Entwicklung des Anteils der 12- bis 25jährigen westdeutschen Jugendlichen mit Drogenerfahrung (Lebenszeitprävalenz) von Mitte der siebziger Jahre bis zum Ende der achtziger Jahre relativ konstant (bei ca. 17%) und steigt in den neunziger Jahren auf 22% - insbesondere erhöht sich die Drogenerfahrung seit 1993 bei den 12- bis 17jährigen und den weiblichen Jugendlichen.
Der Anteil derer, die aktuell regelmäßig illegale Drogen konsumieren, ist in Westdeutschland in den 90er Jahren konstant geblieben und liegt bei ca. 3%. Seit 1990 hat die Probierbereitschaft von Cannabis (von 18 auf 25%), von Ecstasy (von 2 auf 13%) und Amphetaminen (von 4 auf 7%) zugenommen.
Nach wie vor hoch ist jedoch der Anteil Jugendlicher, der Drogen ablehnt: etwa drei Viertel bei Cannabis, neun Zehntel bei Ecstasy und nahezu vollständig bei Substanzen wie LSD, Kokain und Heroin.
Die Drogenerfahrung der 12- bis 25jährigen in Ostdeutschland hat sich bei illegalen Substanzen von 6 auf 17% nahezu verdreifacht. Diese Entwicklung dürfte zu einem Teil darauf zurückzuführen sein, daß der Anteil Jugendlicher, denen Drogen angeboten wurden, von 17 auf 33% seit 1993 angestiegen ist. Zudem zeigt sich, daß ein - im Vergleich zu den westlichen Bundesländern - größerer Anteil derjenigen, die ein- oder mehrmals Drogen konsumierten, nicht wieder damit aufhören, sondern auch aktuell regelmäßig Drogen gebrauchen.
Der größte Teil der Drogenerfahrung in Deutschland insgesamt bezieht sich auf den Konsum von Cannabis. Etwa die Hälfte der Cannabiserfahrenen sind Probierer mit einer Konsumfrequenz von bis zu fünfmal im Leben. Hochgerechnet auf die Wohnbevölkerung nehmen etwa 240000 der 18-59jährigen Bundesbürger regelmäßig Cannabis (an 20 bis 30 Tagen innerhalb der letzten 30 Tage vor der Erhebung).
Ecstasy bei aktuellem Drogenkonsum an der Spitze
Die Studie spiegelt auch das in den letzten Jahren gewachsene Interesse an Ecstasy wider, wenngleich die Prävalenzwerte bei weitem nicht das Ausmaß des Cannabiskonsums erreichen. Der Anteil der aktuellen Konsumenten an allen Ecstasyerfahrenen ist jedoch deutlich höher als bei anderen illegalen Drogen. So hat in Westdeutschland über die Hälfte der Ecstasyerfahrenen auch in den letzten 12 Monaten Ecstasy genommen. Schätzungsweise konsumierten in Deutschland in den letzten 12 Monaten vor der Erhebung 380000 Personen im Alter von 18 bis 59 Jahren Ecstasy.
Etwa 4 Mio. Erwachsene durch Alkoholmißbrauch oder -abhängigkeit gefährdet
Aus den Angaben zum Alkoholkonsum in den letzten 12 Monaten wurde in der Repräsentativstudie der Durchschnittskonsum in Gramm Reinalkohol pro Tag berechnet. Einen starken Alkoholkonsum mit durchschnittlich mehr als 40/20 g Reinalkohol pro Tag weisen 15,2% (Wohnbevölkerung 3,8 Mio.) der Männer und 8,4% (Wohnbevölkerung 2,0 Mio.) der Frauen auf. Bezogen auf die Gesamtstichprobe ergibt sich ein Pro-Kopf-Verbrauch in Litern Reinalkohol von 9,2 Litern für Männer und 3,0 Litern für Frauen im Jahr. Die von den Befragten angegebenen Konsummengen liegen damit unter dem aus den Verbrauchszahlen errechneten Pro-Kopf-Konsum von 10,9 Litern, wobei jedoch die Verbrauchszahlen nicht den tatsächlichen Verbrauch, sondern vielmehr die verkaufte Menge an Reinalkohol schätzen.
Die Ergebnisse verschiedener Tests bzw. Klassifikationssysteme deuten auf einen Anteil von derzeit ca. 8-9% der 18- bis 59jährigen (Wohnbevölkerung 3,9-4,4 Mio.) mit Alkoholmißbrauch oder -abhängigkeit hin.
Alles in allem hat der Alkoholkonsum in der Bundesrepublik ein hohes Niveau, wobei die Konsumzahlen je nach Berechnungsverfahren uneinheitlich sind. Es wurde daher im Bundesgesundheitsministerium eine Schätzwertegruppe eingerichtet, um zu einheitlichen und verbindlichen Zahlen hinsichtlich der durchschnittlichen individuellen Konsummenge und in Bezug auf die unterschiedlichen Konsummuster zu kommen.
Der regelmäßige wöchentliche Alkoholkonsum der 12- bis 25jährigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den westlichen Bundesländern geht langfristig (seit 1973) zurück. Diese Entwicklung zeigt sich sowohl bei Bier (von 42 auf 27%), Wein (von 21 auf 10%), Spirituosen (von 17 auf 5%) und bei alkoholischen Mixgetränken (hier seit 1986: von 10 auf 7%).
Auch in den östlichen Bundesländern gibt es alles in allem beim Alkoholkonsum einen Rückgang häufigen Trinkens von Bier, Wein, vor allem aber von Spirituosen bei den männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, während jedoch der Anteil der regelmäßig Alkohol konsumierenden Mädchen und jungen Frauen gleichbleibt oder - beim Biertrinken - steigt.
Anstieg des Anteils der Raucher bei Jugendlichen und jungen Frauen
Der Anteil der Raucher in der Bundesrepublik insgesamt beträgt bei den Männern 43%, bei den Frauen 30%. Hochgerechnet auf die 18- bis 59jährige Bevölkerung sind dies 17,8 Mio. Raucher, von denen 6,7 Mio. im Mittel 20 oder mehr Zigaretten pro Tag konsumieren.
Ein Vergleich der Entwicklung der 18- bis 24jährigen seit 1980 läßt in Westdeutschland einen erheblichen Rückgang der Raucherprävalenz erkennen. Bei den Älteren zeigen sich mit Ausnahme des deutlichen Rückgangs täglichen Rauchens bei den 25- bis 39jährigen keine wesentlichen Unterschiede seit 1990 bzw. 1995. Dagegen hat sich der Anteil starker Raucher (tägliche Raucher mit einem Konsum von mehr als 20 Zigaretten pro Tag) in Westdeutschland seit 1980 deutlich reduziert. Auch in Ostdeutschland zeigt sich im Vergleich über sieben Jahre bei einer in etwa gleichbleibenden Raucherquote ein leichter Rückgang in den Anteilen der täglichen Raucher und Raucherinnen. Die Anteile der starken Raucher weisen im Zeitvergleich dagegen keine Veränderungen auf.
Die Ergebnisse der Befragung junger Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren, die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vorgenommen wurde, belegen auf der einen Seite eine langfristige Zunahme derer, die nie geraucht haben (1997: 42% gegenüber 31% im Jahr 1979). Es zeigte sich aber auch, daß aktuell gerade bei den jüngeren Jahrgängen der Raucheranteil wieder steigt. 1993 rauchten in Westdeutschland 21% in der Altersgruppe der 12- bis 17jährigen, 1997 sind es 26%. In Ostdeutschland stieg die Raucherquote von 19 auf 34%. Besonders stark ist hier der Anstieg bei den weiblichen Jugendlichen und jungen Frauen.
Vergleicht man die Motive des Konsums von Zigaretten, Alkohol und illegalen Drogen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, dann wird deutlich, daß überwiegend soziale, auf geselliges Beisammensein bezogene, stimmungssteigernde und kontaktfördernde Eigenschaften dieser Substanzen genannt werden - insbesondere bei Alkohol und illegalen Drogen.
Zur Begründung bzw. Rationalisierung des persönlichen Zigarettenkonsums werden vor allem Motive genannt, die auch die Zigarettenindustrie in der Werbung als Kaufanreize kommuniziert ("Ich rauche gern", "weil es schmeckt"). Inwieweit diese Kommunikationsstrategie zum Anstieg der Raucherquote - insbesondere bei den 12- bis 17jährigen - beigetragen hat, läßt sich mit dieser Studie nicht beantworten. Gleichwohl dürften die aktuellen Raucher durch ein derartiges Werbekonzept in ihrem Verhalten bestärkt werden. Die Daten zeigen, daß die Raucher wieder bewußter zu ihrem Verhalten stehen.
Prävention ist wichtigstes Instrument bei Bekämpfung des Suchtmittelkonsums
Die Studie läßt auch erkennen, daß der Konsum verschiedener Substanzen als schrittweiser Lernprozeß abläuft. Jugendliche sind eher bereit, eine weitere Substanz zu probieren, wenn sie mit einer anderen bereits Erfahrung gesammelt haben. Dieser Lernprozeß beginnt in der Regel mit dem Rauchen, das die Wahrscheinlichkeit für intensiveres Alkoholtrinken erhöht. Alkohol dient oft als Einstieg in den illegalen Drogenkonsum.
Sinnvoll erscheint es, daß Suchtprävention möglichst früh in dieses Lerngeschehen eingreift. Als eine zentrale, erfolgsversprechende Strategie ist dabei die Förderung des Nie-Rauchens zu bewerten.
Die Studien können beim Bundesministerium für Gesundheit, Broschürenstelle, Fax (0228) 941-4972, bzw. bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Fax (0221) 8992-300, angefordert werden.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.