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Kommentar
Emnid-Umfrage zur Gesundheitspolitik: Alle wollen Reformen - doch das Vertrauen
Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Emnid hatte Anfang August im Auftrag des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) fast 2000 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger zu ihrer Einschätzung der Gesundheitspolitik und der Arzneimittelversorgung befragt. Cornelia Yzer, VFA-Hauptgeschäftsführerin, stellte die Ergebnisse der Studie am 17. September in Berlin vor. In Schulnoten ausgedrückt erteilen die Befragten dem deutschen Gesundheitswesen eine gutes "befriedigend" (2,9). Die Gesundheitsversorgung durch niedergelassene Ärzte wurde durchschnittlich mit einer 2,5 bewertet, die Arzneimittelversorgung mit einer 2,6. Weniger zufrieden sind die Bürger mit dem Beitrag-Leistungs-Verhältnis der Krankenkassen: Nur 29 Prozent finden dieses gut oder sehr gut, als Durchschnittsnote gibt es für diesen Teilbereich eine 3,2.
Wunsch nach mehr Mitsprache und Transparenz
Von einer Gesundheitsreform wünschen sich die Befragten vor allem mehr Mitspracherechte bei der individuellen Ausgestaltung ihres Versicherungsschutzes und den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten (jeweils 82 Prozent). 68 Prozent hätten gerne mehr Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung über Krankheiten und Behandlungsmöglichkeiten (z. B. über das Internet). Mehr Kostentransparenz, etwa durch eine regelmäßige Aufstellung über erbrachte Leistungen ihres Arztes und deren Kosten, würden 80 Prozent begrüßen. Überwiegend positiv bewerteten die Befragen auch einen intensiveren Wettbewerb zwischen den Krankenkassen (87 Prozent) und den Leistungserbringern (77 Prozent).
Auf innovative Arzneimittel will keiner verzichten
Innovative Arzneimittel zur Behandlung chronischer und schwerwiegender Erkrankungen halten 88 Prozent der Bevölkerung für unverzichtbar. 81 Prozent sprechen sich auch klar dafür aus, dass Einsparungen bei den Krankenkassen nicht zu Lasten moderner Arzneimittel gehen dürften. Wenn in diesem Bereich gespart werden müsste, so wären die Versicherten eher bereit, die Kosten für Medikamente bei geringfügigen Krankheiten selbst zu tragen, wenn sie sich im Gegenzug sicher sein können, bei schweren Krankheiten moderne Präparate erstattet zu bekommen (83 Prozent). Von denjenigen Befragten, die seit Januar 2002 in ärztlicher Behandlung waren, erlebten 7,5 Prozent, dass die Verordnung eines Arzneimittel abgelehnt wurde. Bei 2,1 Prozent wurde eine Verordnung verschoben. Gut 50 Prozent der Betroffenen bekamen statt dessen ein anderes Medikament verschrieben.
Was jetzt passieren muss ...
Das Fazit der VFA-Chefin: "Das Vertrauen in das deutsche Gesundheitswesen ist zerrüttet". Die Ergebnisse zeigten, dass den Menschen das "ständige Drehen einzelner Schräubchen an einzelnen Teilen des Systems" nicht mehr ausreiche. Die Politik sei daher nach der Wahl "gefordert, das Gesundheitswesen zu therapieren", erklärte Yzer. Und zwar "konsequenter, umfassender und schneller" als bisher geplant. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt findet die Umfrageergebnisse hingegen weniger dramatisch. Im Gegenteil, sie sieht den gesundheitspolitischen Kurs der Bundesregierung bestätigt: Ihre Maßnahmen hätten Qualität und Wirtschaftlichkeit gesteigert - darauf werde man in der kommenden Legislaturperiode aufbauen. Besonders bemerkenswert findet die Ministerin übrigens, dass der Regierung mehr gesundheitspolitische Kompetenz zugesprochen wurde als der Opposition.
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