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- DAZ 43/2001
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Die Seite 3
... sollte auch tagsüber problemlos laufen: die Arzneimittelsubstitution durch den Apotheker. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat ihren Gesetzentwurf, der u. a. dem Apotheker die Aut-idem-Substitution einräumt, sofern sie der Arzt nicht ausdrücklich ausschließt, auf den parlamentarischen Weg gebracht. Die Ministerin verspricht sich von der Arzneimittelauswahl durch den Apotheker, die im unteren Drittel des Preissegments stattfinden soll, eine Ausgabensenkung für die Krankenkassen um 500 bis 900 Mio. DM. Die ABDA-Vertreter und die Mehrzahl der Apothekerinnen und Apotheker signalisieren Zustimmung zu diesem Vorhaben. Sie fühlen sich kompetent, dazu beizutragen, solche Einsparungen zu realisieren, indem sie ein kostengünstiges (nicht das billigste, wie die Tagespresse schreibt) Fertigarzneimittel auswählen, wenn der Arzt Wirkstoff, Wirkstärke, Menge und Dosierung festgelegt hat.
Mit Recht kompetent. Nach einem achtsemestrigen Hochschulstudium, bei dem es sich nur um pharmazeutische Wissenschaften drehte, letztendlich das Arzneimittel im Mittelpunkt stand, sollte man es dem Fachmann Apotheker zutrauen dürfen, anhand der oben genannten ärztlichen Vorgaben ein Präparat herauszusuchen. Wie gesagt, im Nachtdienst ist dies bei uns schon heute erlaubt, im Ausland (Schweiz, Frankreich und Niederlande) ist es Tag und Nacht gängige Praxis. Nur in Deutschland mit seiner schon sprichwörtlichen Generikaflut muss sich der Apotheker tagsüber peinlich genau an die Verordnung des Arztes halten - und auch dessen Willkür mitmachen: heute ratio, morgen Stada, übermorgen ct. Da soll mir keiner weis machen wollen, auch nur ein Doktor informiert sich über Präparatequalität oder Bioverfügbarkeitsstudien, es zählt, was man in der Feder hat oder durch den Besuch des Pharmareferenten, unterstützt durch "Fließmittel", in die Feder bekommt.
Doch das Ansinnen der Ministerin, die Kompetenz der Arzneiauswahl auf den Apotheker zu übertragen, hat einen Sturm im medizinischen Wasserglas entfacht. Nach anfänglich positiver Reaktion der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (Ärzte kommen aus der politischen Schusslinie) hat sich das Blatt gewendet. Ärzteverbände samt Bundesärztekammern mauern, die Ärzte selbst fühlen sich entwertet, weil ihnen damit ein Stück der Therapiehoheit genommen werde. Man sorgt sich um den Patienten und seine Compliance. Befürchtet wird, dass der Patient verunsichert wird, wenn er bei jedem Apothekenbesuch eine andere Arzneipackung erhält.
Meine lieben Heilberufskollegen, möchte man da diesen Ärzten zurufen, wieso sorgt ihr euch jetzt um die Patienten? Habt ihr etwa nicht gewusst, dass der Apotheker schon seit einiger Zeit Importe (die zum Teil anders aussehen) auswählen und abgeben musste statt des von euch verordneten Originals? Und kaum ein Arzt hat diese Substitution bewusst ausgeschlossen - was er gekonnt hätte. Außerdem: habt ihr euch, gerade wenn das Budget wieder mal mächtig drückte, nicht allzu gerne von eurer Praxissoftware eines der billigsten Präparate vorschlagen lassen und verordnet? Heute die Firma X und morgen der Hersteller Y? Wir Apothekerinnen und Apotheker können ein Lied davon singen. Sich auf die Verordnungsweise des Arztes einzustellen, ist immer seltener möglich.
Doch nicht nur die Ärzte versuchen, diesen Punkt des Sparpakets zu verhindern. Auch Pharmahersteller und ihre Verbände machen massiv Front gegen aut idem. Der Deutsche Generikaverband ließ sogar ein Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des geplanten Gesetzgebungsverfahrens zur Aufhebung des Substitutionsverbotes ausarbeiten. Da ist von einem "heillosen Arzneimittel-Abgabechaos zu Lasten des Patienten mit fatalen Folgen für die Compliance" die Rede, von einer systematischen Vernichtung der Generikaindustrie, von unethischem Verhalten des Apothekers (weil er nur das für ihn günstigste Präparat einkauft) und vom Verlust der Therapiehoheit des Arztes.
Es ist höchste Zeit, dass sich unsere Berufsvertretung mal deutlich zu Wort meldet und dagegen hält. Eschborn verschickte zwar eine Pressemitteilung, in der Hermann Keller, der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands, die Bereitschaft der Apotheker zur Aut-idem-Substitution und die Vorteile einer solchen Regelung herausstrich, doch sollten da noch konkretere Hinweise von Seiten der ABDA in Richtung Pharmaverbände und Ärzte folgen, wie eine Aut-idem-Substitution sicher für die Compliance der Patienten geregelt werden kann. Wenn denn bald mal der Kaufrausch über die neuen ABDA-Villa in Berlin nachlässt, lassen sich genug Möglichkeiten und Argumente (Stichworte Kunden- und Patientenkarten, "Hausapotheke" u. a.). finden, mit denen man selbstsicher die Apothekerposition in dieser Sache vertreten kann.
Zum Thema Compliance und Arzneitherapie passt ausgezeichnet unser Titelbeitrag in dieser Ausgabe, der sich mit der psychischen Komponente der Therapie befasst. "Ein Arzneimittel ist mehr als ein durch die Substanz definierter Wirkstoff", heißt es da, "es wirkt auch durch die Art und Weise, wie es dem Patienten ausgehändigt wird." Schauen Sie sich diesen Beitrag an, es lohnt sich!
Peter Ditzel
Was nachts funktioniert ...
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