Feuilleton

Ausstellung: Tiere als Musikanten

"Tiere als Musikanten" heißt das Thema einer Sonderausstellung, die anlässlich des Bach-Jahres noch bis zum 28. Januar 2001 im Naturkundemuseum Leipzig zu sehen ist. Gezeigt werden Präparate von Säugetieren und Vögeln, Modelle von Reptilien, Lurchen und Insekten sowie lebende Grillen. Zu jedem Kapitel gibt es Hörproben. Ethnographische Beispiele zum Thema "Musik - eine Antwort des Menschen auf den Anruf der Natur" ergänzen die Schau.

Vögel: Gesang und Gezeter

Wenn der Eichelhäher Gefahr wittert, schlägt er Alarm. Für zahlreiche Tiere des Waldes ist der krächzende Ruf von Garrulus glandarius ein lebensrettendes Warnsignal. Pfeifend und keckernd künden die Stare das Frühjahr an. Wie andere Singvögel fallen auch sie durch ihre Eigenart, sich individuell zu artikulieren und Stimmungen auszudrücken, auf. Sturnus vulgaris kann sogar die Stimmen anderer Tiere imitieren.

Im Verlauf der Evolution haben gerade die Singvögel ein hohes Maß an stimmlicher Kreativität entwickelt. Die meisten anderen Vögel artikulieren sich weniger melodisch: Männliche Hühnervögel krähen zur Balz, Tauben gurren und klatschen mit den Flügeln. Bekassinen wiederum erzeugen durch das Vibrieren der Schwanzfedern Töne. Weithin vernehmbar ist das Stakkato des Großen Buntspechts. Um sein Revier zu markieren, trommelt Dendrocopus major mit dem Schnabel auf hohlen Baumstämmen. Durch Klopfen auf morsche Borke ortet er Insekten und Larven.

Wie auch immer Vögel sich artikulieren: Sie singen oder "musizieren" nicht wie etwa die Menschen zum Selbstzweck. Durch akustische Drohungen und Reviermarkierungen schützen sie sich selbst und ihren Lebensraum. Sie gebrauchen ihre Stimmorgane aber auch, um mit Tieren ihrer Art zu kommunizieren - etwa zur Balz oder bei der Brutpflege.

Insekten mit Gehörorganen

Auch entwicklungsgeschichtlich erheblich ältere Tiere können sich akustisch verständigen, so z.B. viele Insekten. Ihre Gehörorgane bestehen aus Membranen, die in Schwingungen versetzt werden, und luftgefüllten Hohlräumen. Fliegen "hören" mit der Brust und den Fühlern, Heuschrecken mit den Beinen und die Zikaden mit dem Hinterleib. Bei den Schmetterlingen wiederum sind die Gehörorgane in der Brust sowie im Hinterleib angeordnet.

Die Stubenfliege als typischer Vertreter der Zweiflügler verschafft sich durch Flügelschläge Gehör. Sie bewegt die Flügel etwa 330-mal pro Sekunde. Der Kohlweißling erreicht im gleichen Zeitraum nur eine Frequenz von neun Schlägen und fliegt aufgrund dessen lautlos. Den Rekord im Reich der Insekten hält indessen die Zuckmücke mit über 1000 Flügelbewegungen pro Sekunde.

Bei der Partnersuche orientieren sich die Männchen einiger Fliegen- und Mückenarten am Fluggeräusch. Andere imponieren beim Balzverhalten durch hohe Summtöne, die durch entsprechende Bewegungsfrequenzen erreicht werten.

Zikaden, Grillen und Grashüpfer

Zikaden sind mit Trommelorganen am ersten Hinterleibssegment ausgestattet. Mit Querrippen versteifte Membranen werden durch einen Muskel verformt und schnellen zurück. Der luftgefüllte Hinterleib dient dabei als Resonator. Aufgrund dessen erreichen Zikaden eine hohe Lautstärke. Kleinzikaden sind hingegen nicht mit einem Resonanzsystem ausgestattet und können nur über Entfernungen von wenigen Metern kommunizieren. Die einheimischen Spezies senden darüber hinaus Ultraschalltöne aus.

Langfühlerschrecken, wie die Grillen und das Grüne Heupferd, sind nicht mit Stimmorganen ausgestattet, können aber dennoch "singen": Eine mit Querrippen versehene Schrillader auf der Unterseite eines Flügels streicht über das Plektrum des zweiten Flügels. Das Flügelfeld, der "Spiegel", dient als Resonator.

Bei den Kurzfühlerschrecken, zu denen die Grashüpfer und die Wanderheuschrecken zählen, sind nicht die Flügel, sondern die Hinterbeine mit Schrillleisten versehen, die an einer Kante des Vorderflügels gerieben werden. Einige Arten, wie beispielsweise die Scharrschrecken, "musizieren" auch beim Flug, andere Spezies wiederum mit den Mundwerkzeugen.

Stumm wie ein Fisch?

Fischen wird allgemein nachgesagt, dass sie stumm sind. Wenngleich es unter Wasser schwierig ist, sich "Gehör zu verschaffen", haben einige Arten Mechanismen entwickelt, mit denen sie akustisch kommunizieren können. Beispielsweise durch geräuschvolle Bewegungen des Kiefer- und Kiemenapparats.

Die Schwimmblasen sind Schallquellen und Resonatoren gleichermaßen. Welse und Drückerfische bewegen mit der Rumpfmuskulatur einen Knochen, der wie ein Hebel auf der Schwimmblasenwand trommelt. Knurrhähne besitzen an der Schwimmblasenwand einen Trommelmuskel. Der Knurrende Dornwels, als Bodenbewohner in den Gewässern des tropischen Südamerika endemisch, fällt bei Erregung durch knurrende Geräusche auf. Sie entstehen in der Gelenkpfanne der Brustflossenstrahler.

Froschkonzert

Als erste Wirbeltiergruppe entwickelten die Amphibien die Fähigkeit, sich über die Atemwege zu artikulieren. So bildeten sich bei den Froschlurchen Schallblasen als Lautverstärker heraus. Die Männchen von Rana ridibunda, dem größten heimischen Froschlurch, versammeln sich in der Paarungszeit zu Rufgruppen. Neben individuellen Revier- und Alarmrufen werben sie mit gemeinsamen Rufserien um die Weibchen.

Reptilien mit Kehlkopf

Zahlreiche Reptilienarten warnen Feinde mit mechanischen Geräuschen durch Aneinanderreiben der Schuppen oder vibrierende Schwanzbewegungen wie etwa die Klapperschlange.

Geckos, Brückenechsen und Krokodile kommunizieren indessen mit einer Stimme, die im Kehlkopf erzeugt wird. Männliche Panzerechsen markieren ihre Reviere durch lautes Brüllen. Geckos der Spezies Hemidactylus marmoratus, die in Pakistan, Indien und Sri Lanka verbreitet sind, zirpen, piepsen und miauen sogar mitunter. Männliche Tokehs bellen während der Paarungszeit.

Evolution der Stimmen

Je stärker bei Säugetierarten die Neigung zur Sozialisation ausgeprägt ist, umso mehr gewinnt ihre Stimme an Bedeutung. Spezies, die in Familienverbänden oder Herden leben, müssen sich mitunter auf größere Entfernungen verständigen können, die Sicht- oder Geruchskontakte ausschließen.

Fledermäuse und Wale wiederum orientieren sich durch das Aussenden von Ultraschallwellen, die für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbar sind. Darüber hinaus artikulieren sich manche Säugetierarten durch eigenartige Geräusche und Gesten: Schimpansen und Gorillas trommeln sich zuweilen an die Brust. Stachelschweine reagieren mit Schwanzschlagen oder -rasseln und Hausschweine zuweilen mit Zähneknirschen und Zungenschnalzen.

Ausstellungsdaten

Ort: Naturkundemuseum Leipzig, Lortzingstraße 3, 04105 Leipzig, Tel. (0341) 982210, Fax (0341) 9822122. Geöffnet: Dienstag bis Donnerstag 9.00 bis 18.00 Uhr, Freitag 9.00 bis 13.00 Uhr, Sonnabend und Sonntag 10.00 bis 16.00 Uhr. Bis zum 28.Januar 2001.

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