Kommentar

Ab nach Luxemburg

Europa bestimmt mehr und mehr unser Leben. Mit der Euro-Einführung in Form von Hartgeld und Scheinen wir es uns ab 1. Januar voll bewusst werden. Europa beeinflusst aber auch immer stärker unsere Gesundheits- und Berufspolitik. So zählt es immer weniger, was unsere Gerichte auf nationaler Ebene entscheiden - wenn man mit dem Urteil nicht zufrieden ist, dann tritt man den Weg nach Luxemburg zum Europäischen Gerichtshof an. Das wird uns in Sachen Arzneiversandhandel noch den letztgültigen Richterspruch bringen, nachdem es die niederländische Versandapotheke und einige Krankenkassen geradezu darauf angelegt haben, vor diesem Gericht eine supranationale Entscheidung herbeizuführen. Ganz aktuell: auch die deutsche Festbetragsregelung soll nun dem EuGH vorgelegt werden, da wie der Bundesgerichtshof im Rahmen eines Verfahrens festgestellt hat, dass europäisches Kartellrecht betroffen ist. Das Gericht in Luxemburg soll entscheiden, ob die Arzneimittel-Festbeträge in Deutschland rechtmäßig sind. Die seit 1988 in Deutschland gültige Festbetragsregelung, eingeführt unter Arbeitsminister Norbert Blüm, war von Anfang an umstritten, insbesondere die Art der Festsetzung. Denn es sind die Spitzenverbände der Kassen allein, die die Obergrenze festlegen, bis zu der sie die Kosten für bestimmte Arzneimittel übernehmen. Dies sei ein wettbewerbsverzerrender Eingriff in den Arzneimittelmarkt, werfen dagegen Pharmahersteller den Kassen vor und verweisen auf entgangenen Gewinn. Die Kassen wiederum sehen sich nicht als Unternehmen, die unter Kartellrecht fallen, sondern als Teil der öffentlichen Verwaltung. Sie drohen damit, dass das Gesundheitswesen ohne Festbeträge kaum noch bezahlbar sei. Die Bundesregierung hat die Festbeträge aufgrund der Klagen ausgesetzt und vorerst mit der Industrie einen Einsparungskompromiss von 650 Mio. DM ausgehandelt, der, wie letzte Woche bekannt wurde, wohl auf 750 Mio. DM steigen wird. Wenn sich, wie vermutet, die Entscheidung vor dem EuGH hinziehen wird: was wird aus diesem Kompromiss? Wäre es nicht von Anfang an sauberer gewesen, wenn ein Gremium aus Industrie und Krankenkassen, evtl. unter Beteiligung des Ministeriums, Festbeträge festsetzt? Luxemburg wird's richten. Peter Ditzel

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