Arzneimittel und Therapie

Bisoprolol bei Herzinsuffizienz: nicht für alle geeignet

Die CIBIS(Cardiac Insufficiency Bisoprolol Study-)II-Studie hat erhärtet, was sich bereits in CIBIS andeutete: Herzinsuffiziente Patienten, die zusätzlich mit dem Betablocker Bisoprolol behandelt werden, leben im Durchschnitt länger und müssen seltener ins Krankenhaus eingeliefert werden. Betablocker haben damit durchaus ihren Stellenwert auch in der Therapie der Herzinsuffizienz. Allerdings muss genau darauf geachtet werden, wer damit behandelt wird, denn nicht jeder Patient profitiert. Inzwischen wurde die Zulassung von Bisoprolol zur Behandlung der Herzinsuffizienz beantragt.


Betablocker können sich als Zusatzmedikation neben Diuretika und ACE-Hemmern günstig auf eine Herzinsuffizienz auswirken. Die linksventrikuläre Funktion verbessert sich, und die Patienten fühlen sich wohler. Dies war bereits vor den CIBIS(Cardiac Insufficiency Bisoprolol Study-)Studien bekannt. Offen war, ob unter Beta-Rezeptorantagonisten auch die Mortalität sinkt. In der ersten CIBIS-Studie erwies sich der hochselektive Beta-1-Rezeptorantagonist Bisoprolol bereits als äußerst interessant. Die Ergebnisse - eine um 20 Prozent geringere Mortalität und 30 Prozent weniger Hospitalisierungen - waren allerdings nicht signifikant. Das war Grund genug, die Studie neu aufzulegen und noch einmal ganz genau hinzusehen.

Weniger Tote pro Jahr


CIBIS-II, eine Untersuchung mit knapp 3000 herzinsuffizienten Probanden (siehe Kasten), wurde vorzeitig abgebrochen, da sich nach 1,3 Jahren ein klarer Vorteil für die Bisoprolol-Gruppe herauskristallisierte. Während unter Plazebo 228 Patienten starben, waren es unter Bisoprolol nur 156. Einer Gesamtmortalität von 17,3 Prozent in der Plazebo-Gruppe standen damit 11,8 Prozent in der Bisoprolol-Gruppe gegenüber. Berechnet auf das Jahr bedeutet dies eine Gesamtsterblichkeit von 8,8 Prozent unter Bisoprolol und 13,2 Prozent unter Plazebo.
Auch kardiovaskuläre Todesfälle waren unter der Betablockade weniger häufig (9 Prozent versus 12 Prozent). Besonders auffällig war der große Unterschied in der Häufigkeit plötzlicher Herztode (48 unter Bisoprolol versus 83 unter Plazebo). Subgruppen-Analysen zeigten, dass die Wirkung von Bisoprolol prinzipiell unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung und der Ursache der Herzinsuffizienz war. Dennoch profitierten Patienten mit einer Herzinsuffizienz der Klasse NYHA III (Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bereits bei leichteren Tätigkeiten) zu Beginn der Therapie am meisten.

Seltener ins Krankenhaus


Der Blick auf Häufigkeit und Ursache der Krankenhauseinweisungen zeigt verschiedene Aspekte. Insgesamt mussten weniger Patienten der Bisoprolol-Gruppe hospitalisiert werden (440 versus 513). Betrachtet man nur die Patienten, die wegen einer verschlechterten Herzinsuffizienz eingeliefert werden mussten, war der Unterschied mit 159 (12%) gegenüber 232 (18%) noch größer. Ebenfalls seltener waren Einlieferungen wegen ventrikulärer Tachykardie und ventrikulärer Fibrillation sowie Hypotonie. Demgegenüber kamen Patienten der Bisoprolol-Gruppe häufiger wegen eines Schlaganfalls (31 versus 16) oder einer Bradykardie (14 versus 2) in die Klinik.
Der herausragende Effekt von Bisoprolol auf die Zahl plötzlicher Herztode und die geringere Todesrate wegen Störungen der kardialen Pumpfunktion deuten darauf hin, dass Bisoprolol eher als Antiarrhythmikum agiert als einen spezifischen Effekt auf die Herzfunktion zu besitzen. Ähnliche Ergebnisse zeigten auch die Studien mit Carvedilol. Die geringere Zahl ventrikulärer Tachykardien und Fibrillationen sind weitere Hinweise auf einen antiarrhythmischen Effekt.

Praktische Richtlinien überdenken


Die Studie zeigt damit klar, dass die additive Gabe von Betablockern zu Diuretika und ACE-Hemmern Mortalität und Morbidität herzinsuffizienter Patienten deutlich senken kann. 34 Prozent geringere Gesamtmortalität, 44 Prozent weniger plötzliche Herztode und knapp 20 Prozent weniger Hospitalisierungen sprechen hier für sich. Die Konsequenzen für die Praxis werden allerdings noch vorsichtig diskutiert. Befürwortet wird angesichts der positiven Ergebnisse, die medikamentöse Versorgung von Patienten mit milder bis moderater Herzschwäche und linksventrikulärer systolischer Dysfunktion zu überdenken und die Richtlinien für die Behandlung zu aktualisieren. Die Empfehlungen gehen dahin, Betablocker als Zusatzmedikation bei stabilen Patienten mit leichter bis mäßiger Herzinsuffizienz einzusetzen. Dabei sollte mit einer niedrigen Dosis begonnen werden, die dann allmählich gesteigert wird.

Nicht für instabile Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz


Trotz der Relevanz der CIBIS-II-Ergebnisse kann die Betablockade nicht für alle Patienten mit Herzinsuffizienz empfohlen werden. Bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz fehlen ausreichende Hinweise auf einen tatsächlichen klinischen Nutzen. Da auch in CIBIS-II vor allem stabile Patienten mit NYHA-III-Insuffizienz (mittelschwer) eingeschlossen worden waren, lassen sich definitive Aussagen für Patienten mit sehr schwerer instabiler Herzinsuffizienz nicht machen.
Der augenscheinliche Nutzen fehlt aber auch für asymptomatische Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion, herzinsuffiziente Patienten mit diastolischer Dysfunktion oder frischem Herzinfarkt.
Dünn sind derzeit außerdem die Daten über den Wert der Betablocker-Therapie bei älteren Patienten, der Hauptgruppe der Herzinsuffizienten. Das Alter der Probanden in CIBIS-II lag mit durchschnittlich 61 Jahren etwa zehn Jahre unter dem Alter der typischen herzinsuffizienten Patienten. Studien, in der auch Patienten über 80 Jahre berücksichtigt sind, gibt es nur wenig.

Alt oder neu:


eine Frage der Kosten?
Obwohl Betablocker der neueren Generation zweifelsfrei theoretische Vorteile in der Behandlung der Herzschwäche mit sich bringen, zeigen CIBIS-II und MERIT-HF, eine Studie, die den Nutzen von Metoprolol bei Herzinsuffizienz belegte, dass auch die älteren beta-1-selektiven Wirkstoffe ohne zusätzliche Eigenschaften, wie beispielsweise eine Vasodilatation, dem Patienten nützen. Hier stellt sich auch die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Literatur
CIBIS-II-Investigators and Committees: The cardiac insufficiency Bisoprolol Study II (CIBIS II): a randomised trial. Lancet 353, 9-13 (1999).
Krumholz, H. M.: Beta-Blockers for mild to moderate heart failure. Lancet 353, 2 (1999).
Dr. Beate Fessler, München

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