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Eine Hotline zur Präsidentin (Interview mit Frau Dr. Heller, Präsidentin der L

ALTENSTADT (diz). Am 2. April wählte eine außerordentliche Delegiertenversammlung in Hessen ihren neuen Kammervorstand. Nach Baden-Württemberg steht nun auch in diesem Bundesland eine Frau an der Spitze einer Landesapothekerkammer. Frau Dr. Heller, Inhaberin der Römer-Apotheke in Altenstadt, wird zunächst bis zum Jahresende der Kammer vorstehen. Wir sprachen mit der neuen Präsidentin über ihre Vorstellungen zur Kammerarbeit, über ihre dringlichsten Aufgaben und über den Menschen Heller.

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Herzlichen Glückwunsch zur Wahl! Freuen Sie sich, an der Spitze einer Landesapothekerkammer zu stehen?

Heller:

Ich freue mich sehr, ich habe ganz große Lust, die Aufgaben anzupacken. Ich hatte eigentlich nicht mit so einer Mehrheit gerechnet. Chancen habe ich mir schon ausgerechnet - ich kandidiere nicht chancenlos, das habe ich noch nie im Leben gemacht. Aber dass ich mit dieser Mehrheit gewählt würde, hätte ich nicht gedacht.

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Mit welchem Zahlenergebnis ging die Wahl für Sie aus?

Heller:

Ich erhielt 18 von 24 Stimmen, also 75 Prozent.

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Jetzt warten schwierige Aufgaben auf Sie. Auf Ihrer Agenda dürfte das Aufräumen im Sumpf der illegalen Praktiken einiger Apothekerinnen und Apotheker in Ihrem Bundesland stehen. Wie wollen Sie das anpacken?

Heller:

Natürlich kann ich über laufende Verfahren nicht reden. Wenn es aber um die prinzipielle Frage geht, dass gegen kriminelle Apotheker vorgegangen wird, dann meine ich, müssen alle strafrechtlichen Mittel ausgeschöpft werden. Und hier muss die Kammer im Interesse ihrer rechtmäßig arbeitenden Mitglieder alles tun, damit die anstehenden Verfahren schnellstens auf den Weg gebracht werden, und unser Berufsstand wieder aus den Negativschlagzeilen kommt. Es ist schon viel zu lange gezögert worden. Wenn Sie Focus und Spiegel aufschlagen, fragen Sie sich ja fast jede Woche, auf welcher Seite kommt wieder etwas Negatives über die Apotheker. Nur wenn wir uns von solchen kriminell handelnden "Unkollegen" trennen, können wir unseren Imageverlust wieder wettmachen. Ich bin als Nestbeschmutzer bezeichnet worden, aber ich finde, einer, der sein Nest sauber hält, ist kein Nestbeschmutzer.

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Haben Sie schon eine Strategie, wie Sie gegen illegale Praktiken vorgehen wollen?

Heller:

Oh ja, aber die möchte ich eigentlich jetzt nicht verraten, denn dadurch könnten ja Leute gewarnt werden... Ich habe seit drei Jahren ein Konzept und habe auf verlorenem Posten gekämpft, teilweise belächelt. Jetzt sehen aber viele Leute den Ernst der Lage.

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Einer Pressemitteilung der Kammer ist zu entnehmen, dass Sie das Vertrauen der Apothekerinnen und Apotheker in die Standesorganisation stärken wollen. Wie könnten Sie sich vorstellen, dies zu erreichen?

Heller:

Plakativ gesagt meine ich damit: weg von der Verwaltung, hin zur Dienstleistung. Das fängt ja schon damit an, dass man den anrufenden Kollegen und sein Problem ernst nimmt. Dass er Gehör findet, dass er das Gefühl hat, ich werde nicht von meiner Standesorganisation allein gelassen. Er muss wissen, dass seine Kammer ihn berät und unterstützt. Trotz Zwangsmitgliedschaft und Kammerbeiträge: Der Kontakt zwischen Mitglied und Kammer muss lebendig gemacht werden.

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Wie wollen Sie das konkret umsetzen?

Heller:

Mein erster konkreter Plan ist, ab dem nächsten Kammerrundschreiben eine Präsidenten-Hotline einzuführen - das hat es noch nie gegeben. Zu bestimmten Zeiten wird eine Direktleitung geschaltet, über die jeder Kollege Fragen an mich persönlich stellen kann, wo er Probleme schildern und auch Frust abladen kann. Viele Leute, die sich nicht um Kammerpolitik kümmern - was nichts Unnormales ist -, die wissen gar nicht, wer der Kammer vorsteht. Vielleicht können wir so auch die Wahlbeteiligung wieder ein bisschen stärken. Die Beteiligung an der letzten Kammerwahl lag nur noch um die 50%.

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Einer Ihrer weiteren Wünsche ist es, den politischen Diskussionen mehr Raum zu geben. Haben Sie dazu schon Pläne, wie Sie das umsetzen wollen?

Heller:

Dieser Wunsch ist aus meinen langjährigen Erfahrungen mit Delegiertenversammlungen entstanden. Wenn Sie Delegiertenversammlungen kennen, dann wissen Sie, dass sie meistens zähflüssig sind, es werden ellenlange Statements abgegeben, und es bleibt wenig Zeit für aktuelle Diskussionen. So lässt sich auch die teilweise mangelnde Präsenz der Delegierten erklären, die dann nach dem Mittagessen verschwinden, völlig übermüdet. Und unter dem letzten Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" verstecken sich dann die brisanten Themen. Damit will ich aufräumen: es wird kurze prägnante Berichte geben, was in der Zwischenzeit passiert ist, die Anwesenden erhalten eine Tischvorlage. Es muss nicht alles noch mal vorgelesen werden, was eh schon schriftlich vorliegt. Und dann muss ein lebendiger Gedankenaustausch stattfinden. Wie oft sind Beiträge von Kollegen abgewürgt worden, weil es gerade nicht in den Kram gepasst hat. Das wird sich grundlegend ändern.

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Kommen wir zur Praxis. Wo positionieren Sie den "Apotheker der Zukunft"? Welche Rolle spielt da z. B. die Klinische Pharmazie, die Pharmakoökonomie?

Heller:

Wir können nicht goldenen Zeiten hinterher trauern. Wir müssen uns jetzt der Gegenwart stellen und dem, was auf uns zukommen kann. Da setze ich voll auf Beratung und Information. Das geht natürlich nur mit einem durchdachten Qualitätsmanagement und einer entsprechenden Hochschulausbildung. Sie fragen mich nach Klinischer Pharmazie, nach Pharmaökonomie: das gehört natürlich dazu. Das Studium muss umgefrachtet werden. Klinische Pharmazie, aber auch eine stärkere Berücksichtigung der Naturheilkunde. Ich finde die nirgendwo im Ausbildungsplan. Ich lese seit einigen Jahren an der FSU Jena das Gebiet der anorganischen Gifte und zwar in Bezug auf forensische Aspekte. Dabei stelle ich fest, dass sich immer wieder Verbindungen zum Homöopathischen Arzneibuch herstellen lassen. Anhand der Fragen der Studenten habe ich herausgefunden, dass eigentlich dringend eine naturheilkundliche oder eine Homöopathievorlesung in den Ausbildungsplan aufgenommen werden müsste. Die Bevölkerung tendiert zur Naturheilkunde - und die Apotheker sind gar nicht gerüstet, kompetent auch zur Phytotherapie oder Homöopathie Auskunft zu geben. Auch ein bisschen Philosophie würde uns nicht schaden. Wenn Sie sich in der Wirtschaft umhören, werden Sie feststellen, dass die großen Wirtschaftsbosse Leute einstellen, die nebenbei noch Philosophie oder Archäologie gehört haben.

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Welche Chancen räumen Sie der Pharmazeutischen Betreuung in Apotheken ein?

Heller:

Ich bin Pharmaceutical Care gegenüber etwas unsicher. Ich weiß nicht so recht, was sich daraus entwickeln kann. Dazu habe ich noch keine abschließende Meinung. Ich denke oft darüber nach. Noch bezweifle ich, dass diese Richtung in den Apotheken wirklich voll zum Tragen kommt.

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Welchen Stellenwert messen Sie der Fort- und Weiterbildung zu?

Heller:

Einen sehr hohen. Vor einiger Zeit versuchte man, unsere Berufsordnung umzubasteln in Richtung Pflichtfortbildung. Die Kammer sollte sich sogar vom Fortbildungsstand überzeugen. Da bin ich natürlich auf die Barrikaden gegangen, denn wer von den Kollegen sollte mich prüfen? Das kann's doch nicht sein, dass ich einen unliebsamen Kollegen prüfe, den ich z. B. auf dem letzten Fortbildungswochenende in Gießen nicht gesehen habe. Mir schwebt da schon eher ein Punktekonzept vor: Punkte sammeln durch Besuche von Fortbildungsveranstaltungen oder auch übers Internet, wie die Amerikaner dies machen. Fortbildung und Nachweise müssen ganz modern aufgezogen werden. Warum sollen wir so ein Medium wie das Internet nicht nutzen?

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Spielt die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems eine Rolle für Sie?

Heller:

Das werden wir in einer der nächsten Vorstandssitzungen diskutieren. Wir haben das Thema schon unmittelbar nach der Wahl angeschnitten. Aber ich möchte noch keine abschließende Meinung dazu abgeben. Hinzu kommt dass ich noch nicht langfristig planen kann, weil meine Amtszeit bekanntlich zum Jahresende ausläuft. Dann wird in Hessen neu gewählt. Aber bis dahin heißt es für mich, Weichen zu stellen und die Kammerpolitik in eine andere zeitgemäße Richtung zu lenken. Und ich denke, dass das mit dem neu gewählten Vorstand gut möglich ist. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.

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Was liegt Ihnen berufspolitisch am Herzen?

Heller:

An erster Stelle natürlich die Ausbildung des Nachwuchses. Nur mit einem gut ausgebildeten Nachwuchs können wir uns der politischen Diskussion stellen und unserer Funktion als Berater gerecht werden. Natürlich ist es auch mein Steckenpferd, illegale Machenschaften abzustellen, die uns ins Zwielicht bringen. Für mich ist es auch wichtig, dass sich möglichst viele Kolleginnen und Kollegen mit meinen Ideen identifizieren, das ist mein nächstes Ziel. Aber da bin ich ganz guten Mutes.

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Eine Frage an den Menschen Heller: Welche persönlichen Hobbies haben Sie, wo finden Sie Entspannung vom Beruf und von der Arbeit?

Heller:

Ich fahre gerne nach Südfrankreich in mein altes Haus, gehe dort spazieren, stelle mich in die "Bar du Broc" und unterhalte mich mit den Leuten darüber, was es Neues gibt. Das Dorf, in dem mein Haus steht, hat nur knapp 1000 Einwohner. Die freuen sich, wenn ich wieder komme. Oder ich fliege nach Afrika zu meinen Tieren. Ich verreise gerne, Afrika ist mein Lieblingsland.

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Und wie schätzen Sie sich selbst ein?

Heller:

Viele Kollegen haben zu mir gesagt, Gabi, du bist mir zu kantig. Da habe ich gesagt, ihr habt Recht, ich bleibe aber so, denn Stromlinienform werde ich nicht annehmen.

DAZ

Frau Heller, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer sicher nicht leichten Aufgabe!

Am 2. April wählte eine außerordentliche Delegiertenversammlung in Hessen ihren neuen Kammervorstand. Nach Baden-Württemberg steht nun auch in diesem Bundesland eine Frau an der Spitze einer Landesapothekerkammer. Wir sprachen mit der neuen Präsidentin, Frau Dr. Heller, über ihre Vorstellungen zur Kammerarbeit, über ihre dringlichsten Aufgaben und über den Menschen Heller.

Kurzporträt

Gabriele Heller, Jahrgang 47, studierte Pharmazie in Frankfurt/Main. Sie promovierte am Zentrum für Biologische Chemie in Frankfurt. Seit 1977 ist sie selbstständig, seit 1980 Inhaberin der Römer-Apotheke in Altenstadt. Daneben ist sie Lehrbeauftragte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Von 1993 bis 1997 sammelte sie als Kreistagsabgeordnete politische Erfahrungen. Als Delegierte gehört sie der Landesapothekerkammer Hessen seit 1987 an und seit 1997 ist sie im Vorstand. Sie ist außerdem Pressesprecherin für den Wetteraukreis. Am 2. April wurde sie zur Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen gewählt.

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