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BPI-Hauptversammlung: Ein klares Nein zu Positivliste und Festbeträgen
Verbandspolitisches Kernziel sei es, so Wegener, die Arzneimittelvielfalt in Deutschland zu erhalten. Die Positivliste sei ein Frontalangriff der Politik auf dieses Ziel. Sie gefährde die Vielfalt der Arzneimittel und schränke individuelle Therapien massiv ein. Weder trage sie zur Kostensenkung bei noch sichere sie ein bestimmtes Qualitätsniveau. Die Existenz kleiner und mittelständischer Unternehmen werde durch die Positivliste bedroht. Zudem bekräftigte Wegener EU- und verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Positivliste stelle einen Verstoß gegen die Transparenz-Richtlinie dar, wonach vorgeschrieben sei, dass Hersteller Anträge auf Aufnahme ihrer Produkte in die Liste stellen können und über diese Anträge in einer vorgeschriebenen Frist entschieden wird. Wegener warnte die Bundesregierung in diesem Zusammenhang vor dem Risiko der Staatshaftung.
Gefahren der Veröffentlichung einer Vorschlagsliste
Bereits die Veröffentlichung der Vorschlagsliste sei dringend zu unterbinden. Schon in dieser – rechtlich nicht abgesicherten – Form werde sie marktregulierend wirken. Ein Arzt werde nicht leichtfertig Arzneimittel verordnen, die die GKV in Zukunft nicht mehr erstatten werde. Wegener forderte Bundesgesundheitsministerin Schmidt auf, die Arbeiten an der Liste einzustellen. Am Abend zuvor hatte Schmidt im Rahmen des Festaktes die Positivliste – trotz einiger geteilter Bedenken – verteidigt: man solle sie als Auftakt zu einer Qualitätsdebatte verstehen. Wegener entgegnete, dass die Liste nicht auf Erkenntnissen evidenzbasierter Medizin aufsetze. Daher könne sie auch keine Grundlage für eine – in der Tat notwendigen – Debatte über Qualitätsentwicklung und -sicherung sein.
Festbeträge abschaffen
Auch die Festbetragsregelung gehöre nach Ansicht des BPI-Vorstandes abgeschafft. Man habe dem nunmehr eingeschlagenen Weg der zeitlich befristeten Festsetzung durch Rechtsverordnung nur zugestimmt, um Schlimmeres zu verhindern und eine gewisse Planungssicherheit zu gewinnen, erläuterte Wegener. Diese Phase müsse genutzt werden, um eine grundlegende Neuregelung zu schaffen. Sendler fügte in seiner Rede hinzu, das Instrument der Festbeträge behindere den Wettbewerb durch Eliminierung von Wettbewerbern. Zudem führe es dazu, dass in das bestehende Vakuum zunehmend Medikamente aus dem nichtfestbetragsgeregelten Bereich stoßen. Sendler gab zu verstehen, dass es nicht einfach sein werde, Festbeträge abzuschaffen: trotz aller juristischer und ökonomischer Argumente hielten die Krankenkassen verbissen an ihrer monopolisierten Steuerungskompetenz fest.
Beteiligung an gesundheitspolitischen Entscheidungsprozessen
Wegener begrüßte, dass der BPI seinen Platz am "Runden Tisch" der Bundesgesundheitsministerin gefunden habe. Gleichzeitig monierte er, dass beim Budgetabschaffungsgesetz über die Köpfe der Pharmaindustrie hinweg entschieden wurde. So werde der "Runde Tisch" zur reinen Symbolpolitik entwertet. Der BPI werde weiterhin einfordern, an den Entscheidungsprozessen in der Politik beteiligt zu werden. Positiv bewertete er den so genannten Pharma-Dialog: hier arbeiten Wirtschafts-, Gesundheits-, und Forschungsministerium des Bundes sowie Industriegewerkschaften und Verbände der Arzneimittelindustrie zusammen, um Wege zur Stärkung des Pharmastandorts Deutschland zu finden.
Neuzulassung von Arzneimitteln
Für die Weiterentwicklung des EU-Zulassungssystems sei eine flexible Vorgehensweise bei der Wahl des Zulassungsverfahrens erforderlich, so Wegener. In der EU-Kommission werde diskutiert, für alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen das zentrale Verfahren zwingend vorzuschreiben. Dies würde die Kompetenz der nationalen Behörden schwächen, das Gesamtsystem verteuern und zu großen technischen Problemen bei mittleren und kleineren Firmen führen. Daher plädiert Wegener dafür, gegenseitige Anerkennungsverfahren gleichberechtigt neben dem zentralen Verfahren weiterzuentwickeln. Nur so könnten auch mittelständische Unternehmen auf europäischer Ebene aktiv sein.
Hinsichtlich der Nachzulassung verlangt der BPI eine Umsetzung des 10. AMG-Änderungsgesetzes ohne zusätzliche Erschwernisse. Die Einrichtung einer informellen Arbeitsgruppe des Bundesinstituts für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM), des Bundesgesundheitsministeriums und der Pharmaverbände zur Abarbeitung von Problemen bei Zulassung und Nachzulassung sei auf Initiative des BPI erfolgt. Hier konnte Kritik an der – laut Wegener überzogenen – Einreichungsverordnung geübt werden. Auf Sanktionen bei Nichterfüllung dieser Verordnung müsse verzichtet werden. Das Arzneimittelgesetz biete keine Rechtsgrundlage für die Verordnung. Das BfArM werde daher aufgefordert, eine Nachzulassung nicht zu verweigern, nur weil die Einreichungsverordnung nicht beachtet worden sei.
Lockerung des Heilmittelwerbegesetzes
Der BPI macht sich für die Liberalisierung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) stark. Wie die von TNS EMNID durchgeführte Meinungsumfrage zeige (vgl. AZ Nr. 26, 2001, S. 2), fühle sich die Bevölkerung nicht ausreichend von der pharmazeutischen Industrie informiert. Es ginge nicht an, dass es den Herstellern weiterhin verweigert sei, Verbraucher fachlich vorbehaltlos zu informieren. Hierbei trennte er sachliche Information deutlich von Werbung.
Der BPI wolle sich zudem stärker patentpolitisch positionieren. Dies gelte etwa bei der Initiative für eine abgestimmte europäische Patentregelung und bei der Biopatent-Richtlinie, die mit Augenmaß umgesetzt werden müsse. Auch für den Schutz neuer Daten bei bekannten und neuen Stoffen setze sich der BPI ein.
Neuralgischer Punkt Krankenhaus
Im Zusammenhang mit Fragen der Distribution machte Sendler deutlich, dass sich der BPI auch mit der Novelle des Apothekengesetzes auseinandersetzt. Man müsse sich darauf einstellen, dass die Bestrebungen stärker werden, den Zuständigkeitsbereich von Krankenhausapotheken auszudehnen. Dies stelle die bisherige Preispolitik im Krankenhaus in Frage. Dass Krankenkassen und Krankenhausgesellschaften die Preisbildung im Krankenhaus selbst in die Hand nehmen wollten, könne nicht hingenommen werden. Wenn Arzneimittel in der ambulanten Versorgung schlechthin über Krankenhausapotheken bezogen werden sollten, handle es sich um Verträge zu Lasten Dritter, nämlich sowohl zu Lasten der Apotheker als auch der pharmazeutischen Industrie. Die Pharmaindustrie könne dem Einhalt gebieten, indem sie die Art und Weise der Belieferung ändere, so Sendler.
Gegen aut idem
Die Aut idem-Forderung der Apotheker lehnt der BPI ab. Der Arzt verantworte mit einer Verschreibung, dass der Patient genau das verordnete Arzneimittel bekommt. Es könne dem Wettbewerb nicht dienen, wenn die Verordnung des Arztes durch die Empfehlung des Apothekers ersetzt werde. Eine Mehrwertsteuersenkung für Humanarzneimittel befürwortet Sendler im Hinblick auf die Situation in Europa: nur Dänemark erhebe neben Deutschland noch den vollen Mehrwertsteuersatz für Arzneimittel.
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