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Arzneimittel und Therapie
Osteoporose: Frühe Therapie ist erforderlich
Für Risedronat konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden, dass es die Inzidenz neuer Frakturen deutlich senken kann. Schätzungsweise leiden in Deutschland ungefähr gleich viele Patienten an einer Osteoporose wie an einem Diabetes. Von den geschätzten 4 bis 6 Millionen Osteoporosepatienten wird allerdings nur ein Drittel adäquat therapiert, da noch immer bei vielen Patienten und Ärzten das Krankheitsbewusstsein für diese Erkrankung fehlt. Teilweise besteht auch ein therapeutischer Nihilismus, der sich allerdings in den vergangenen Jahren seit der Einführung der Bisphosphonate geändert hat.
Prävention ist wichtig
Vermehrtes Interesse findet in jüngster Zeit auch die Osteoporoseprophylaxe, da nachgewiesen werden konnte, dass einmal erlittene Frakturen das Auftreten weiterer Frakturen begünstigen. So erleidet schätzungsweise jede fünfte Patientin bereits im ersten Jahr nach ihrer ersten Wirbelkörperfraktur eine weitere Fraktur, was wiederum das Risiko multipler Frakturen, eine eingeschränkte Lebensqualität und Schmerzen zur Folge hat. Die wichtigsten präventiven Maßnahmen sind körperliche Aktivitäten, eine positive Calciumbilanz, Sonnenlichtexposition sowie Zurückhaltung bei Alkohol und Nicotin.
Notwendig: Diagnose
Eine Osteoporose kann sich in vielen Symptomen wie z.B. chronischen Rückenschmerzen, Rumpfverkürzungen, Muskelverspannungen und -verhärtungen, Druck- und Erschütterungsschmerz oder bei einer Fraktur in akutem Schmerz manifestieren. Für eine zuverlässige Diagnose sind mehrere Parameter zu berücksichtigen:
- Anamnese
- individuelle Risikokonstellation
- körperliche Untersuchung
- Röntgen (Veränderungen sind allerdings erst sichtbar, wenn 30 bis 40% der Knochenmasse abgebaut sind)
- Osteodensometrie
- Laboruntersuchungen
Therapie muss sein
In Deutschland werden zur Therapie und Prophylaxe einer Osteoporose Calciumregulatoren wie die Bisphosphonate und SERMs (SERM = selektiver Östrogenrezeptor-Modulator), Calcium und Vitamin D, aktive Vitamin-D-Metabolite, Fluoride und Calcitonin eingesetzt. Dem heutigen Kenntnisstand zufolge weisen die Bisphosphonate Alendronat und Risedronat sowie der SERM Raloxifen die höchste Potenz auf.
Bisphosphonate wirken als "Schutzschild" vor den Osteoklasten. Sie binden an das Hydroxylapatit des Knochens im Bereich der Resorptionsfläche unter den Osteoklasten, wobei diese Salzsäure und Enzyme freisetzen. Durch die lokale Milieuansäuerung wird das Bisphosphonat von der Knochenoberfläche in die Resorptionslakune freigesetzt und hemmt dort die Osteoklasten. Der Einsatz von Bisphosphonaten ist nur dann effizient, solange noch Knochenstrukturen vorhanden sind, das heißt, sie sollten möglichst frühzeitig gegeben werden.
Für das neueste Bisphosphonat Risedronat (Actonel®) liegen zwischenzeitlich auch Studien vor, in denen unter einer Risedronat-Therapie eine Abnahme der Frakturinzidenz gezeigt werden konnte.
Studien bei postmenopausalen Frauen
In zwei randomisierten, plazebokontrollierten und doppelblinden Multizenterstudien (VERT = Vertebral Efficacy with Risedronate Therapy) wurden insgesamt 3684 Patientinnen (1226 in der europäisch/australischen Studie, 2458 in der nordamerikanischen Studie) mit manifester postmenopausaler Osteoporose eingeschlossen. Die Frauen waren mindestens fünf Jahre postmenopausal und höchstens 85 Jahre alt. Sie wiesen bei Studieneinschluss eine Wirbelkörperfraktur und zusätzlich eine niedrige Knochendichte an der Lendenwirbelsäule oder zwei oder mehr Wirbelkörperfrakturen auf. Die Studienteilnehmerinnen erhielten randomisiert Risedronat (2,5 mg/Tag bzw. 5 mg/Tag) oder ein Plazebo sowie täglich 1000 mg Calcium und bei Bedarf zusätzlich 500 I.E. Vitamin D pro Tag. Der primäre Endpunkt der Studie war die Inzidenz neuer Wirbelkörperfrakturen.
Deutlich weniger Wirbelkörperfrakturen
Bereits nach einem Jahr konnte der Erfolg einer Risedronat-Therapie festgestellt werden:
- Im Vergleich zu Plazebo konnte durch Risedronat die Wirbelkörperfraktur-Inzidenz um 61% (europäisch/australische Studie) bzw. um 65% (nordamerikanische Studie) gesenkt werden.
- Bei Hochrisikopatientinnen (< 2 prävalente Wirbelkörperfrakturen) sank die Inzidenz um bis zu 74%.
- Die Wirksamkeit der Therapie hielt über den gesamten dreijährigen Behandlungszeitraum an, was eine Reduktion der Wirbelkörperfraktur-Inzidenz um 49% (europäisch/australische Studie) bzw. 41% (nordamerikanische Studie) zeigt.
Studien bei corticoid-induzierter Osteoporose
In zwei Studien wurde die Wirksamkeit von Risedronat zur Vorbeugung und zur Therapie einer glucocorticoidinduzierten Osteoporose nachgewiesen. In einer einjährigen, plazebokontrollierten Präventionsstudie mit 224 Patienten wurde untersucht, ob Patienten, die sich einer Corticoidtherapie unterziehen müssen, von einer prophylaktischen Risedronatgabe profitieren. Unter der Corticoidgabe nahm bei den Patienten der Plazebogruppe die Knochendichte an Lendenwirbelsäule und Oberschenkelhals ab; in der Risedronatgruppe blieb die Knochendichte konstant.
Auch in einer zweiten Studie mit 290 bereits an einer corticosteroidinduzierten Osteoporose erkrankten Männern und Frauen profitierten die Patienten der Risedronatgruppe von der Bisphosphonattherapie, und es konnte eine deutliche Abnahme der Wirbelkörperfraktur-Inzidenz (Wirbelkörperfraktur-Inzidenz in der Plazebogruppe 15%; in der Risedronatgruppe 5%) beobachtet werden.
Gute Verträglichkeit
Das Nebenwirkungsprofil von Risedronat war in den publizierten Studien vergleichbar mit der Plazebogruppe; es traten vor allem Symptome im oberen Magen-Darm-Trakt wie Bauchschmerzen, Dyspepsie, Gastritis, Obstipation und Diarrhö auf.
Anwendungsbeobachtungen weisen darauf hin, dass Risedronat möglicherweise etwas besser vertragen wird als Alendronat, vor allem bei Patienten mit umfangreicher Komedikation. Generell gilt für alle Bisphosphonate, dass sie nüchtern eingenommen werden müssen. Nach der Einnahme darf sich der Patient nicht mehr hinlegen, da sonst die Gefahr einer Ulzeration zunimmt. Risedronat muss morgens mindestens 30 Minuten vor dem Frühstück oder tagsüber im Abstand von mindestens zwei Stunden zu den Mahlzeiten eingenommen werden.
Quelle: Nach Vorträgen von Dr. Eugen Wilbert, Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin, und Dr. Oliver Bock, Berlin; Pressekonferenz "Osteoporose - erkennen und behandeln" im Rahmen der 1. Falkensteiner Fachpressegespräche am 13. Oktober 2000 in Frankfurt/Königstein; veranstaltet von Firma Aventis und Procter & Gamble.
Eine Osteoporose sollte möglichst frühzeitig therapiert werden, da bereits erlittene Frakturen das Auftreten weiterer Frakturen begünstigen. Zur Therapie stehen unterschiedliche Wirkstoffe zur Verfügung; dem jetzigen Kenntnisstand zufolge scheinen die Bisphosphonate Alendronat und das neu eingeführte Risedronat sowie mit einigen Einschränkungen der selektive Östrogenrezeptor-Modulator Raloxifen am wirksamsten zu sein.
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