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Ernährung
G. PlathGesunde Ernährung von Anfang an - Von der B
Mit zunehmendem Lebensalter fällt es immer schwerer, jahrelang praktizierte Ernährungsgewohnheiten zu verändern. Hinzu kommt, dass viele Ernährungsfehler erst in späteren Jahren sichtbar werden (z. B. in Form von Arteriosklerose, Diabetes mellitus oder Krebs).
Das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund hat in Abstimmung mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde einen Ernährungsplan für das erste Lebensjahr entwickelt [1]. Dieser gilt als Leitfaden für die komplette Ernährung im ersten Lebensjahr, von der reinen Still-/Flaschenzeit über die Einführung der Beikost bis zum Übergang auf die Familienkost. In Form eines praktischen Ratgebers mit Tagesplänen für die verschiedenen Altersabschnitte der Beikostgabe, Rezepten und praktischen Hinweisen zu Lebensmittelauswahl und Zubereitung der Beikost erleichtert er ratsuchenden Eltern die ausgewogene Ernährung ihres Säuglings [2].
Der Ernährungsplan wird laufend nach neuesten wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnissen aktualisiert. (Der Ernährungsplan ist im Internet zu finden, siehe hierzu unsere Rubrik ComPharm in dieser Ausgabe.) Zu bestimmten Gesichtspunkten der Säuglingsernährung treten jedoch in letzter Zeit in der praktischen Beratung vermehrt Unklarheiten auf. Diese betreffen vor allem die Art der Milchnahrung im zweiten Lebenshalbjahr, die Getreidesorten in der Beikost, die Beurteilung von käuflichen Fertigbreien sowie die Allergieprävention. Eine eingehende Erläuterung dieser aktuellen Themen ist daher sinnvoll.
Milchmahlzeiten nach und nach durch Brei ersetzen
Von der Geburt bis zum Ende des vierten bzw. sechsten Lebensmonats gilt Muttermilch oder ersatzweise eine industriell hergestellte Säuglingsmilchnahrung als optimale Nahrungsquelle des Säuglings. Andere Lebensmittel sollten noch nicht zugefüttert werden, da die noch sehr durchlässige Darmschleimhaut und das unreife Immunsystem die Gefahr einer Sensibilisierung gegen Nahrungsmittelantigene in diesem Alter stark erhöhen.
Nach dem sechsten Lebensmonat ist der Energie- und Nährstoffbedarf durch Milch alleine nicht mehr zu decken. Insbesondere der Eisenbedarf des Säuglings steigt an, da Reserven aufgebraucht sind. Verdauungsapparat und Immunsystem sind gereift und erlauben die zunehmende Verarbeitung anderer Lebensmittel. Die körperliche sowie geistige Entwicklung des Säuglings in diesem Alter ermöglicht bereits ein Füttern mit dem Löffel.
Monat für Monat werden nun einzelne Milchmahlzeiten durch eine Breimahlzeit ersetzt. Sukzessive können von den ursprünglich vier Haupt-Milchmahlzeiten drei gegen kalorienmäßig in etwa gleichwertige Breie ausgetauscht werden. Dabei bleibt eine Milchmahlzeit bis zum Übergang auf die normale Familienernährung gegen Ende des ersten Lebensjahres bestehen. Bei Stillkindern sind darüber hinaus zusätzliche Milchmahlzeiten üblich (Tab. 1Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei
Der so genannte Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei mit Fettzusatz ist als Ersatz für eine Milchmahlzeit am späten Vormittag oder Mittag zunächst am günstigsten. Er versorgt den Säugling unter anderem mit hochwertigem Eisen, Zink und den Vitaminen A, B1, B6 und C [1]. Durch den Ersatz des Fleischanteils mit eisenreichem Getreide wie beispielsweise Haferflocken kann eine vegetarische Alternative dieses Breis hergestellt werden. Einmal pro Woche sollte das Getreide des Gemüse-Kartoffel-Getreide-Breis gegen Eigelb ausgetauscht werden. Die geringere Ausnutzung von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln kann durch die gleichzeitige Aufnahme Vitamin-C-haltiger Säfte (Orangensaft) oder Vitamin-C-haltiger Gemüsesorten (z. B. Blumenkohl, Brokkoli, Kohlrabi, Fenchel) gefördert werden [2].
Getreidebreie mit Vollmilch oder Obst
Neben dem Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei gehören zwei verschiedene Getreidebreie zu der empfohlenen Beikost: der Vollmilch-Getreide-Brei und der Getreide-Obst-Brei. Sie sind in der Reihenfolge ihrer Einführung austauschbar.
- Der Vollmilch-Getreide-Brei dient insbesondere der Versorgung mit Calcium [1, 4]. Der milchfreie Getreide-Obst-Brei ist für die Säuglingsernährung aus verschiedenen Gründen von besonderer Bedeutung [5].
- Bei allergiegefährdeten Kindern bietet sich der milchfreie Getreide-Obst-Brei an, um den Kontakt mit dem potenziellen Kuhmilchallergen möglichst lange hinauszuzögern. Die insgesamt schon hohe Proteinzufuhr durch den Eiweißgehalt der anderen Mahlzeiten sollte vorsichtshalber nicht weiter erhöht werden, um die kindlichen Nieren zu schonen.
- Kuhmilch beeinträchtigt die Verfügbarkeit von Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln, was besonders für Säuglinge bedeutsam ist, die ohne oder mit wenig Fleisch ernährt werden.
- Der milchfreie Getreide-Obst-Brei ergänzt die Nährstoffe der anderen Mahlzeiten, ohne die Proteinzufuhr übermäßig zu erhöhen [1].
Hafer ist gut verträglich und enthält wertvolle Nährstoffe
Geeignete Getreidesorten sind die, die in unserer Ernährung üblich sind wie Hafer, Weizen oder Dinkel. Besonders Hafer gilt aufgrund seiner guten Verträglichkeit sowie seines Gehaltes an wertvollen Nährstoffen wie essenziellen Fettsäuren und Mineralstoffen (z. B. Eisen und Calcium) als ideales und bewährtes Getreide für Babys und Kinder.
Neuerdings wird vermehrt die Eignung von Hirse, Buchweizen, Quinoa oder Amaranth für die Säuglingsernährung diskutiert [6]. Diese häufig in Naturkostläden und Reformhäusern vertriebenen, neuentdeckten Getreide- und Pseudo-Getreidesorten fallen teilweise durch ihre im Vergleich zu den üblichen Getreidesorten herausragenden Nährstoffgehalte auf (Tab. 2
Der hohe Eisengehalt von Hirse, Amaranth und Quinoa ist insbesondere für Säuglinge von Interesse, die vegetarisch ernährt werden. Andererseits enthalten diese Getreidesorten erhebliche Mengen antinutritiver Inhaltsstoffe (Gerbstoffe in Hirse und Amaranth) sowie natürliche Schadstoffe (Saponine in Quinoa). Es ist nicht eindeutig geklärt, in welcher Resthöhe diese Substanzen nach den herkömmlichen Behandlungsmethoden wie Schälen, Waschen oder Kochen im Lebensmittel noch vorhanden sind. Vorsichtshalber sollten diese Getreidesorten im ersten Lebensjahr keine Verwendung finden.
Gerbstoffe beeinträchtigen die Verfügbarkeit von Mineralstoffen, Vitaminen und Proteinen. Im Handel findet sich hauptsächlich geschälte Hirse, deren Gerbstoffgehalt reduziert ist. Für die Hirsebreiherstellung wird üblicherweise eine besonders gerbstoffarme Sorte verwendet, sodass keine Gefahr für den Säugling bestehen dürfte [7]. Dennoch kann Hirse als Säuglingsnahrung nicht ausdrücklich empfohlen werden, da ein spezieller Nachweis ihrer Eignung fehlt.
Im ersten Lebensjahr sollte auf die Gabe von rohem Getreide, zum Beispiel als Frischkornbrei, verzichtet werden. Aufgrund hoher Keimbelastung und schwerer Verdaulichkeit kann es leicht zu einer Überforderung des kindlichen Verdauungssystems mit geringer Verträglichkeit und ungenügender Ausnutzung des Getreides kommen [8].
Kuhmilch als Trinknahrung nicht geeignet
Obwohl in Europa grundsätzlich wieder mehr und länger gestillt wird als in den 70er- und 80er-Jahren, werden nach sechs Monaten nur noch 25 Prozent der Säuglinge weiterhin teilgestillt [9, 10]. Die Frage nach dem geeigneten Muttermilchersatz im zweiten Lebenshalbjahr ist daher bedeutsam. Neben den Breimahlzeiten sind im zweiten Lebenshalbjahr je nach Anzahl der eingeführten Breie noch drei bis mindestens eine Milchmahlzeit am Tag vorgesehen. Diese sollte weiterhin durch Stillen oder in Form der bis dahin verwendeten Säuglingsanfangsnahrung gegeben werden. Die Umstellung auf eine andere Säuglingsmilchnahrung wie zum Beispiel Folgemilch hat keine Vorteile.
Die Gabe reiner Kuhmilch als Trinknahrung ist aus verschiedenen Gründen auch im zweiten Lebenshalbjahr nicht ratsam:
- Kuhvollmilch enthält deutlich mehr Eiweiß als Muttermilch. Durch die Lebensmittel der Beikost ist die Proteinzufuhr im zweiten Lebenshalbjahr aber ohnehin schon sehr hoch. Eine weitere Erhöhung könnte eine zu hohe Belastung von Nieren und Stoffwechsel des Säuglings bedeuten und sollte daher gemieden werden.
- Die so genannte renale Molenlast von Kuhmilch, d. h. die Konzentration der nierenpflichtigen Substanzen wie Harnstoff aus dem Proteinabbau, Natrium, Chlor, Kalium und Phosphat ist dreimal so hoch wie die der Muttermilch. Zur Ausscheidung dieser Substanzen benötigen die Nieren somit die dreifache Menge Wasser. Bei erhöhten Verlusten von Körperwasser wie zum Beispiel bei Fieber oder Durchfall kann dieser Unterschied zwischen Kuh- und Frauenmilch eine entscheidende Rolle für die Balance des kindlichen Wasserhaushaltes spielen. Das gilt besonders dann, wenn die Konzentrationsfähigkeit der Nieren bei jüngeren Säuglingen noch nicht voll ausgereift ist.
- Der negative Einfluss auf die Eisenversorgung des Säuglings gilt als weiteres wichtiges Argument gegen die Verwendung von Kuhmilch als Trinknahrung. Denn durch ihren Gehalt an Casein und Calcium beeinträchtigt Kuhmilch die Eisenaufnahme aus pflanzlichen Nahrungsmitteln, liefert dabei selbst aber nur sehr wenig Eisen (Tab. 3In zahlreichen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass kuhmilchernährte Säuglinge erhöhte intestinale Blutverluste aufweisen, die sich nicht unerheblich auf deren Eisenversorgung auswirken. Durch Abkochen der Kuhmilch können diese Blutverluste vermindert werden.
Forschungsergebnisse zur Beeinträchtigung des Eisenhaushaltes von Säuglingen durch Kuhmilch stammen hauptsächlich aus den USA und beziehen sich auf deren ausschließliche Verwendung als Trinkmilch in Form von Flaschennahrung. Im Resümee heißt es, dass im ersten Lebensjahr vollständig auf Kuhmilch verzichtet werden sollte. Dabei werden allerdings die deutschen Beikostgewohnheiten nicht berücksichtigt. Es gibt keine Untersuchungen über die Auswirkung geringer Kuhmilchmengen, wie sie für den Vollmilch-Getreide-Brei vorgesehen sind, da dieser in den USA nicht üblich ist.
Ein negativer Einfluss dieser Milchmenge auf die Eisenversorgung im zweiten Lebenshalbjahr kann aber nahezu ausgeschlossen werden. Kuhvollmilch ist also sowohl im ersten als auch im zweiten Lebenshalbjahr als Trinknahrung ungeeignet. In Frage kommen nur spezielle Säuglingsmilchnahrungen. Auch die klassische Vollmilchflasche mit Getreide wie Haferflocken oder Grieß kann heute nicht mehr empfohlen werden. Neben zu viel Eiweiß enthält sie zu wenig Vitamine und Spurenelemente. Eine Selbstzubereitung der Flaschenmilch durch Verdünnung, Erhitzung, Zusatz von Öl, Stärke usw. hat gegenüber der industriell hergestellten Säuglingsmilchnahrung den Nachteil, dass Zusätze von Vitaminen und Spurenelementen fehlen.
Wenn am Ende des ersten Lebensjahres hauptsächlich andere Nahrungsmittel die tägliche Ernährung bestreiten und der Säugling beginnt, Milch mit einer Brotmahlzeit in geringen Mengen aus der Tasse zu trinken, bestehen keine gesundheitlichen Einwände mehr. Für Kleinkinder und ältere Kinder stellt Kuhmilch eine außerordentlich hochwertige Quelle wichtiger Mineralstoffe (z. B. Calcium), Vitamine (z. B. Vitamin B2) und Eiweiß dar [11 - 13]. Sojamilch hat in diesem Zusammenhang keine Vorteile gegenüber Kuhmilch. Sie weist einen ähnlich hohen Proteingehalt, aber eine völlig andere Nährstoffzusammensetzung auf. So kann Sojamilch die Kuhmilch beispielsweise in ihrer Funktion als bedeutendster Calciumlieferant nicht ersetzen.
Regelmäßig trinken, am besten reines Wasser
Gleichzeitig mit Einführung der Beikost sollte der Säugling daran gewöhnt werden, regelmäßig zu und zwischen den Mahlzeiten etwas zu trinken. Am besten eignet sich reines Wasser. Man gibt es entweder in Form eines stillen, für die Säuglingsnahrung geeigneten Mineralwassers, d. h. natrium- und nitratarm (Natriumgehalt < 20 mg je Liter, Nitratgehalt < 10 mg je Liter), oder verwendet Trinkwasser aus der Leitung, dessen Nitratwert unter 50 mg je Liter liegen sollte (bei den örtlichen Wasserwerken zu erfragen). Leitungswasser wird im ersten Lebenshalbjahr abgekocht.
Auch ungesüßte Kräuter- oder Früchtetees (z. B. Fencheltee) eignen sich als Durstlöscher für den Säugling [14]. Da beim konventionellen Früchte- und Kräuteranbau die Gefahr von Pflanzenschutzmittel-Rückständen im Teeaufguss besteht, sind nur lose Teemischungen oder Teebeutel aus kontrolliert biologischem Anbau und Produkte, die ausdrücklich für Säuglinge geeignet sind, empfehlenswert.
Der Säugling sollte in Ergänzung der Breikost über den Tag verteilt ungefähr einen halben Liter Flüssigkeit trinken, Muttermilch bzw. Säuglingsmilchnahrung inklusive [15]. Obst- und Gemüsesäfte sollten, wenn überhaupt, nur stark verdünnt (mehr Wasser als Saft) aus dem Becher angeboten werden. Säfte enthalten von Natur aus Zucker und können auch in verdünnter Form insbesondere durch Dauernuckeln zu Zahnschäden führen. Unverdünnte Säfte liefern den Kaloriengehalt kleiner Mahlzeiten.
Gläschen oder Selbstzubereitung: häufig eine Zeitfrage
Bei der frischen Zubereitung der Säuglingsnahrung hat man es selbst in der Hand, welche Zutaten in den Brei kommen. Dieser hat darüber hinaus geschmackliche Vorteile. So kommt der Eigengeschmack von Gemüse in einem frisch gekochten Brei deutlicher zum Tragen als bei Gläschenkost. Der einzige Nachteil des Selbstkochens ist der Zubereitungsaufwand. Hier kann das Vorkochen mehrerer Portionen und das anschließende Einfrieren eine deutliche Arbeitsersparnis bieten. Einfrieren bei unter minus 20 °C gilt im Übrigen als die nährstoffschonendste Konservierungsart von frischen Lebensmitteln.
Kommerzielle Beikost in Gläschen ist häufig gesalzen oder gewürzt, und es sind meist zu wenig hochwertige Fette enthalten. Oftmals ist der Brei aus einer Vielzahl verschiedener Zutaten (vier Gemüsesorten) zusammengestellt. Auch das umfangreiche Sortiment verleitet zu einer viel zu abwechslungsreichen Ernährung des Säuglings. Die Lebensmittelauswahl scheint sich hier weniger an den Bedürfnissen des Säuglings als an den Geschmacksvorlieben der Erwachsenen zu orientieren (z. B. Spaghetti 'Bologneser Art'). Fertigmilchbreie enthalten oft Zucker, Honig oder ähnliche, ebenso negativ zu bewertende Kohlenhydrate wie Maltodextrin, Glucose und Fructose. Auch der Zusatz von Aromen, Kakao, Nüssen und Gewürzen ist aus Gründen der Allergievorbeugung eher ungünstig.
Kommerzielle Beikost unterliegt wie die gesamte Säuglingsernährung in Deutschland der Diätverordnung. Es gelten somit enge Schadstoffgrenzen. Pestizide zum Beispiel dürfen nicht nachweisbar sein. Die Einhaltung der Schadstoffgrenzen wird streng kontrolliert und ist häufig nur durch Verwendung von Produkten aus dem ökologischen Landbau zu erreichen.
Für die Selbstzubereitung der Beikost ist es deshalb ratsam, Zutaten aus kontrolliert biologischer Wirtschaftsweise zu verwenden. Aufgrund eines kontrollierten Verzichts auf chemische Pflanzenschutzmittel sowie synthetisch-mineralische Dünger sind in den Produkten der ökologischen Landwirtschaft keine Pestizidrückstände oder zu hohe Nitratwerte zu erwarten.
Neben der hohen Schadstoffsicherheit ist natürlich die einfache Handhabung ein weiterer Vorteil käuflicher Fertigbreie und speziell der Gläschenkost. Für gewisse Zeiten und Familiensituationen sind sie daher sehr nützlich. Untersuchungen ergaben, dass die meisten Eltern selbstzubereitete und käufliche Beikost nebeneinander verwenden [16]. Angesichts des großen, fast unüberschaubaren Angebots an Gläschen und Trockenbreien wurden einige Auswahlkriterien zusammengestellt (Tab. 4Bei hohem Allergierisiko so lange wie möglich stillen
Im Kindesalter werden zunehmend Nahrungsmittelallergien festgestellt. Die Kuhmilchallergie tritt im Säuglingsalter am häufigsten auf. Nicht selten ist sie mit dem Krankheitsbild des atopischen Ekzems (atopische Dermatitis oder Neurodermitis) assoziiert [17 - 19]. Nahrungsmittelallergien bringen besonders im Kindesalter viele Probleme mit sich. Einzige Therapie ist die Meidung des entsprechenden Allergens in der Ernährung. Neben praktischen Schwierigkeiten, das zu meidende Lebensmittel aus allen Gerichten herauszuhalten und trotzdem eine ausgewogene Ernährung zu gestalten, liegt auch in einem möglichen sozialen Ausgrenzungseffekt ein ernst zu nehmendes Problem. Vorbeugenden Maßnahmen zur Verhinderung einer Allergie bei bestehender Disposition sollte daher ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.
Treten innerhalb einer Familie Fälle von klinisch relevanten Allergien auf, besteht für ein neugeborenes Kind das Risiko, selbst eine atopische Krankheit zu entwickeln. Kinder mit einer doppelt atopischen Familienanamnese werden allgemein mit einem hohen Allergierisiko eingestuft. Ob ein Kind aber tatsächlich allergische Reaktionen auf ein Nahrungsmittel zeigt, hängt neben der erblichen Veranlagung auch von weiteren Faktoren ab wie Menge, Häufigkeit und Dauer der Antigenzufuhr, Alter, immunologischer Status des Kindes sowie Umweltfaktoren wie Rauchen, Haustiere etc.
Säuglinge mit familiär bedingtem Allergierisiko sollten in den ersten sechs Lebensmonaten voll gestillt werden. Ist das nicht möglich, wird zur Gabe einer hypoallergenen Säuglingsmilchnahrung (HA-Nahrung) geraten. Diese ist allerdings nicht mehr geeignet, wenn der Säugling bereits eine Kuhmilchallergie entwickelt hat. Da in hypoallergenen Säuglingsmilchnahrungen immer noch signifikante Mengen antigener Eiweißbruchstücke enthalten sind, müssen bei manifester Kuhmilcheiweißallergie spezielle Milchnahrungen mit hochgradig hydrolysiertem Protein verwendet werden. Da 25 Prozent aller Säuglinge mit Kuhmilchallergie anschließend auch eine Sojaallergie entwickeln, ist eine Säuglingsmilch auf Sojabasis nicht empfehlenswert.
Antigene aus der Nahrung der Mutter gehen zum Teil in die Muttermilch über. Deshalb kann bei atopisch stark vorbelasteten Kindern eine entsprechende Diät der Mutter sinnvoll sein. Diese sollte aber nicht ohne Anleitung und Betreuung durch eine Ernährungsfachkraft durchgeführt werden.
Hühnerei, Nüsse, Schokolade ... können Allergien auslösen
Die Beikost von Säuglingen mit hohem Atopierisiko sollte möglichst erst im siebten Lebensmonat eingeführt werden. Im ersten Lebensjahr sollten Lebensmittel, die im Kindesalter häufig Allergien auslösen, gemieden werden. Dazu zählen in der Reihenfolge ihrer allergenen Potenz Hühnerei, Kuhmilch, Soja, Nüsse, Fisch und Weizen. Vorsichtshalber sollte außerdem auf Zitrusfrüchte, Tomaten, Schokolade und Hülsenfrüchte verzichtet werden, ebenso auf Rind- und Hühnerfleisch [18, 20 - 24].
Für den Milch-Getreide-Brei kann anstelle von Kuhmilch auf hypoallergene Milchnahrung oder abgepumpte Muttermilch zurückgegriffen werden. Statt Sojaöl verwendet man prophylaktisch Sonnenblumen- oder Maiskeimöl, statt Butter eine milchfreie Margarine, die frei von gehärteten Fetten ist. Orangensaft ist durch einen anderen Vitamin-C-reichen Saft, z. B. Vitamin-C-angereicherten Apfelsaft, zu ersetzen [25].
Vorbeugende Maßnahmen wie Einhaltung einer Diät durch die stillende Mutter oder eine allergenarm zusammengesetzte Beikost erschweren eine ausgewogene Ernährung und bergen ein erhöhtes Risiko für eine unzureichende Nährstoffversorgung von Mutter und Kind. Derartige Maßnahmen sollten deshalb nur wohlüberlegt bei Risikokindern, auf ärztlichen Rat und mit begleitender, kompetenter Ernährungsberatung durchgeführt werden.
Kastentext: Bei der Einführung von Beikost sollte man sich an folgende Grundsätze halten:
Hirse, Buchweizen, Quinoa, Amaranth
Diese Getreide- und Pseudogetreidesorten fallen teilweise durch ihre herausragenden Nährstoffgehalte auf. Der hohe Eisenanteil von Hirse, Amaranth und Quinoa ist besonders bei vegetarischer Ernährung des Säuglings von Interesse. Andererseits enthalten sie erhebliche Mengen antinutritiver Inhaltsstoffe und natürliche Schadstoffe. Vorsichtshalber sollten diese Getreidesorten deshalb im ersten Lebensjahr nicht verwendet werden.
Kastentext: Geeignete Getränke für den Säugling
Kastentext: Säuglingsnahrung "frisch zubereitet"
Bei der frischen Zubereitung der Säuglingsnahrung hat man es selbst in der Hand, welche Zutaten in den Brei kommen. Sie sollten nach den Bedürfnissen des Säuglings ausgewählt werden und aus kontrolliert biologischem Anbau stammen. Frisch gekochtes Gemüse hat deutlich mehr Geschmack als Gläschenkost. Durch Vorkochen mehrerer Portionen und anschließendes Einfrieren kann viel Arbeit und Zeit eingespart werden.
Kastentext: Ernährung bei hohem Allergierisiko
Säuglinge mit familiär bedingtem Allergierisiko sollten in den ersten sechs Lebensmonaten voll gestillt werden. Ist das nicht möglich, sollte eine hypoallergene Säuglingsmilchnahrung (HA-Nahrung) verwendet werden. Erst im siebten Lebensmonat sollte Beikost gefüttert werden. Lebensmittel, die im Kindesalter häufig Allergien auslösen, sollten im ersten Lebensjahr gemieden werden, dazu zählen Hühnerei, Kuhmilch, Soja, Nüsse, Fisch, Weizen, Zitrusfrüchte, Tomaten, Schokolade, Rind- und Hühnerfleisch.
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Nachdruck aus Verbraucherdienst 1/1998, aid (Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten e.V.), Bonn (Hrsg.) mit freundlicher Erlaubnis der Verfasserin und der Redaktion.
Die Bedürfnisse des Säuglings an seine Ernährung wandeln sich innerhalb des ersten Lebensjahres drastisch. In den ersten vier bis sechs Monaten wird geraten, ausschließlich Muttermilch oder Säuglingsmilchnahrung zu geben. Nach dem sechsten Lebensmonat ist der Nährstoffbedarf durch Milch alleine nicht mehr zu decken. Monat für Monat sollte nun eine Hauptmahlzeit durch Brei ersetzt werden. "Wann" man dem Säugling "was" geben soll, kann man unter anderem auch im Internet erfahren. Einige hilfreiche Seiten möchten wir Ihnen in dieser Ausgabe vorstellen.
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