Kommentar

Gesundheitsreform: Heilberufler auf Konfrontationskurs zu Schmidt

Erstmals haben sich Apotheker, Ärzte und Zahnärzte auf gemeinsame Grundthesen zu kurzfristigen Reformmaßnahmen im Gesundheitswesen geeinigt. "Die Lage ist ernst", erklärte der Präsident der Bundeszahnärztekammer Jürgen Weitkamp, und so habe "echte Sorge" die Heilberufler zusammengebracht. Die drei Präsidenten der Heilberufskammern übten scharfe Kritik an den Reformvorschlägen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und machten deutlich, dass sie nichts von staatlichen Regulierungen und einer "Durchökonomisierung" des Gesundheitswesens halten.

Die Kammerpräsidenten nutzten am 16. April das Podium der Berliner Bundespressekonferenz um der Öffentlichkeit ihre Position in der gesundheitspolitischen Debatte deutlich zu machen. Dabei distanzierten sie sich klar von den Reformüberlegungen der Ministerin. Anlass, sich zum ersten Mal in dieser Art zu verbünden, sei die auf Zuteilung gerichtete Umorientierung in der Gesundheitspolitik, so der Präsident der Bundesärztekammer Jörg-Dietrich Hoppe.

Eine "Medizin nach Programm" sei in Vorbereitung - und damit die individuelle Therapie in Gefahr. Dabei machte er jedoch deutlich, dass die Leitlinien, nach denen Schmidt die medizinische Versorgung ausrichten will, durchaus hilfreich seien. Sie seien ein "Korridor" für Ärzte und Patienten, dürften aber nicht zu einer "Checklisten-Medizin" führen. Die individuelle Situation des Patienten müsse stets im Vordergrund stehen.

Metzger: Widerstand gegen Merkantilisierung

Der Präsident der Bundesapothekerkammer Johannes Metzger warf Schmidt vor, einen "Systembruch" vorzubereiten. "Wir stehen für Widerstand gegen die Merkantilisierung des Gesundheitswesens", erklärte Metzger, denn der Verlierer werde dabei der Patient sein. So sei auch die Zulassung des Arzneimittelversandhandels ein typisches Instrument zur Deregulierung des Marktes. Die Patienten würden dabei in ihrer Verunsicherung über unterschiedliche Medikamentenpreise alleine gelassen. Auch Hoppe machte seine Position zum Arzneimittelversand deutlich: "Ich möchte nicht, dass die Patienten ohne Beratung Medikamente schlucken - zumal wenn sie wirksam sind".

Offener Dialog statt "Expertokratie"

Mit den diversen derzeit aktiven Sachverständigen und Gutachtern gingen die Kammerpräsidenten ebenfalls hart ins Gericht. Hoppe prangerte die herrschende "Expertokratie" an, insbesondere, dass die Ergebnisse der verschiedenen Gutachten oftmals einfach hingenommen statt diskutiert würden. Der Ärzte-Chef mutmaßte, dass die Forderungen nach neuen Instituten zur Bewertung von medizinischer Qualität und Arzneimitteln nicht ganz uneigennützig seien: die dort zu besetzenden Posten seien so geschnitten, dass sie allzu gut "auf die Herren passen, die die Gutachten geschrieben haben".

Sieben Schritte auf dem Weg zur Gesundheitsreform

Konkret haben die Kammerpräsidenten "sieben Schritte auf dem Weg zur Gesundheitsreform" erarbeitet. Ihre gemeinsamen Forderungen sind:

  • Die Beibehaltung der freien Wahl des Arztes, Apothekers und der Krankenversicherung,
  • ein Solidarsystem, das mit den demografischen, medizinischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Einklang steht,
  • der Erhalt des Wettbewerbs zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung, insbesondere der Erhalt der "Friedensgrenze",
  • mehr Transparenz sowie die Stärkung der Eigen- und Kostenverantwortung der Patienten durch sozialverträgliche Selbstbeteiligung - für medizinisch Notwendiges muss die Solidargemeinschaft jedoch weiterhin aufkommen,
  • die Einführung von diagnoseorientierten Festzuschüssen in geeigneten Leistungsbereichen,
  • Zuzahlungen für darüber hinausgehende Leistungen
  • das optionale Angebot einer Kostenerstattung.

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