Kommentar

Tollhaus-Importe

Die Verbände (und Kammern) stehen vor keiner einfachen Aufgabe. Sie müssen ihren Mitgliedern das Klein-Klein von Aut-idem und neuer Importregelung – und das Zusammenspiel von beiden Regelungen – erklären. Auf der Suche nach dem verlorenen Sinn stößt man dabei unweigerlich auf viel Unsinn. Die neue Aut-idem-Regelung ist zwar noch nicht voll, aber schon ein bisschen anwendbar. Die Importregelung startet zum 1.4.2002 in der Variante, die uns per Schiedsstellenentscheid aufs Auge gedrückt worden ist – und die "wir alle so nicht gewollt haben", wie Ina Hofferberth, Geschäftführerin des LAV-Baden-Württemberg in Stuttgart richtig sagte. Trotzdem: Watt mutt, datt mutt. Allein für die Info-Veranstaltungen in Baden-Württemberg haben sich 3500 Apothekenleiter und Mitarbeiter angemeldet. Das zeigt, wie groß – zur Recht – die Unsicherheit ist.

Ein kleines Beispiel: Re- und Parallel-Importe gelten dem Gesundheitsministerium und den Krankenkassen zugleich als wirkstoffgleiche Arzneimittel, auf die die Aut-idem Regelung – in Konkurrenz zur Importquote – anzuwenden sei. Das kollidiert zwar dem Wortlaut des §129 und auch mit dem Schiedsstellenentscheid zur Substitution, der Importe und Generika getrennt behandelt. Auch die absurden Konsequenzen stören offensichtlich wenig. Wenn z.B. zu einem Original fünf oder mehr Importe in der Taxe gelistet sind, dürften Sie in Zukunft – selbst wenn Sie ihre Importquote schon erfüllt haben! – das Original überhaupt nicht mehr abgeben. Bravo! Das wäre die Komplettversorgung Deutschlands aus dem Ausland – wenn die Importe lieferbar sind. Wenn sie gelistet aber nicht lieferbar sind – macht nichts: sie dürfen dann trotzdem das Original nicht abgeben. Denn die Lieferfähigkeit ist zwar für die Abgabeverpflichtung von Importen ein Kriterium, bei den wirkstoffgleichen Arzneimitteln der Aut-idem-Regelung zählt sie nicht. Immerhin dürfen Sie hoffen, sollten sie ihren Patienten contra legem trotzdem mit dem deutschen Original versorgen, dass ihr Verband sie raushaut, wenn sie in Regress genommen worden sind. Im Tollhaus ist es gut, gute Freunde zu haben.

Klaus G. Brauer

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.