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- AZ 27/2001
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Kommentar
Boni drohen
Machen wir uns nichts vor. Wie kann man Erwachsene, die Tag für Tag ihrer Arbeit nachgehen, motivieren? Über Anreize, konkret über finanzielle Anreize. Bonuszahlungen an sich sind nicht verwerflich, im Gegenteil. Geschieht dies jedoch im Gesundheitswesen und hier speziell bei Ärzten, wird es gefährlich. Die Regierung plant die Abschaffung der umstrittenen Arzneimittelbudgets in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das ist gut. Im Entwurf von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt steht jedoch ein ganz brisanter Punkt. Mediziner sollen, wenn es in Zukunft zu Ausgabenvolumina kommt, die sie mit den Krankenkassen aushandeln, von den Einsparungen bei den Verschreibungen von Arzneimitteln profitieren können. Das ist schlecht. Schon seit jeher war die Verschreibung von Medikamenten abgekoppelt von der Option, das eigene Medizinerhonorar damit aufbessern zu können. Aus gutem Grund. Ärzte sollten sich bei der Behandlung von Patienten vom Therapieziel und den dazu erforderlichen Präparaten leiten lassen und nicht permanent vor Augen haben, wie viel Geld sie selbst zusätzlich erhalten könnten, wenn sie auf bestimmte Verordnungen verzichten würden. Das ist ein Unding! Die Mediziner sollen selbstverständlich sparen, das fängt jedoch mit der richtigen Indikationsstellung an, geht über die Auswahl des adäquaten Präparats und hört bei der Ablehnung reiner Wunschverordnungen von Patienten noch nicht auf. Ärzte müssen wirtschaftlich verordnen, dazu sind sie im übrigen verpflichtet. Das darf jedoch nicht direkt mit ihrem Einkommen verknüpft sein. Wie weit Bonuszahlungen offenbar in Mode gekommen sind, zeigt die jüngste Vereinbarung zwischen Ortskrankenkassen und niedergelassenen Ärzten in Berlin. Dort soll es bei ausreichenden Einsparungen bei den Arzneimittelausgaben eine Prämie von bis zu 15 Millionen Mark geben. Das ist brisant. Ministerin Schmidt sollte in ihrem Gesetzentwurf schnellstens Abstand von solchen Plänen nehmen. Sie selbst hält so etwas im übrigen nicht für unethisch. Was ist es dann?
Susanne Imhoff-Hasse
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