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- DAZ 37/2001
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Die Seite 3
Er könnte spannend werden, dieser Apothekertag in München. Zwar wird die Gesundheitsministerin, anders als angekündigt, wohl nicht kommen. Aber sie hat im Vorfeld dafür gesorgt, dass es Diskussionsstoff in Hülle und Fülle gibt. So will sie offensichtlich das Aut-idem-Verbot knacken - ein heißes Thema. Und Ulla Schmidt will den Arzneimittelpass. Aber - Orwell lässt grüßen - darf man den wirklich zur Pflicht machen? Ist die Verknüpfung mit dem elektronischen Rezept nicht eher problematisch - von der Serverlösung der Krankenkassen ganz zu schweigen?
Wird die Apothekertagsregie diese Bälle aufnehmen und die Diskussion laufen lassen, auch wenn das Pro und Kontra pointiert ausgetragen wird? Oder werden wir wieder erleben, dass unter dem Beifall der "Großkopfeten" mit Anträgen auf "Schluss der Debatte" abgewürgt wird, was ausgetragen werden müsste, wenn man zu tragfähigen Lösungen kommen will?
Im ersten Halbjahr ein GKV-Defizit von 4.9 Mrd. DM und eine Steigerung der Arzneimittelausgaben um 11% - das ist der Stoff, aus dem man Stimmung machen kann. In puncto Arzneimittelversorgung müsse alles auf den Prüfstand, so ist zu hören: die Arzneimittelpreisverordnung, das Fremd- und Mehrbesitzverbot, das Aut-idem-Verbot, das "Monopol" der Apotheken, die Trennung der Vertriebssysteme zwischen öffentlichen und Krankenhausapotheken. Beobachtern, die nicht genau hinschauen (oder hinschauen, aber nicht durchblicken), scheinen solche Forderungen allesamt plausibel.
Indes, sie sind es nicht. Allenfalls als Ablenkungsmanöver sind sie geeignet. Denn - leider, leider - die GKV-Defizite und auch für die letzthin starken Steigerungen der Arzneimittelausgaben haben nichts mit dem zu tun, was da jetzt auf den Prüfstand soll. Deshalb wird man diese Probleme auch nicht lösen, wenn man z. B. die Arzneimittelpreisverordnung erneut verändert oder das Aut-idem-Verbot abschafft. Das heißt freilich nicht, das es für uns keine anderen Gründe geben kann, auf diesen Feldern - mit Bedacht und unter Prüfung der Argumente - in die Offensive zu gehen. Könner können auch aus Konterchancen Tore machen. Haben wir die Könner? "Schau'n mer mal": nach dem Apothekertag wissen wir mehr.
Für die Regierungskoalition muss der gegenwärtige Anstieg bei den Arzneimittelausgaben ein gefundenes Fressen sein. Sie hat sich festgefahren, bekommt nun Quittungen für Fehlentscheidungen. Das Defizit in diesem Jahr liegt eben nicht an den Arzneimitteln, wie jetzt suggeriert wird. Es ist fast vollständig hausgemacht. Es wäre z. B. um gut 2 Mrd. DM kleiner, wenn die Koalition nach der Wahl die zuvor erhöhte Arzneimittelselbstbeteiligung nicht wieder reduziert hätte.
Wie kurzsichtig: die Prügel für die Erhöhung hatte doch schon die alte Regierung abbekommen. Weitere 1,2 Mrd. DM fehlen der GKV in der Kasse, weil von diesem Jahr an auch Einmalzahlungen in die Krankengeldberechnung einbezogen werden müssen. Und wenn die Regierung auf die Absenkung der Beiträge für Empfänger von Arbeitslosenhilfe verzichtet hätte, stünden der GKV noch weitere 1,2 Mrd. an Einnahmen zusätzlich zur Verfügung. Zählen Sie einmal zusammen! Wo bleibt da der Handlungsbedarf für massive Eingriffe im Arzneimittelbereich?
Die GKV-Ausgaben sind dort, wenn man statt Momentaufnahmen die letzten 10 oder 20 Jahre nimmt, unterproportional gestiegen - deutlich weniger als z. B. der Krankenhaussektor und als die Verwaltungskosten, die von der Ministerin gerade eben zu Recht aufs Korn genommen wurden. Sie hat ebenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass die aktuelle Ausgabenentwicklung auch auf wichtige Innovationen in der AIDS- und Krebstherapie zurückzuführen ist. Die Lockerung der Rationierung - weil die Budgetierung und die Drohung mit dem Kollektivregress durch die Ankündigungen der Ministerin faktisch schon aufgehoben wurde - wird ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Panikattacken auf Strukturen der Arzneimittelversorgung, die ihre Effizienz in vielen Stürmen bewährt haben, sind deshalb unbegründet.
Klaus G. Brauer
Konterchancen und Ablenkungsmanöver
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