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- AZ 22/2002
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Kommentar
Wo war der Aufschrei?
Presseagenturen meldeten am vergangenen Donnerstag: "Schmidt droht Apothekern". In den Tagesnachrichten war zu lesen, dass die Bundesgesundheitsministerin mit Sanktionen gegen Apotheker vorgehen wolle, "die Patienten bestimmter Krankenkassen nicht mehr bedienen wollen". Angesprochen waren damit die Apotheken im Rhein-Sieg-Kreis, die angekündigt hatten, Rezepte von Versicherten der Gmünder Ersatzkasse (GEK) "nicht mehr einzulösen", so die Pressemeldung in den Zeitungen, "weil die GEK die Kosten für ärztlich verordnete, per Internet im Ausland bestellte Medikamente erstattet".
Ganz abgesehen davon, dass die Apotheken nie angekündigt hatten, Rezepte nicht mehr einzulösen, sondern die GKV-Rezepte dieser Versicherten lediglich wie Privatrezepte zu behandeln, also zu beliefern, allerdings gegen Barzahlung, so verwundert doch massiv das Verhalten unserer Ministerin. Wo war denn der Aufschrei und die ministeriale Androhung von Sanktionen, als der BKK Landesverband Bayern ankündigte, einen Vertrag mit der niederländischen Versandapotheke DocMorris zu schließen und die BKK-Versicherten darauf hinzuweisen, ihre Arzneimittel doch per Internet in den Niederlanden zu bestellen? Immerhin ging es dabei nicht um einen kleinen (und nur angekündigten, nicht vollzogenen) Vertragsbruch, wie bei den Apotheken im Raum Bonn-Rhein-Sieg, sondern um einen handfesten und auch ausgeführten Gesetzesverstoß. Ist da die Ministerin nur miserabel informiert, blickt sie da selbst nicht mehr durch oder hat das Ganze bereits System?
Was auf der Linie des Ministeriums liegt, auch gesetzeswidrig wie der Versandhandel, wird geduldet und akzeptiert, was sich aber an geltendem Recht orientiert und wer die Gesetze in Deutschland verteidigt (Versandverbot für Arzneimittel im Arzneimittelgesetz), wird mit Sanktionen bedroht. Wie tief ist diese Regierung gesunken?
Ich habe vollstes Verständnis für die Kolleginnen und Kollegen in St. Augustin, die mutig waren, ein Signal zu setzen. Bayerns Sozialministerin Stewens hat jetzt den BKK Landesverband verpflichtet, sein gesetzwidriges Tun zu unterlassen. Apropos Stewens: warum nicht bald "Bundesgesundheitsministerin Stewens"?
Peter Ditzel
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