Kommentar

Beitragssatzsicherungsgesetz: Apotheken als Rabatteintreiber - Konflikte vorprog

Stuttgart (whi). Nachdem der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat mit der Mehrheit der Vertreter der Regierungskoalition am vergangenen Donnerstag das Beitragssatzsicherungsgesetz bestätigt hat, wird es immer wahrscheinlicher, dass die Rabattregelung zum 1. Januar 2003 in Kraft tritt und in der Praxis umgesetzt werden muss. Damit kommen die Apotheken in die Situation, dass die Krankenkassen die anfallenden Hersteller- und Großhandelsrabatte einbehalten und die Apotheken diese Beträge von Herstellern und Großhändlern erstatten lassen müssen. Hier zeichnen sich Ų offensichtlich nicht ganz unbeeinflusst von den erwarteten strukturellen Veränderungen in der Arzneimittelversorgung Ų beträchtliche Konflikte zwischen Großhandel und Apotheken einerseits und Großhandel und Herstellern andererseits ab.

In Bezug auf die Rabattabwicklung sieht das Gesetz als Grundnorm die Apotheke als zentralen Entscheider und Handelnden: - Die Apotheke entscheidet, wie sie den Rabatt abrechnet, z. B. über einen Großhandel ihres Vertrauens, über ein Apothekenrechenzentrum, über den Steuerberater etc. - Die Apotheke hat die Pflicht, die Berechtigung zur Erstattung des Abschlags nachzuweisen. - Die Apotheke hat das Recht, ausstehende Rabattzahlungen mit fälligen Zahlungen an den Großhandel zu verrechnen. Die zentrale Rolle der Apotheken scheint, so die Einschätzung von Beobachtern, vor dem Hintergrund eigener strategischer Überlegungen beim pharmazeutischen Großhandel und einzelnen Herstellern geflissentlich überlesen zu werden. Unverständlich ist vor diesem Hintergrund auch, dass eine Reihe von Apothekerverbänden entgegen der Interessenslage der Apotheken und ohne genaue Kenntnis der Verfahren die Großhändler offensichtlich bereits als Rabattabwickler akzeptiert haben. Einen konkreten Vorschlag zur Abwicklung der Rabatte hat in der letzten Woche der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – vorgelegt. Im Kern beinhaltet dieser Vorschlag, dass diejenigen Großhandlungen, die Hauptlieferant der Apotheken sind, vom Apothekenrechenzentrum die Abrechnungsdaten der Apotheken erhalten. Die Großhandlungen wandeln diese apothekenbezogenen Daten in herstellerbezogene Daten um und rechnen die Rabatte mit den Herstellern ab.

Beobachter sehen in diesem Vorstoß des PHAGRO die Umsetzung des PHAGRO-Verbandsziels, die Rolle der Großhandlungen als Mittler zwischen Industrie und Apotheken zu stärken. Dies könne aber nur zu Lasten der Apotheken und der Hersteller geschehen: Mit den Daten der Apothekenrechenzentren erhielten die Großhandlungen im Vorfeld der erwarteten strukturellen Änderungen in der Arzneimittelversorgung (Versandhandel und Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes) äußerst wichtige Informationen für strategische Unternehmensentscheidungen. Als gravierender Nachteil dieses Ansatzes aus Apothekensicht wird bemängelt, dass der Großhandel mit den Abrechnungsdaten eine Fülle von Informationen über das Einkaufsverhalten der Apotheken erhält, der Großhandelswechsel erschwert wird und dass mit diesem Verfahren die Apotheken die Abrechnungskontrolle weitgehend aus der Hand geben.

Befürchtet wird ferner, dass der Großhandel den Apotheken Beträge nicht erstattet, sofern Hersteller die Zahlung verweigern, den Apotheken aber die Möglichkeit der Verrechnung ausstehender Rabatte nach § 130 a Absatz 7 wegen der fehlenden Detailinformationen genommen ist. Auch müssten die Hersteller oder Apotheken sämtliche Direktbezüge gegenüber dem Großhandel offen legen. Auch dies ist nicht zu erwarten. Dem Vernehmen nach soll es innerhalb des Großhandels Bestrebungen geben, die Zweit- und Drittbelieferung wegen der sich aus dem Beitragssatzsicherungsgesetz ergebenden Mindestrabatte einzustellen. Zumindest wurden derartige Pläne von Großhandelsvertretern gegenüber einzelnen Apotheken geäußert. Apothekeninhaber befürchten, damit in eine wesentlich größere Abhängigkeit vom Hauptlieferanten zu geraten als bisher. Unverständnis ruft derzeit auch das Verhalten einzelner Hersteller wie Aventis hervor, die sich voreilig auf eine Abwicklung über den Großhandel festgelegt haben. Die hierfür angeführten Argumente wie die "fehlende Geschäftsbeziehung zu den Apotheken und den Rechenzentren" gelten als wenig überzeugend. Gemutmaßt wird, dass Aventis sich durch die Unterstützung des Großhandels Wettbewerbsvorteile für seine Produkte unter geänderten Rahmenbedingungen verspricht. Ferner wurde ein Positionspapier des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) bekannt, das sich ausführlich damit auseinandersetzt, wann genau welcher Rabatt anfällt, wie die Festlegung der rabattierpflichtigen Produkte erfolgt und welche Anforderungen aus Sicht der Hersteller an das Abrechnungsverfahren zu stellen sind. Einen ausführlichen Bericht über die aktuelle Diskussion zur Ausgestaltung des Abrechnungsverfahrens lesen Sie in der nächsten Ausgabe der DAZ.

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