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B. RallSelbstmedikation als Chance verstehen (Berich

Die Selbstmedikation spielt im Arzneimittelmarkt eine zunehmend wichtige Rolle: Die gesetzlichen Krankenkassen fordern den sparsamen Umgang mit Verschreibungen, immer mehr Arzneimittel werden aus der Rezeptpflicht entlassen und der Umsatz freiverkäuflicher Arzneimittel außerhalb der Apotheke steigt stetig an. Die Konsequenz für die Apotheke: Der "selbstverständliche" Kunde wird immer seltener, Kundenneugewinnung und Kundenbindung dafür immer wichtiger, um das Überleben des Betriebes zu sichern. Wer im Bereich der Selbstmedikation erfolgreich sein will, muss umdenken. Dies wurde auch auf dem vom Apothekerverband Sachsen veranstalteten Selbstmedikationskongress 2000 deutlich, der am 15. November in Dresden stattgefunden hat. Anhand von Statistiken und Analysen wurde den Teilnehmern die Bedeutung der Selbstmedikation aufgezeigt und ihnen gleichzeitig vermittelt, wie sie diesen Bereich für sich selbst ausbauen und stärken können.

Dass der Zuwachs der Selbstmedikation nicht zu einer Abwertung der Apotheke führen muss, darauf wies Monika Koch, Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands, in ihrer Ansprache zum Kongress hin. "Auch der mündige Patient braucht Anleitung bei der Auswahl der richtigen Arzneimittel", betonte sie. Allerdings wolle dieser Patient keine Apotheke, in der "Abverkauf um jeden Preis" stattfinde, sondern eine, in der er Hilfestellung für seine eigenen Entscheidungen erhalte. Selbstmedikation, so Koch, ist eine Chance für die Eröffnung neuer Arbeitsfelder in der Apotheke. Sie dürfe jedoch nicht im Preiskampf mit Drogerien und Lebensmittelhandel ausarten. Diesen Kampf könne die Apotheke nicht gewinnen. Vielmehr müsse die Qualität der Beratung in der Apotheke und auch die Qualität der dort angebotenen Produkte in den Vordergrund gestellt werden. Ziel müsse es sein, diese Qualität dem Kunden zu vermitteln und ihn darüber langfristig an die Apotheke zu binden. Als eine Voraussetzung für das Erreichen dieses Zieles nannte Koch die Bereitschaft, auf den Kunden zuzugehen. "Wir dürfen nicht verschämt warten, bis der Kunde zu uns kommt, wir müssen selbst aktiv werden", betonte sie. In diesem Sinne wollte die Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes auch den Kongress verstanden wissen. Er solle als Hilfestellung für die Kollegen in einem immer bedeutsamer werdenden Arbeitsfeld dienen und die wichtigen Eckpunkte und Schlussfolgerungen im Bereich der Selbstmedikation, vor allem für die Offizin-Apotheker, herausstellen.

Ein Markt mit Potenzial - auch für die Apotheke

Anhand von Zahlen verdeutlichte Jürgen Petersen, Leiter des Geschäftsbereichs Selbstmedikation im Institut für medizinische Statistik (IMS), das Potenzial, das in der Selbstmedikation steckt. Laut den für das 1. Halbjahr 2000 erhobenen Daten liegt ihr Anteil derzeit bei etwa 15% der Arzneimittelverkäufe in der Apotheke - Tendenz steigend. Verglichen mit den Vorjahreszahlen konnte ein Wachstum von rund 8% erreicht werden; in absoluten Zahlen ausgedrückt, stellt die Selbstmedikation in der Apotheke ein Umsatzvolumen von 4 Mrd. DM dar. Der Zuwachs in diesem Bereich, so Petersen, muss allerdings einem massiven Verordnungsrückgang entgegengestellt werden. Bedingt durch den Zwang zur Einhaltung der Arzneimittelbudgets sind die Verordnungen bei OTC-Produkten im 1. Halbjahr 2000 um 12% gesunken. "Das Problem", so Petersen "liegt darin, dass nur ein Teil der früher verordneten Arzneimittel tatsächlich in die Selbstmedikation verschoben wird, der Rest ist für die Apotheke verloren." Dieser Entwicklung gelte es entgegenzuarbeiten und zwar - da eine Zunahme der Verordnungen derzeit nicht zu erwarten sei - durch Stärkung des Selbstmedikationsmarktes. Entgegenwirken muss die Apotheke laut Petersen auch der Abwanderung der Selbstmedikation in den so genannten "MassMarket", denn für frei verkäufliche Arzneimittel spielt der Markt außerhalb der Apotheke weiterhin eine wichtige Rolle. Führend ist hier nach der IMS-Analyse mit einem Umsatzanteil von 45% am Gesamtmarkt der Teilmarkt Tonika, Geriatrika, Melissengeist und Immunstimulanzien. Davon sind Drogeriemärkte mit 77% der wichtigste Absatzkanal. Weitere wichtige Marktsegmente für Drogerie- und Verbrauchermärkte sind Beruhigungs- und Schlafmittel (34%) sowie Vitamine und Mineralstoffe (27%). Das Wachstum der Apotheken in der Selbstmedikation stammt dagegen aus den Indikationsgruppen, in denen die Apotheken traditionell eine Exklusivrolle haben, z. B. Analgetika (96% Marktanteil), Husten- und Erkältungsmittel (79%) sowie Herz-Kreislauf-Präparate (92%). Während in den letzten Jahren Marktanteile auf den Gebieten Calcium- und Magnesiumpräparate sowie Vitamin-C- und Multivitaminprodukte an die Drogeriemärkte verloren gingen, konnten die Apotheken auf diesen Gebieten wieder Steigerungsraten erzielen. Die Gründe hierfür liegen laut Petersen in der Förderung starker apothekenexklusiver Markenprodukte sowie in der erfolgreichen Apothekeneinführung neuer Produkte (z. B. Voltaren Schmerzgel). Die Konzentration auf derartige Produkte sowie das verstärkte Ausspielen der Beratungskompetenz, sind nach Ansicht von Petersen auch die Chance der Apotheke, sich in der Zukunft im Selbstmedikationsbereich zu behaupten. "Die Zukunft der Apotheke liegt in ihrer Einmaligkeit", betonte er. Die Apotheke müsse im Bewusstsein der Kunden als eine Einkaufsstätte mit persönlichem Service, individueller Beratung und hoher Gesundheitskompetenz verankert werden.

Kundenwünsche erkennen und befriedigen

Wie wichtig diese Einschätzung der Kunden für den Erfolg der Selbstmedikation in der Apotheke ist, erläuterte auch Walter Pechmann, Senior Marketing Consult der Gesellschaft für Pharma-Informationssysteme GPI. Der Apothekenmarkt, so Pechmann, ist stark von Empfehlungen - sowohl durch Arzt als auch durch den Apotheker - geprägt. Damit unterscheidet er sich vom MassMarket, der vor allem durch den Preis der Produkte bestimmt wird. Während Kunden in Drogerie und Lebensmitteldiscount gerne ausprobieren und immer wieder die Produkte wechseln, lassen sie sich in der Apotheke lieber beraten und vertrauen auf die Kompetenz des Verkäufers. Allerdings bei weitem nicht blind. Die Fülle an Informationen, die die Kunden über die Medien erhalten, führen auch in der Apotheke dazu, dass der Markt unruhiger wird und Käufe nach dem Argument "Preis" getätigt werden. Ein Beispiel dafür ist der Erfolg der Firma Ratiopharm, deren Produkte in der Apotheke vor allem von preisbewussten Käufern bevorzugt werden und die diesen Aspekt in der Werbung auch deutlich heraushebt. "Unter dem Gesichtspunkt der Kundenfrequenz sollten Apotheken auch niedrigpreisige Gesundheitsprodukte beachten", erklärte Pechmann. Dies sei um so wichtiger, da die Selbstmedikation auch Auswirkung auf das Rezeptvolumen habe. Ein Kunde, so Pechmann, löst seine Rezepte in der Regel lieber in einer Apotheke ein, in der er auch seine Wünsche bezüglich der Selbstmedikation und Serviceangeboten wie Blutdruckmessung, Ernährungsberatung etc. befriedigt bekommt. Angebot und Verbraucheranspruch müssten übereinstimmen - dann fahre der Kunde gerne auch zwei Straßen weiter und komme regelmäßig wieder.

Erfolgsrezept einer Marke

Die Übereinstimmung von Angebot und Verbraucheranspruch ist nach den Ausführungen von Udo Wendeler von der Bayer Vital GmbH auch das Geheimnis für den Erfolg von Aspirin. Anders als viele seiner Konkurrenten setzt Bayer allerdings nicht auf den niedrigen Preis, sondern auf die Qualität seines Produktes und setzt dieses Argument bei all seinen Marketingstrategien an oberste Stelle. "Der Anspruch des Verbrauchers an ein Schmerzmittel lautet schnelle und zuverlässige Wirkung bei gleichzeitiger Verträglichkeit", erklärte Wendeler. "Erfährt er dies bei einer Marke wie Aspirin, bekommt er Vertrauen und wird das Produkt auch künftig kaufen. Er wird zu einem Stammkunden, der bereit ist, auch einen höheren Preis zu bezahlen, solange nur die Qualität des Produktes stimmt". Wichtig für den Erfolg der Marke sei neben der Überzeugung des Endverbrauchers allerdings auch die Überzeugung der Apotheken als Verkaufsort. Nur wenn die Apotheken hinter dem Produktstehen und dies in der Kommunikation mit dem Kunden vermitteln könnten, bleibe auch der Verbraucher langfristig daran gebunden.

Erfolgskriterien für die Kundenbindung

Wer im Bereich der Selbstmedikation erfolgreich sein will, muss Kunden neu für sich gewinnen und langfristig an die Apotheke binden können. Cornelia Tromm, geschäftsführende Gesellschafterin der BMK Beratungsgesellschaft für Marketing, München, erläuterte die Erfolgskriterien für eine erfolgreiche Kundengewinnung und -bindung. Drei einfache Erkenntnisse seien hierfür ausschlaggebend: 1. Neukunden lassen sich erfolgreich gewinnen und binden, wenn ihnen ein erlebbarer Zusatznutzen geboten wird. Das Zauberwort heißt Kundenorientierung. Die Apotheke sollte sich fragen, welche Serviceleistungen sie dem Kunden anbieten kann, um ihm einen Mehrwert (added value) zu bieten. Gleichzeitig sollten es Serviceleistungen sein, mit denen man sich von den Mitbewerbern abhebt, sich ein eigenes Profil schafft. 2. Einen neuen Kunden zu gewinnen ist im Schnitt fünfmal so teuer wie einen bereits gewonnen Kunden zu halten. Die Erwartungen des Kunden müssen somit nicht nur einmal - sondern jeden Tag aufs Neue befriedigt werden. Je genauer eine Apotheke die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden kennt, desto effektiver kann sie deren Erwartungen gerecht werden. 3. Wer Kunden zufrieden machen will, muss ihre Erwartungen erfüllen, möglichst sogar übererfüllen.

Hierzu reicht es nicht aus, kompetent zu beraten und freundlich zu sein. Das erwartet der Kunde als selbstverständlich. Laut Kundenbarometer ist die Kundenorientierung von Apotheken bereits bestens. Freundlichkeit und fachliche Beratung stehen nach Aussagen der befragten Kunden bereits auf hohem Niveau. Allerdings gibt es Defizite, wenn man nach der Weiterempfehlungsbereitschaft fragt. Hier nimmt die Apotheke nur Platz 11 ein. Und fragt man danach, ob diese Einkaufsstätte mehr Vorteile bietet als andere Anbieter, so erreicht die Apotheke nur einen Platz 27. Auf den Punkt gebracht, bedeuten diese Zahlen, dass praktisch mehr als ein Drittel angeben, die Apotheke nicht besser zu bewerten als andere Anbieter. "Hier gilt es anzusetzen", betonte Frau Tromm. Sie empfahl daher, den "added value" noch stärker zu kommunizieren und alles dafür zu tun, um die Kundenerwartungen zu erfüllen. Der Kunde müsse sich als Gast in der Apotheke fühlen und dementsprechend behandelt werden. Wichtig seien zur Erfüllung dieser Ansprüche die "drei Z der Kommunikation": Zuwendung, Zeit nehmen und Zuhören. "Werden diese drei Z erfüllt", so Tromm, "ist die Grundvoraussetzung für zufriedene Kunden und somit für langfristige Kunden geschaffen." Tromm fasste zusammen: "Tun Sie alles dafür, dass aus Ihren Kunden zufriedene Kunden werden. Denn nur zufriedene Kunden kommen wieder, und zufriedene Kunden sind ein sehr wirkungsvolles und zudem das preiswerteste Medium der Neukundengewinnung."

Auf die positive Ausstrahlung kommt es an

Eine Grundvoraussetzung für die Gewinnung von zufriedenen Kunden ist die eigene Zufriedenheit. Dies verdeutlichte Emanuel Winklhofer, Agentur für Kommunikation, Zeitlarn, mit anschaulichen Beispielen. Im Zentrum steht dabei eine positive Ausstrahlung, die laut Winklhofer Ergebnis von drei Faktoren ist: 1. Die positive Einstellung zu sich selbst. 2. Die positive Einstellung zum Beruf. 3. Die positive Einstellung zu Kunden. Die positive Einstellung zu sich selbst ist ein Punkt, an dem man jeden Tag aufs Neue arbeiten sollte. Winklhofer dazu: "Jeder von uns hat viel zu viele falsche Programme im Kopf wie ,iss immer deinen Teller auf', ,Geld verdirbt den Charakter', ,sei ein braves Mädchen, sonst hat man dich nicht lieb'." Derartige Programme gelte es loszuwerden, um ein gesundes Selbstwertgefühl aufbauen zu können. "Nur wer sich selbst wertschätzt, tut dies auch mit anderen", betonte Winklhofer.

Wertschätzung gelte es auch dem eigenen Beruf entgegenzubringen und zwar sowohl dem Arzneimittel als auch dem Vorgang des Verkaufens. Im Fall des Arzneimittels bedeutet dies, dass man weg von den negativen Aspekten wie Risiken, Neben- und Wechselwirkungen hin zum positiven Aspekt des Heilens geht. "Wir müssen das Arzneimittel als ein Produkt sehen, das die Lebensqualität des Kunden erhöht", erklärte Winklhofer. In diesem Zusammenhang sollte man auch seine Einstellung zum Thema Verkaufen überdenken. Verkaufen heißt, so Winklhofer, bereits zu sein, den Kunden einen ehrlichen Nutzen zu bieten. Man sollte also stolz darauf sein, verkaufen zu können, und sich nicht dafür schämen. Diese Einstellung erleichtert einem auch den dritten Punkt der Auflistung: die positive Einstellung zum Kunden. Diese ist bei angenehmen Kunden relativ leicht erreichbar. Ganz anders sieht es aber bei "schwierigen" Kunden aus. Um ihnen positiv zu begegnen, benötigt man Kraft und Energie. Erleichtern kann man sich laut Winklhofer den Umgang mit derartigen Kunden, indem man sie als "Trainingspartner" betrachtet, die einem die Chance geben, seine positive Lebenseinstellung zu prüfen und zu verbessern. Trainieren solle man außerdem auch mit den Kollegen, beispielsweise das Gespräch mit den Kunden, die Körpersprache oder den Umgang mit Reklamationen. Winklhofer dazu: "Um in den genannten Bereichen wachsen zu können, müssen wir uns ständig der Methoden der Motivation bedienen. Unsere Kunden erwarten zurecht Profis im Verkauf. Amateurhaftes Verkaufsver-halten gehört endgültig der Vergangenheit an. Sicherlich ist es nicht selbstverständlich, stets eine gute Laune zu haben - dafür müssen wir aktiv etwas beitragen, es uns zumindest immer wieder vornehmen. Beginnen wir daher jeden Tag mit dem Vorsatz: Ich gebe heute 110 Prozent und fangen wir damit an, indem wir uns freundlich lächelnd im Spiegel begrüßen."

Die Selbstmedikation spielt im Arzneimittelmarkt eine zunehmend wichtige Rolle. Die Konsequenz für die Apotheke: Der "selbstverständliche" Kunde wird immer seltener, Kundenneugewinnung und -bindung dafür immer wichtiger. Wer im Bereich der Selbstmedikation erfolgreich sein will, muss umdenken. Dies wurde auch auf dem vom Apothekerverband Sachsen veranstalteten Selbstmedikationskongress 2000 deutlich, der am 15. November in Dresden stattfand. Anhand von Statistiken und Analysen wurde den Teilnehmern die Bedeutung der Selbstmedikation aufgezeigt und ihnen gleichzeitig vermittelt, wie sie diesen Bereich für sich selbst ausbauen und stärken können.

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