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Arzneimittel und Therapie
Bisphosphonat Risedronat: Schutz vor Knochenbrüchen bei Osteoporose
Indiziert ist Risedronat zur Behandlung der manifesten postmenopausalen Osteoporose, zur Vorbeugung des Knochenmasseverlustes bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Osteoporose-Risiko und zur Erhaltung und Steigerung der Knochenmasse bei postmenopausalen Frauen, die eine Langzeit-Corticosteroid-Medikation erhalten. In der Wirkstärke 30 mg erhielt Risedronat die Zulassung zur Behandlung des Morbus Paget. Risedronat wirkt nach der derzeitigen Datenlage vergleichbar wie Alendronat. Im Vergleich zu Alendronat ist die gastrointestinale Verträglichkeit von Risedronat etwas besser.
Volkskrankheit Osteoporose
Etwa ein Drittel aller Frauen entwickeln nach der Menopause eine Osteoporose, und auch bei sechs Prozent der über 50-jährigen Männer wird sie diagnostiziert. Unabhängig vom Geschlecht steigt die Inzidenz mit zunehmendem Alter an, sodass Osteoporose künftig sicher immer mehr an Bedeutung gewinnen wird und zu Recht als Volkskrankheit bezeichnet werden kann: In Deutschland sind mehr als sechs Millionen Menschen von dieser Krankheit betroffen. Die Osteoporose ist damit häufiger als der Diabetes mellitus, aber nur jeder dritte Erkrankte wird therapiert.
Die Folgen dieser zerstörerischen Krankheit können dramatisch sein. Durch die instabilen, brüchigen Knochen der Wirbelsäule kommt es zur Überlastung von Muskulatur, Sehnen und Bändern; als Folge treten Fehlhaltungen auf, die zu Schmerzen und zu weiteren Frakturen führen. Nach einem Oberschenkelhalsbruch beträgt die Sterblichkeit 20%, und 20% aller Betroffenen werden nach einem solchen Ereignis pflegebedürftig.
Wenn Auf- und Abbau sich nicht mehr die Waage halten
Ursache der Osteoporose ist eine Störung im Knochenstoffwechsel. Das Knochengewebe ist einem ständigen Auf- und Abbau unterworfen. Die dafür zuständigen Zelltypen sind Osteoklasten und Osteoblasten. Osteoklasten sind dabei für den Knochenabbau zuständig. Dabei entstehen so genannte Resorptionslakunen, die unter dem Elektronenmikroskop als "Löcher" im Knochen sichtbar werden. Diese Löcher wieder zu stopfen, ist die Aufgabe der Osteoblasten. Sie erfüllen sie, indem sie organische Knochenmatrix an den Knochen anlagern.
Ist der Knochenstoffwechsel in Ordnung, halten sich Auf- und Abbauvorgänge die Waage. Die Knochenmasse bleibt trotz der ständigen Umwandlung erhalten. Mit zunehmendem Alter nimmt die Knochenresorption jedoch überproportional zu, die Knochendichte sinkt, und die Gefahr einer Osteoporose steigt. Laut WHO gilt heute als Osteoporose eine "Abweichung des Knochenmineralgehaltes um mehr als 2,5 Standardabweichungen vom Mittelwert eines jugendlichen Optimums". Folge sind zunächst kleinste Frakturen der Wirbelsäule, die sich mit der Zeit in einer Veränderung der Haltung und damit verbunden Muskelverspannungen und Schmerzen äußern. Später können dann große Frakturen wie ein Oberschenkelhalsbruch entstehen.
Den Knochenabbau hemmen, die Osteoblasten stärken
Die wichtigste Maßnahme gegen die Osteoporose ist die Hemmung des Knochenabbaus und gleichzeitig eine Stärkung der Osteoblasten, um verlorengegangenes Knochengewebe wieder zu ersetzen. Eine Substanzgruppe, die sich hierbei bewährt hat, sind die Bisphosphonate. Zwei Vertreter dieser Gruppe sind derzeit in Deutschland zur Behandlung der Osteoporose zugelassen: Etidronat (Didronel®) und Alendronat (Fosamax®). Eine weitere Substanz - Risedronat (Actonel®) - wurde jetzt eingeführt. Es wurde im bislang größten klinischen Studienprogramm der Phase III für Osteoporose an insgesamt 16000 Patienten in 18 Ländern untersucht.
Risedronat: Weniger Wirbelfrakturen...
In zwei multizentrischen, doppelblinden, plazebokontrollierten klinischen Studien (eine in Nordamerika die andere in Europa und Australien) wurde Risedronat an insgesamt 3684 Frauen mit postmenopausaler Osteoporose und einer Vorgeschichte von mindestens einem Wirbelbruch erprobt.
Die Teilnehmerinnen erhielten randomisiert über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren täglich eine Dosis Risedronat (2,5 oder 5 mg) oder Plazebo. Zusätzlich nahmen alle Frauen über den gesamten Studienzeitraum auch 1000 mg Calcium pro Tag ein und diejenigen, bei denen ein Vitamin-D-Mangel diagnostiziert wurde, noch 500 Internationale Einheiten Vitamin D.
Ergebnis: Nach dem ersten Studienjahr reduzierte Risedronat (5 mg) in der nordamerikanischen Studie das Risiko einer weiteren Wirbelfraktur bei Frauen, die zu Beginn der Studie bereits eine Wirbelfraktur aufwiesen, um 65 Prozent. In der europäisch/australischen Studie lag die Risikoreduktion unter Risedronat für Frauen mit einer Fraktur bei 61 Prozent.
Bei Frauen, die zu Studienbeginn bereits zwei oder mehr Wirbelbrüche gehabt hatten, reduzierte sich das Risiko erneuter Wirbelbrüche nach einjähriger Studiendauer in der nordamerikanischen Studie um 74% im Vergleich zur Kontrollgruppe, in der europäisch/australischen Studie um 65 Prozent. Da das Risiko für einen neuen Wirbelbruch mit zunehmender Zahl von bereits vorliegenden Brüchen steigt - man spricht in diesem Zusammenhang vom so genannten Dominoeffekt - ist die Vermeidung des zweiten Bruchs ein wichtiger Aspekt der Osteoporosetherapie.
...und weniger Hüftfrakturen
Eine der schwerwiegendsten Folgen der Osteoporose sind Hüftfrakturen. Sie sind nicht nur äußerst schmerzhaft, sondern auch grundsätzlich mit einem Krankenhausaufenthalt und häufig mit Spätfolgen verbunden. In einer Studie mit über 9300 Patienten wurde der Effekt von Risedronat auf das Risiko für Hüftfrakturen untersucht (Hip Interventions Program, HIP). Die Teilnehmer der Studie wurden in zwei Gruppen eingeordnet. Gruppe1 umfasste Frauen, die jünger als 80 Jahre waren, eine niedrige Knochendichte und mindestens einen weiteren klinischen Risikofaktor für Hüftfrakturen aufwiesen. In Gruppe 2 wurden Frauen aufgenommen, bei denen mindestens ein Risikofaktor für Hüftfrakturen vorhanden war, die aber ansonsten keine besonderen Kriterien erfüllen mussten (nur ein Teil dieser Gruppe hatte eine niedrige Knochendichte).
Die Studienteilnehmerinnen erhielten über einen Zeitraum von drei Jahren täglich eine Dosis Risedronat oder Plazebo, zusätzlich dazu 1000 mg Calcium und - wenn erforderlich - Vitamin D. Risedronat führte innerhalb den drei Studienjahren in der Gruppe 1 bei Frauen mit einer niedrigen Knochendichte zu einer Reduktion des Hüftfrakturrisikos um 39%. Bei Frauen der Gruppe1, bei denen zusätzlich zur niedrigen Knochendichte Wirbelfrakturen diagnostiziert worden waren, reduzierte Risedronat das Hüftfrakturrisiko um 58%. In der Gruppe 2 zeigte Risedronat nur bei denjenigen Frauen einen Effekt, bei denen die Knochendichte erniedrigt war. Die Studiendurchführenden werteten dies als Hinweis darauf, dass die restlichen Teilnehmerinnen der Gruppe 2 zwar Risikofaktoren für Osteoporose besaßen, aber nicht tatsächlich osteoporotisch waren.
Die Ergebnisse der Studie sprechen zum einen dafür, dass Risedronat bei Frauen mit diagnostizierter Osteoporose einen Benefit auf das Hüftfrakturrisiko hat. Zum anderen machen sie deutlich, dass vor einer antiresorptiven Therapie mit Risedronat sichergestellt werden muss, dass tatsächlich eine Osteoporose mit erniedrigter Knochendichte vorliegt.
Einsatz bei Glucocorticoid-Osteoporose
Risedronat ist nicht nur zur Behandlung der postmenopausalen Osteoporose getestet worden. Es wird auch bei der durch Glucocorticoide induzierten Form der Osteoporose eingesetzt. Risedronat wurde bei Patienten untersucht, die aufgrund einer chronischen Erkrankung langfristig Glucocorticoide einnehmen mussten.
In klinischen Studien verhinderte Risedronat bereits nach einem Jahr Behandlung den Knochenverlust bei Patienten, die kurz vor Studienbeginn eine hochdosierte Glucocorticoid-Behandlung begonnen hatten und erhöhte die Knochenmasse bei Patienten, die bereits längerfristig Glucocorticoide einnahmen. Bereits nach einem Jahr Behandlung mit täglich 5 mg Risedronat konnten Wirbelkörperfrakturen bei diesen Patienten signifikant um 70% gesenkt werden. hel/ral
Wirbelfrakturen sind oftmals das erste Anzeichen einer Osteoporose. Wird dieses Anzeichen oder die Osteoporose selbst nicht frühzeitig erkannt, sind weitere Frakturen wie Hüftbrüche vorprogrammiert. Als wirksames Arzneimittel zur Reduktion sowohl des vertebralen Frakturrisikos als auch des Risikos für Hüftfrakturen hat sich in klinischen Studien das neue Bisphosphonat Risedronat (Actonel) erwiesen. Actonel ist seit Anfang März in der EU zugelassen und wurde am 15. Mai in Deutschland eingeführt.
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