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Chinesische Heilkräuter: Sanfte Arznei mit hochgiftigem Inhalt
Erst vor wenigen Wochen gingen Meldungen über Todesfälle im Zusammenhang mit chinesischen Heilkräutern durch die Presse (s. auch DAZ Nr. 2, S. 23). Gewarnt wurde vor einer Kräutermischung, die krebserregende Aristolochiasäure enthält und bei mehreren Personen zu Nierenversagen geführt hat. In Belgien und Großbritannien wurde in den letzten Jahren schon des öfteren über derartige Zwischenfälle berichtet. Dies gibt Anlass, Alarm zu schlagen, denn die traditionelle chinesische Medizin findet weiterhin großen Zuspruch. So gibt es allein in Deutschland rund 2 000 Ärzte und Heilpraktiker und 20 Kliniken, die sich auf diesem Gebiet etabliert haben. Es müsse jedoch "generell mit unerwünschten Wirkungen gerechnet werden", so die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker. Laut Spiegel starben beispielsweise in England zwei Frauen an schweren Leberschäden, nachdem sie einen Hautausschlag mit chinesischen Kräuterdrogen behandelten und ihr Wohlergehen durch einen chinesischen Tee namens "Ewiges Leben" aufpäppeln wollten. Neben diesen bekannt gewordenen Unglücksfällen gibt es wahrscheinlich noch eine hohe Dunkelziffer, denn "wenn Patienten plötzlich an Leber- oder Nierenversagen sterben, fragt hinterher keiner, ob sie drei Jahre lang chinesischen Kräutertee getrunken haben", so Hans J. Polak, Internist beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen in Hamburg.
Niemand weiß genau, was und wie viel enthalten ist
Die aus China importierten Rohdrogen werden nur selten auf Identität, Reinheit und Wirkstoffgehalt untersucht, daher weiß niemand genau, was die Kräutermischungen und Mixturen wirklich enthalten und in welchen Mengen. Die Schwankungsbreite reicht von wirkungslos bis toxisch. Da in China, je nach Landesteil, verschiedene Pflanzen den gleichen Namen tragen, kommt es nicht selten zu Verwechslungen. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, bauen die Chinesen ihre Heilkräuter mittlerweile auf großflächigen Plantagen an.
Biologischer Anbau ist dort jedoch leider noch ein Fremdwort, und so werden raue Mengen an chemischen Pestiziden eingesetzt, um die Ernte vor Krankheiten, Pilzbefall und Unkräuter zu schützen. So enthalten die chinesischen Wundermittel oft eine nicht vertretbare Menge an Schwermetallen, die Palette reicht von Arsen über Cadmium, Blei, Quecksilber und Thallium bis zu Zink. Bei der Trocknung im vorherrschenden, feuchten Klima gesellt sich gerne noch ein Schimmelpilz hinzu, und da häufig auf Straßen getrocknet wird, deren Belag bei der großen Hitze weich wird, sind sogar Teerspuren nachweisbar.
"Man müsste die Produktion von der Aussaat bis zur Teetasse verfolgen, und davon sind wir weit entfernt", so Konstantin Keller, Experte für pflanzliche Arzneimittel beim BfArM. Noch problematischer als die in Tees verwendeten Rohdrogen sind die aus Fernost importierten Fertigarzneimittel, berichtet der Spiegel. Diese werden häufig mit Cortison, Tranquilizern, Coffein, Schmerzmitteln und anderen Wirkstoffen "veredelt". Untersuchungen in den USA bewiesen, dass fast jedes dritte Präparat undeklarierte Substanzen enthält.
Rohstoffe müssen stärker kontrolliert werden
Die Forderung nach staatlicher Kontrolle wird somit zunehmend stärker. Da sich die in China ausgestellten Qualitätszertifikate meist nicht mit den in Deutschland gefundenen Werten decken, sollten alle Heilkräuter vor ihrer Verwendung nochmals auf Identität, Reinheit und Gehalt geprüft werden. Die "Erste Deutsche Klinik für Traditionelle Chinesische Medizin" im niederbayerischen Kötzing beispielsweise lässt alle Arzneidrogenlieferungen vom Institut für pharmazeutische Biologie der Universität München untersuchen und musste allein im ersten Jahr 34 von 139 Chargen sperren und vernichten lassen.
Problematisch anzusehen ist auch der zunehmende Handel über das Internet. Die auf diesem Weg bezogenen Heilkräuter entziehen sich zwangsläufig jeder Kontrolle. Trotz all dieser erschreckenden Meldungen über Todesfälle im Zusammenhang mit chinesischen Heilkräutern, dürfe nicht vergessen werden, dass diese Pflanzen wertvolle Inhaltsstoffe besäßen, von denen auch die westliche Schulmedizin profitieren könne. So konnten beispielsweise neue Wirkstoffe für die Krebstherapie isoliert werden. Hier liegt ein ungeahnter "Arzneimittelschatz" verborgen, der noch viel Zeit beanspruchen wird, um "gehoben zu werden", vermutet Gerhard Eisenbrand, Toxikologe an der Universität in Kaiserslautern.
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