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Arzneimittel und Therapie
Lipidtherapie bei KHK-Patienten: Cerivastatin – 0,4 mg für bessere Erge
Ein erhöhter Lipidblutspiegel stellt einen bedeutsamen Risikofaktor bei der Entstehung der Atherosklerose dar. Folgen sind beispielsweise die koronare Herzkrankheit (KHK), zerebrale und periphere Durchblutungsstörungen und Niereninsuffizienz. Dennoch: nur rund 25% aller KHK-Patienten erhalten heute beispielsweise einen Lipidsenker.
Pleiotrope Effekte der Statine
Um erhöhte Cholesterinwerte bei der koronaren Herzerkrankung zu senken, haben sich Cholesterol-Synthese-Hemmer (CSE-Hemmer) als besonders effektiv erwiesen. Die Gruppe der Statine übt dabei nicht alleine cholesterinsenkende Effekte aus, diese Wirkstoffe haben vielmehr darüber hinausgehende Effekte, die derzeit intensiv erforscht werden. Sie beruhen darauf, dass sie nicht direkt den letzten Schritt der Cholesterinsynthese hemmen, vielmehr greifen Statine zu einem früheren Zeitpunkt durch Hemmung der HMG-Co-A-Reduktase regulierend in den Cholesterinmetabolismus ein. Dadurch wird die Bildung der Isoprenoide unterbunden, wodurch die experimentell, aber auch klinisch zu beobachtenden pleiotropen Effekte der Statine erklärt werden können. So zeigen Statine beispielsweise auch einen ausgeprägten antiinflammatorischen Effekt und normalisieren nicht zuletzt über diesen Mechanismus eine gestörte Endothelfunktion. Neben der Behandlung der KHK sind damit möglicherweise weitere Indikationen für Statine denkbar.
Antiinflammatorische Wirkung
Bei der KHK steht neben der Cholesterinsenkung allerdings der antiinflammatorische Effekt im Vordergrund, da es sich um eine entzündliche Gefäßerkrankung handelt, die durch die Infiltration von Makrophagen und Lymphozyten in die Intima charakterisiert ist. Die antiinflammatorische Wirkung der Statine beruht auf drei Wirkmechanismen:
- Sie reduzieren effektiv die Low-Density-Lipoproteine (LDL) insbesondere in ihrer oxidierten Form, die eine entzündliche Reaktion in den Plaques induzieren.
- Unabhängig von der Beeinflussung des Cholesterinspiegels greifen sie in Entzündungsprozesse ein, indem sie die Bildung proinflammatorischer Isoprenoide inhibieren.
- Sie reduzieren die Infektionsrate mit Chlamydien, was zur antientzündlichen Aktivität beiträgt. Chlamydia pneumoniae, das aus atherosklerotischen Plaques isoliert werden konnte, induziert in den Zellen eine erhebliche proinflammatorische Änderung der Genexpression, wodurch es letztendlich zur Infiltration von Entzündungszellen kommt, die die lokale Entzündung verstärken.
Tierversuche konnten zeigen, dass der CSE-Hemmer Cerivastatin bei Behandlung über 32 Wochen eine deutliche Stabilisierung vulnerabler Plaques bewirkte. Es gibt bereits direkte Hinweise darauf, dass Statine auch beim Menschen die Endothelfunktion positiv beeinflussen. Die Encore-I- und Encore-II-Studie prüfen derzeit, welche klinische Bedeutung die Cerivastatin-Gabe bei Patienten mit gestörter Endothelfunktion hat.
Die gesamte Lipidtrias beurteilen
Ein erhöhter LDL-Cholesterinspiegel im Plasma hat eine hohe pathogenetische Bedeutung im Rahmen der Atherogenese. Zur umfassenden Risikoabschätzung gehört allerdings auch, weitere Lipidparameter zu betrachten, wie beispielsweise das HDL-Cholesterin und die Plasma-Triglycerite. Denn erhöhte Triglyceridwerte und auch ein erniedrigtes HDL-Cholesterin können neben einem hohen LDL-Cholesterin das kardiovaskuläre Risiko erhöhen - wie die Daten der Procam-Studie zeigten. So steigt das kardiovaskuläre Risiko mit dem LDL/HDL-Quotienten an. Liegt dieser unter 3, so ist die Gefahr kardiovaskulärer Komplikationen gering. Über einem Wert von 5 ist bereits von einer deutlich erhöhten kardialen Gefahr auszugehen. Wie Experten betonen, sollten nicht nur Patienten mit erhöhtem LDL-Cholesterin, sondern auch Patienten mit erniedrigtem HDL-Cholesterin mit CSE-Hemmern behandelt werden. Der Wirkstoff Cerivastatin zeigte dabei ausgewogene Wirkungen auf die gesamte Lipidtrias.
Ausgeprägte Effekte bei 0,4 mg Cerivastatin
Besonders ausgeprägt waren die Effekte bei einer Wirkstoffdosis von 0,4 mg (Lipobay 0,4, seit Ende September im Handel). In einer klinischen Studie beispielsweise fiel der LDL-Cholesterinspiegel bei 37% der Patienten nach Gabe von Cerivastatin 0,4 mg um 40 bis 50% ab. Die Auswirkungen der Cerivastatin-Gabe auf das HDL-Cholesterin sind vom Ausgangswert abhängig. Je niedriger dieser ist, um so besser sind die Ergebnisse. Liegt der HDL-Plasmaspiegel beispielsweise unter 50 mg/dl, so stieg er nach Gabe von Cerivastatin 0,4 mg um etwa 8%. Lag der HDL-Plasmaspiegel dagegen unter 30 mg/dl, also bereits im erhöhten Risikobereich, konnte nach Gabe von Cerivastatin 0,4 mg ein 18%-iger Anstieg des HDL festgestellt werden. In ähnlicher Weise konnten auch die Triglyceride beeinflusst werden.
Die therapeutische Wirksamkeit von Cerivastatin 0,4 mg lässt sich auch anhand der Wirkung auf den LDL/HDL-Quotienten zeigen. Bei einer achtwöchigen klinischen Studie wiesen fast 70% der Studienteilnehmer bei Studienbeginn hohe und höchste LDL/HDL-Quotienten auf. Bei Studienende - nach Behandlung mit Cerivastatin 0,4 mg - lag dieser Quotient bei fast 90% der Patienten unter drei, was dem Zielwert der Lipidliga entspricht. Um diese Effekte noch ausführlicher zu belegen, laufen derzeit weitere Studien mit Cerivastatin 0,4 mg. Die Studien sollen in den kommenden zwei bis vier Jahren abgeschlossen sein.
Erfahrungen aus der Praxis
Auch Erfahrungen aus der kardiologischen und internistischen Praxis bestätigen: Die mit Cerivastatin in der neuen höheren Dosierung von 0,4 mg erhobenen Daten zeigen ein starkes Wirkprofil auf LDL, HDL und die Triglyceride. LDL-Spiegel wurden im Mittel um 38% gesenkt, in Einzelfällen sogar bis zu 56%. Eine Erhöhung der HDL-Werte konnte bis zu 34% erreicht werden, Triglyceride wurden in Abhängigkeit vom Ausgangswert bis zu 48% reduziert. Deutliche Veränderungen wies der LDL/HDL-Quotient nach Gabe von Cerivastatin 0,4 mg auf. Nach einer achtwöchigen Therapie lag dieser Quotient bei keinem Patienten im Risikobereich. Praxiserfahrungen belegen die gute Verträglichkeit des Cerivastatin-Präparats Lipobay 0,4, was darauf zurückgeführt wird, dass die Substanz ein nur sehr geringes Interaktionspotenzial hat, da sie alternative Abbauwege nutzt und eine Blockade des Cytochrom P450-Systems bei Multimedikation vermeidet. diz
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