Apotheken-Probleme in der „BamS“

„Es brennt an allen Ecken und Enden“

Berlin - 12.08.2024, 11:00 Uhr

Die Bild am Sonntag hat sich ausführlich mit den Problemen der Apotheken beschäftigt. (Bild: DAZ / BamS)

Die Bild am Sonntag hat sich ausführlich mit den Problemen der Apotheken beschäftigt. (Bild: DAZ / BamS)


Während Karl Lauterbachs Apotheken-Reformpläne über den Sommer stocken, mehren sich die Presseberichte, die das Vorhaben kritisch beleuchten. Erstaunlich ausführlich und differenziert berichtete gestern die „Bild am Sonntag“. Unter anderem Magdalene Linz, die frühere Präsidentin der BAK und der LAK Niedersachsen, kommt zu Wort.

Die Pläne des Bundesgesundheitsministers für eine Apothekenreform haben in der Apothekerschaft viel in Bewegung gesetzt: Nicht nur seitens der offiziellen Standesvertretung hagelt es Kritik – insbesondere an dem Vorhaben, dass Apotheken künftig auch ohne persönlich anwesende Approbierte öffnen können sollen. Auch zahlreiche andere Verbände und Organisationen der Apothekerschaft halten sich nicht zurück, ihren Unmut und Ärger kundzutun. Sie versuchen alles, damit sich möglicherweise schon vor dem Kabinettbeschluss, spätestens aber im parlamentarischen Verfahren noch entscheidendes am bislang bekannten Entwurf für das Apotheken-Reformgesetz ändert. Es gibt unter anderem Unterschriftenaktionen, erneute Demo-Pläne, sogenannte Regionalkonferenzen – und zahlreiche Gespräche mit den Medien, um deutlich zu machen, welche Gefahren die Reformpläne bergen.

Am gestrigen Sonntag schafften die Sorgen der Apotheker*innen es nun sehr prominent in die „Bild am Sonntag“ (BamS). In großen Lettern ist zu lesen: „Das große Apotheken-Sterben“. Der Untertitel: „Neues Gesetz könnte Notstand noch verschärfen / Warum ist das System so krank?“. Dazu ein Bild von Magdalene Linz – einst Präsidentin der Landesapothekerkammer Niedersachsen und der Bundesapothekerkammer. Auch heute ist die 70-Jährige, die ihre Apotheken schon an ihre Tochter übergeben hat, noch mit Leidenschaft Pharmazeutin und berufspolitisch aktiv – etwa als Vorständin der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken (DAH²KA). 

Millionen-Umsatz, nicht mal ein Prozent Gewinn

Die BamS schreibt: „Vorbei ist das Klischee des Porsche fahrenden Apothekers, der dreimal im Jahr in den Urlaub fliegt, in einer schicken Villa wohnt und sich die Taschen vollmacht. Die Branche kämpft ums Überleben“. Dazu sagt Linz: „Ich fahre einen 15 Jahre alten Mini und schwimme nicht im Reichtum“. Sie macht deutlich, dass vom Millionenumsatz, den ihre Apotheken erwirtschaften, am Ende nicht mal ein Prozent Gewinn übrig bleibe. „Wenn sich jetzt nichts ändert, gefährden wir auch die Versorgung der Patienten“, sagt Linz der BamS. „Es werden noch mehr Apotheken schließen, weil es sich wirtschaftlich nicht mehr lohnt.“

Mit Blick auf die sinkenden Apothekenzahlen zitiert die BamS auch ABDA-Pressesprecher Benjamin Rohrer: „So dramatisch war die Lage der Apotheken noch nie!“

Genauer Blick auf die Honorierung

Das Blatt spricht die bohrenden Probleme der Apotheken an – und Karl Lauterbachs (SPD) vermeintliche Lösungen. Es wird erläutert, dass das Fixhonorar in den vergangenen zehn Jahren nur einmal um 25 Cent erhöht wurde, „während diverse Ausgaben wie Miete, Betriebs- und Personalkosten um bis zu 60 Prozent anstiegen“. Auch was es mit der prozentualen Marge auf sich hat, wird erklärt – und dass die 3 Prozent schon jetzt kaum reichten, um die hohen Ausgaben und Fixkosten zu decken. „Jetzt will Lauterbach diesen festen Prozentsatz auch noch um ein Drittel weiter absenken“. Seine Rechnung – nur noch 2 Prozent vom Einkaufspreis, dafür 9 statt 8,35 Euro Fixhonorar – klinge erst mal gut, so die BamS. „Auf den ersten Blick sieht es sogar so aus, als würde der Apotheker daran verdienen“. Bei günstigen Medikamenten könne sich tatsächlich ein kleines Plus in der Kasse ergeben. „Aber: Bei Medikamenten ab ca. 1200 Euro im Einkaufpreis kann die Rechnung im schlimmsten Fall nach hinten losgehen. Dann wird es für den Apotheker richtig teuer!“

Merle Looschen, Apothekerin aus Niedersachsen, gibt dazu ein konkretes Rechenexempel (Berinert zum EK von 82.442,53 Euro) und erläutert die Risiken der Vorkasse. Bei hohen Zinsen für die Vorfinanzierung rutsche man ins Minus. Looschen vergleicht die bisherige Vergütung mit der geplanten neuen: Bei der neuen Worst-Case-Rechnung müssten die Apotheker 283,65 Euro draufzahlen. „Bisher verdienen wir bei der Worst-Case-Rechnung noch 484,75 Euro.“

Auch Retaxierungen und die Hintergründe des Personalmangels spricht der BamS-Bericht an. Ebenso Lieferengpässe und die Krux bei den Plänen zu „PTA-Apotheken“.

Immer mehr Insolvenzen

Zuletzt kommt noch Rechtsanwalt Moritz Wollring zu Wort – Fachmann im Insolvenzrecht. Er muss mittlerweile immer mehr Apotheker beraten. „Ich bekomme jede Woche zwei bis drei Anrufe von Apothekern aus ganz Deutschland, die entweder kurz vor oder schon in der Insolvenz sind“, so Wollring zu BamS. Allein im ersten Halbjahr 2024 habe er rund 20 Apotheken beraten – nur knapp die Hälfte davon retten können. Leider meldeten sich viele Apotheker erst, wenn es bereits zu spät sei. Für Wollring sind die Gründe klar: „Die fehlende Liquidität durch Retaxierungen und die gestiegenen Betriebs- und Fixkosten der letzten Jahre.“ Zudem seien die Einkaufspreise für Medikamente enorm gestiegen. „Doch der Gewinn der Apotheken ist von Jahr zu Jahr geschrumpft, bis nichts mehr übrig geblieben ist. Es brennt an allen Ecken und Enden.“ 9 Euro als Fixum reichen aus seiner Sicht nicht. „Erst ab mindestens 12 Euro ist den Apotheken wirklich geholfen.“


Kirsten Sucker-Sket
redaktion@daz.online


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