Kommentar

Aufweichen des Versandhandelsverbots?

Irgendwelche Kräfte aus Mecklenburg-Vorpommern beabsichtigen, ein hervorragend funktionierendes System zu unterlaufen, nämlich den "Vertriebsweg für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die ausschließlich in der Praxis des verordnenden Arztes verabreicht werden". Im Klartext: Ärzten soll es ermöglicht werden, ihren Praxisbedarf nicht nur über Apotheken zu beziehen, sondern direkt vom Hersteller, Großhandel oder aus anderen Vertriebskanälen. Das sieht eine Beschlussvorlage vor für die 2. Beauftragtenrunde zur 73. Gesundheitsministerkonferenz, die Ende Juni stattfinden wird. Selbst wenn man sich die mitgelieferte Begründung durchliest, wird man nicht schlau, was die offiziellen Gründe für eine solche angestrebte Novellierung von § 47 AMG sind. Da wird viel - auch widersprüchliches - davon gefaselt, dass eine effektivere und effiziente Versorgung der Bevölkerung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erreicht werden müsse. Vor allem bei chronisch Kranken wie z. B. MS-, Dialysepatienten und Organtransplantierten könne die Versorgung verbessert werden hinsichtlich Beschaffung, Überwachung und Lagerung. Besonders prekär wird es, wenn es in der Begründung zu dieser Beschlussvorlage heißt, dass die Arzneimittelsicherheit und die Beratungspflicht bei der Abgabe und im Vertrieb von Arzneimitteln unangetastet bleiben müsse, und zwei Sätze weiter zu lesen ist, dass der ordnungsgemäße Transport des Arzneimittels unter entsprechender Kontrolle erfolgen und dass im Rahmen der Abgabe eine sachgerechte Information bzw. Beratung möglich sein müsse. Denkt man das zu Ende - Sprechstundenbedarf direkt geliefert vom Hersteller - dann müsste der Transportbote oder der Großhandelsfahrer, der keine Beratungspflicht hat und es auch nicht könnte, den Arzt beraten. Was das Ganze mit einer effektiveren und effizienten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu tun hat, verschließt sich dem gesunden Menschenverstand.

Da wird ohne jede Not an bisher hervorragend funktionierenden Regelungen des Arzneimittelgesetzes gebastelt. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass nach und nach das Versandhandelsverbot für Arzneimittel abgeschafft werden soll. Peter Ditzel

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