Dermopharmazie

S. SchauderSonnenschutzmittel – Wirkungsweise,

Schon in der Sage des klassischen Altertums bestrich Helios, der Sonnengott, das Antlitz seines Sohnes Phaeton mit einer Salbe und "machte es dadurch geschickt, die glühenden Flammen der Sonne zu ertragen". Heute gibt es ein breites Spektrum an modernen Sonnenschutzmitteln. Sie verhindern Sonnenbrand, zögern Hautalterung und Bildung von lichtabhängigen Tumoren hinaus, mildern krankhaft gesteigerte Lichtreaktionen und schwächen Pigmentstörungen ab. Sie reduzieren die Folgen von lang anhaltender Immunsuppression, z. B. nach Organtransplantation, sowie die Nachwirkungen von Röntgenbestrahlungen. Deswegen werden Sonnenschutzmittel von Hautgesunden und Kranken verwendet.

Wellenlängenbereiche des Lichtes – Akute Schäden

Die verschiedenen Wellenlängenbereiche des Lichtes (Abb. 1) wirken auf die Haut in unterschiedlicher Weise:

  • Infrarot-Strahlung (IR, Wellenlänge 780 – 5000 nm) führt durch Abgabe von Wärmeenergie zu einer Erweiterung der Blutgefäße in der Haut. Die vom Blut aufgenommene und in das Körperinnere weitergeleitete Wärme kann je nach Intensität und Hautpigmentierung die Kerntemperatur des Körpers erhöhen, was unter Umständen zum Hirnödem mit tödlichem Ausgang führt (Hitzschlag).
  • Die Ultraviolett-B-Strahlung (UV-B, Wellenlänge 280 – 315 nm) ist zur Bildung von Vitamin D und zur Hautbräunung durch verzögerte Pigmentierung erforderlich; bei zu starker Sonnenexposition ist sie im wesentlichen für den Sonnenbrand verantwortlich.
  • Die Ultraviolett-A-Strahlung (UV-A, Wellenlänge 315 – 400 nm) führt sowohl zu einer Sofort- als auch zu einer verzögerten Pigmentierung. Es dringt tiefer in die Haut ein und verursacht häufig krankhaft gesteigerte Lichtreaktionen.
  • Das sichtbare Licht (Wellenlänge 400 – 780 nm) trägt nur in geringem Maße zu Hautschäden bei.

Chronische Hautschäden durch Sonnenlicht

An der lichtbedingten Alterung und Tumorbildung der Haut ist vorwiegend UV-B, zu einem gewissen Anteil aber auch UV-A und IR beteiligt. Basaliome und Plattenepithel-Karzinome sind fast ausschließlich durch chronische Lichteinwirkung bedingt, während die Entstehung des malignen Melanoms durch kurzfristig vermehrte Sonnenexposition, besonders durch wiederholten Sonnenbrand in der Kindheit und Jugend, begünstigt wird.

Je weniger die Haut dem Sonnenlicht angepasst ist, desto größer ist die Gefahr eines schweren Sonnenbrandes (Abb. 2). So sind Kinder, deren Haut in unseren Breiten nur mäßig sonnengewöhnt ist und die dann in den Ferien einer starken UV-Strahlung ausgesetzt sind, besonders gefährdet. Weitere Risikofaktoren für die Entwicklung eines Melanoms sind Hauttyp I und II (Abb. 3) sowie eine größere Anzahl von Pigmentmalen (Naevuszellnaevi), deren unregelmäßige Form und Farbe sowie deren Größe (> 1 cm).

Zur Einschätzung der Gefahr durch Sonnenexposition hat sich der internationale UV-Index (UVI) als Maß für den Tageshöchstwert sonnenbrandwirksamer UV-Strahlung bewährt. Je höher der UVI, desto größer ist das Sonnenbrandrisiko. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) stellt die aktuellen Werte in das Internet: www.bfs.de/uvi/index.htm.

Zur Vorbeugung von Hautschäden wird das Meiden der Sonne zwischen 11.00 und 14.00 Uhr Ortszeit (bei der Zonenzeit, insbesondere bei der Sommerzeit sind die teils erheblichen Abweichungen von der Ortszeit zu beachten), der Schutz durch Textilien, breitkrempige Hüte mit Seiten- und Nackenschutz sowie durch Sonnenschutzmittel empfohlen.

Eigenschaften von Sonnenschutzmitteln

Seit mehr als 60 Jahren sind Sonnenschutzmittel auf dem Markt erhältlich. Sicherheit und Wirksamkeit dieser Produkte sind abhängig von der Art und Menge der Wirkstoffe und dem Typ der Formulierung. Dabei muss auf das Zusammenspiel von öl- und wasserlöslichen Wirksubstanzen geachtet werden.

Sonnenschutzmittel wirken durch chemischen und/oder physikalischen Sonnenschutz (Abb. 4). Wie andere Kosmetika enthalten sie oft Duftstoffe, Konservierungsmittel, Antioxidanzien und Emulgatoren, die zu Unverträglichkeitsreaktionen führen können.

Moderne Sonnenschutzmittel haben folgende Eigenschaften:

  • hohe Sonnenschutzfaktoren (SSF) im UV-B,
  • Sonnenschutz im UV-A,
  • Stabilität gegenüber UV-Strahlen (Photostabilität),
  • Wasserresistenz,
  • einen geringeren Anteil an chemischen, UV-absorbierenden Filtern (chemischer Sonnenschutz) und
  • einen höheren Anteil an Mikropigmenten (physikalischer Sonnenschutz).

Spezielle Sonnenschutzmittel

Sonnenschutzmittel für die sensible Haut enthalten meist keine potenziellen (Photo-)Allergene oder (Photo-)Irritanzien, wie z. B. chemische UV-Filter, Duftstoffe, Konservierungsmittel und Emulgatoren. Sonnenschutzmittel für Kinder bieten meist zusätzlich eine Wasserresistenz. Diese Eigenschaft wird auch von sportlich Aktiven gefordert, die sich trotz Schwimmens und Schwitzens vor Sonnenbrand schützen wollen.

"Winter und Ski"-Produkte bestehen meist aus einer Wasser-in-Öl-Grundlage, um eine Austrocknung der Haut zu verhindern. Selbstbräunungsmittel enthalten neben dem Wirkstoff Dihydroxyaceton oft zusätzlich UV-Filter. Dihydroxyaceton, das mit den oberflächlichen Hautproteinen reagiert und dadurch braune Polymere bildet, schützt im Bereich von UV-A und von kurzwelligem sichtbarem Licht und hat sich in gewissem Ausmaß bei der polymorphen Lichtdermatose und der Lichturtikaria bewährt.

In Haarkosmetika sollen UV-Filter, wie Benzophenone, vor Ausbleichen und Brüchigkeit schützen. Lipid- und emulgatorfreie Hydrogele werden gegen die Entwicklung von Mallorca-Akne angeboten. Lippenstifte mit Sonnenschutz sollen u. a. Herpes solaris an den Lippen verhindern.

Make-up-Camouflage-Präparate mit Pigmenten sind geeignet, Vitiligoherde, Radioderme, UV-verschlechterte Dermatosen wie Lupus erythematodes und Rosazea oder Hautareale, von denen gerade solare Keratosen entfernt wurden, abzudecken sowie diese Stellen der übrigen Haut farblich anzugleichen und vor Sonne zu schützen. In Japan wurde nachgewiesen, dass Frauen, die seit Jahrzehnten regelmäßig pigmenthaltiges Make-up (zugleich physikalischer Sonnenschutz) verwendeten, sehr viel seltener solare Keratosen entwickelten als Frauen ohne diese Vorgeschichte. (In Japan gilt helle Haut als besonders attraktiv.)

Topische Schutzmittel gegen UV-C-Strahlen (200 – 280 nm), die nicht von der Sonne bis zur Erdoberfläche gelangen, wurden entwickelt, um die berufsbedingte Exposition gegenüber künstlichen UV-Quellen, z. B. beim Schweißen oder Sterilisieren, zu reduzieren.

Abgesehen von diesen speziellen Sonnenschutzmitteln sind Hunderte von Kosmetika zur täglichen Hautpflege auf dem Markt erhältlich, die aufgrund von UV-Filtern die vorzeitige Lichtalterung der Haut verhindern sollen.

Haltbarkeit von Sonnenschutzmitteln

Unangebrochene Packungen, die kein offensichtliches Mindesthaltbarkeitsdatum tragen, müssen mindestens für drei Jahre haltbar sein. Dem Kenner verrät ein Blick auf den Falz der Tube oder die Rückseite der Dose neben der Seriennummer auch das diskret eingeprägte Haltbarkeitsdatum. So kann man der Nummer 04 2005 entnehmen, dass das unangebrochene Produkt mindestens bis April 2005 haltbar ist.

Angebrochene Sonnenschutzmittel können innerhalb dieses Zeitraumes weiter verwendet werden, wenn sie nicht ranzig riechen, sich gut verteilen lassen, ihre Farbe unverändert geblieben ist und sich ölige und wässrige Bestandteile nicht getrennt haben.

Rezeptierte Sonnenschutzmittel

Patienten mit schwerer atopischer Dermatitis, Ichthyosis, chronisch aktinischer Dermatitis etc. vertragen manchmal keine handelsüblichen Sonnenschutzmittel, haben dagegen gute Erfahrungen gemacht mit Basisformulierungen wie Unguentum leniens, Eucerin cum aqua, Basiscreme DAC, Abitima Creme, Asche Basis Creme oder Silikoderm F Salbe.

In solche individuell bewährte Basisformulierungen kann man physikalischen Sonnenschutz in Form von mikronisiertem Titandioxid (Hélioside, Pierre Fabre, Frankreich, maximal 25%) und/oder mikronisiertem Zinkoxid (Rheox, Europa, Sunsmart, USA, maximal 25%) rezeptieren. Aufgrund von abgestuften Belichtungen mit UV-B und UV-A lässt sich der individuelle Schutzfaktor in diesen Wellenlängenbereichen feststellen.

Selbstgemixte Sonnencremes

Die galenischen Schwierigkeiten bei der professionellen Herstellung von Sonnenschutzmitteln sowie die erforderlichen Kenntnisse bei der Beurteilung der Wirksamkeit (SSF UV-B, UV-A-Schutz) legen nahe, dass man als Hautgesunder von selbstgemixten Sonnencremes besser Abstand nimmt. Zum Selbermixen werden die üblichen wasserlöslichen (Sofi W) und öllöslichen (Sofi O) chemischen UV-Filter angeboten [4]. Bei dem öllöslichen Filter handelt es sich um den Zimtsäureester Octyl Methoxycinnamate (s. u.).

Natürliche Sonnenschutzmittel

Das Bestreichen der frei getragenen Haut mit Farbpigmenten und Lehm dient in manchen Regionen Afrikas nicht nur zur Zierde, sondern auch zum Lichtschutz. In südeuropäischen Ländern wird Bergamotte-, Limonen- oder Zitronenöl mit Olivenöl gemischt und zur körpereigenen Bräunung auf die Haut aufgetragen. Abgesehen von der Gefahr einer kosmetisch störenden, bräunlichen Streifenbildung der Haut, entsteht bei diesem Verfahren die Pigmentierung aufgrund von phototoxischen Reaktionen durch das Zusammenwirken von UV-A und pflanzlichen Psoralenen. Aus diesen Gründen sind inzwischen derartige Psoralene in handelsüblichen Sonnenschutzmitteln verboten worden.

Der Talgfilm der Haut bietet einen gewissen Sonnenschutz. Seltenes Waschen und Verzicht auf Peeling fördert die Filmdicke. Gamma-Oryzanol (aus Reis gewonnnen) regt die Talgdrüsen an und schützt durch vermehrte Produktion eines Talgfilms etwas vor Sonnestrahlen.

Neuerdings wurde gezeigt, dass die Antioxidanzien wie z. B. Vitamin C und E sowie die Spurenelemente Magnesium und Selen den oxidativen Stress durch UV-A in vitro und in vivo reduzieren. Vitamin E und seine Abkömmlinge erwiesen sich nach Lokalanwendung jedoch nur in geringem Maß als lichtschützend. Generell bieten topische Präparate, die allein aufgrund von Antioxidanzien wirken, keinen ausreichenden Sonnenschutz. Antioxidanzien sollten deshalb in Verbindung mit chemischem und/oder physikalischem Sonnenschutz verwendet werden.

Betacaroten hat zwar nach lokaler Anwendung keine lichtschützende Wirkung, aber in geringem Ausmaß nach Einnahme (wegen der Gefahr der Entwicklung eines Bronchialkarzinoms für Raucher kontraindiziert). Auch der regelmäßige Verzehr des Carotinoids Lycopin (in Tomaten enthalten) hat einen photoprotektiven Effekt, wie in kontrollierten Studien festgestellt wurde.

Gerbstoffe wie Tannin verdichten die obersten Hautschichten und machen sie so etwas undurchdringlicher gegenüber UV-Strahlen. Ein Extrakt von schwarzem Tee mit polyphenolischen Verbindungen (BTF1 und BTF2) wurde in unterschiedlichen Versuchsreihen einmal vor und einmal direkt nach UV-Bestrahlungen auf die Haut aufgetragen. In jedem Fall konnte das UV-Erythem verhindert oder abgeschwächt werden.

Wie wirkt physikalischer Sonnenschutz?

Als physikalischen Sonnenschutz verwendet man heutzutage überwiegend anorganische Mikropigmente wie Zinkoxid und Titandioxid mit einem Durchmesser von 10 bis 100 nm; sie streuen, reflektieren und absorbieren die UV-Strahlen (Abb. 4).

Der Vorteil dieser Mikropigmente liegt darin, dass sie ein breites Wirkungsspektrum im UV-A und im UV-B haben. Im Gegensatz zu organischen Filtern rufen sie keine Unverträglichkeitsreaktionen hervor und dringen nicht in die lebenden Hautschichten ein. Sie werden zunehmend in Verbindung mit chemischen Filtern verwendet, um deren Gehalt in den Präparaten herabzusetzen und dennoch den Schutzfaktor zu erhöhen.

Nachteilig ist das Weißeln der Mikropigmente und die Schwierigkeit, sie in kosmetische Grundlagen einzuarbeiten. Sie müssen von einer Hülle umgeben sein, damit sie nicht verklumpen und ihre Wirksamkeit verlieren. Trotz der galenischen Probleme beruht inzwischen der Sonnenschutz einiger Präparate allein auf mikronisiertem Zinkoxid und Titandioxid (s. Tab. 1). Mineralische Deckpigmente mit größerer Partikelgröße (>100 nm) reflektieren und streuen vor allem sichtbares Licht. Sie werden in Sonnenschutzmitteln und in Make-up-Präparaten verwendet.

Wie wirkt chemischer Sonnenschutz?

In einem Sonnenschutzmittel werden bis zu vier chemische UV-Filter eingesetzt,

  • um einen breiten und hohen Schutz gegen UV-B- und im UV-A-Strahlung zu gewährleisten,
  • um UV-Filter, die sich durch Licht zersetzen, zu stabilisieren, und
  • um eine gute Verteilung der Wirksubstanzen in Öl-in-Wasser-Emulsionen oder in Wasser-in-Öl-Emulsionen zu erreichen.

Chemische UV-Filter sollen schädigende UV-Energie durch Absorption (Abb. 4) in harmlose infrarote Wärmestrahlung umwandeln. Wenn sie nicht photostabil sind, unterliegen sie photochemischen Umwandlungen. Dadurch verlieren sie ihre Wirksamkeit, können zur Bildung von reaktivem Sauerstoff führen, aber auch phototoxische und photoallergische Reaktionen hervorrufen.

Die meisten chemischen UV-Filter absorbieren in einem schmalen Wellenlängenbereich: Es absorbieren

  • im UV-B-Bereich z. B. Zimtsäureester und PABA-Derivate,
  • im UV-A-Bereich Butyl Methoxy Dibenzoylmethane sowie Terephthalylidene Dicamphor Sulfonic Acid (INCI-Bezeichnungen),
  • im UV-A- und im UV-B-Bereich z. B. Benzophenone und Drometrizole Trisiloxane.

Bei den chemischen UV-Filtern ist besonders auf Photostabilität und starke Absorption der schädigenden UV-Strahlen zu achten. Photostabil und sehr wirksam sind z. B. Terephthalylidene Sulfonic Acid (s. o.), Drometrizole Trisiloxane (s. o.) und Octocrylene (UV-B-absorbierend). Octocrylene und Methylbenzylidene Camphor (UV-B-absorbierend) stabilisieren außerdem den photo-instabilen UV-A-Filter Butyl-Methoxy-Dibenzoylmethane.

Durch Ausnutzung der synergistischen Effekte von verschiedenen absorbierenden Substanzen kann man die Konzentration von chemischen Filtern herabsetzen. Dies ist wünschenswert, weil die Auslösung von Allergie und Photoallergie durch UV-absorbierende Substanzen unter anderem von deren Konzentration im Präparat abhängt.

Chemische UV-Filter werden nicht nur zum Haut-, sondern auch zum Produktschutz eingesetzt, um den Wirkstoff, den Duft oder die Farbe vor UV-bedingter Zersetzung oder Ausbleichung zu schützen. Sie sind in Nagellack, Nagellackentfernern, Schaumbädern, Shampoos, Parfüms und Rasierwässern zu finden.

Sonnenschutzfaktor in Theorie und Praxis

Zur Bewertung der Sonnenschutzmittel wurde bereits 1956 von Rudolf Schulze der Begriff "Sonnenschutzfaktor" (SSF) eingeführt. Nach der von ihm entwickelten Methode gibt der SSF UV-B das Verhältnis der UV-B-Bestrahlungszeiten an, die man benötigt, um mit bzw. ohne Sonnenschutz innerhalb von 24 Stunden ein gerade noch sichtbares Erythem zu erzeugen (Erythemschwellenzeit):

SSF UV-B = Erythemschwellenzeit mit Sonnenschutz/ Erythemschwellenzeit ohne Sonnenschutz

Vereinfacht ausgedrückt gibt der SSF UV-B an, wie viel länger man sich nach Anwendung eines Lichtschutzmittels in der Sonne aufhalten kann, bis ein UV-Erythem entsteht. Die für den Test vorgeschriebene Auftragmenge von 2 mg/cm² (ca. 30 ml für die sonnenexponierte Körperoberfläche) entspricht nicht der Realität, denn der Verbraucher wendet von dem Sonnenschutzmittel höchstens 1 mg/cm² an. Demnach liegen die angegebenen SSF höher, als sie bei der Anwendung zu erwarten sind.

Im übrigen müsste der SSF UV-B eigentlich Sonnenbrandschutzfaktor heißen, denn sein biologischer Endpunkt ist das UV-Erythem. Er sagt nichts über den Schutz gegenüber UV-bedingter Hautalterung, Tumorentwicklung oder Immunsuppression aus. Mit Hilfe von aufwendigen Techniken, jedoch keineswegs routinemäßig, werden auch diese biologischen Endpunkte zur Beurteilung der Wirksamkeit von Sonnenschutzmitteln herangezogen. Ein Auswahlschema des SSF UV-B in Abhängigkeit vom Hauttyp und der Sonnenintensität ist Abbildung 3 zu entnehmen.

UV-A-Schutz nicht vergessen!

Hohe Sonnenschutzfaktoren im UV-B schwächen das wohlbekannte Alarmsignal des Sonnenbrandes ab und verleiten deshalb zu verlängertem Aufenthalt in der Sonne. Das ist gefährlich, wenn das Sonnenschutzmittel keinen oder nur einen geringen Schutz im UV-A bietet. Daher gilt inzwischen die Regel:

Je höher der SSF UV-B eines Präparates ist, desto besser muss der UV-A-Schutz sein. Da sich das Verhältnis von UV-A zu UV-B im Licht wie 1 : 100 bis 1 : 500 (je nach Tageszeit) verhält, sind die entsprechenden UV-A-Dosen beträchtlich.

Im Gegensatz zum SSF UV-B ist die Bestimmung des Schutzes gegen UV-A noch nicht standardisiert. Da zur Erzeugung eines UV-A-Erythems etwa die 1000fache Dosis wie zur Erzeugung eines UV-B-Erythems erforderlich ist, also sehr lange Bestrahlungszeiten nötig wären, wird zur Beurteilung der Schutzwirkung gegen UV-A die persistierende Sofortpigmentierung als biologischer Endpunkt herangezogen (Persistent Pigment Darkening, PPD).

Es handelt sich dabei um eine graubraune Pigmentierung durch reversible Oxidation von Melanin-Vorstufen. Das auslösende Spektrum (Aktionsspektrum) liegt zwischen 300 und 430 nm mit einem Maximum bei 340 nm und reicht somit vom UV-B bis zum sichtbaren Licht. Wichtig ist, dass die Ablesung 2 Stunden nach der Bestrahlung erfolgt.

Der UV-A-Protektions-Faktor (PF UV-A) errechnet sich folgendermaßen:

PF UV-A = Sofortpigmentierungs-Schwellenzeit mit Sonnenschutz/ Sofortpigmentierungs-Schwellenzeit ohne Sonnenschutz

Trotz der fraglich Relevanz der Sofortpigmentierung für die Hautschädigung ist die PPD-Methode den In-vitro-Methoden vorzuziehen. In Deutschland wird die Wirksamkeit der Lichtschutzmittel im UV-A meistens aufgrund des In-vitro-Messverfahrens entsprechend dem Australischen Standard angegeben. Demnach absorbiert das Sonnenschutzmittel mindestens 90% der einfallenden UV-A-Strahlen zwischen 320 und 360 nm.

Insgesamt ist derzeit der UV-A-Schutz noch schwierig zu beurteilen. Die etablierten Methoden lassen sich nicht miteinander vergleichen, weil sie unterschiedliche Wellenlängenbereiche im UV-A-Spektrum verwenden bzw. unterschiedliche biologische Endpunkte berücksichtigen.

Wasserfestigkeit und Wasserbeständigkeit

Kinder, die gern planschen, sowie Jugendliche und Erwachsene, die sich sportlich betätigen oder durch körperliche Arbeit schwitzen, brauchen wasserbeständige oder -feste Sonnenschutzmittel. In südlichen Regionen, z. B. in der Karibik, kann man sich auch im Wasser einen Sonnenbrand zuziehen. Deshalb wurden wasserbeständige (water resistant) bzw. wasserfeste (water proof) Sonnenschutzmittel entwickelt.

In den Richtlinien der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) sind die Bedingungen, unter denen die Wasserbeständigkeit bzw. Wasserfestigkeit geprüft wird, genau festgelegt: Die Personen schwimmen dabei zweimal 20 Minuten (water resistant) oder viermal 20 Minuten (water proof) in einem Schwimmbecken. Der Sonnenschutzfaktor eines Sonnenschutzmittels, der vor und nach dem Schwimmen gemäß der FDA-Methode gemessen wird, darf sich dabei nicht wesentlich verändern. In Europa existieren noch keine verbindlichen Richtlinien zur Bestimmung der Wasserfestigkeit von Sonnenschutzmitteln. Verschiedene Varianten werden praktiziert.

Unter Anwendungsbedingungen gibt es wegen Abrieb, Wellen usw. keine wirkliche Wasserfestigkeit. Deshalb müssen auch wasserfeste Sonnenschutzmittel nach dem Schwimmen und Abtrocknen erneut aufgetragen werden. Die Schutzzeit verlängert sich allerdings dadurch nicht.

Nebenwirkungen von Sonnenschutzmitteln

Das Auftragen von Sonnenschutzmitteln in der Augenumgebung verursacht nicht selten Haut- und Augenbrennen. Diese Missempfindungen sind meist nicht mit sichtbaren Hautveränderungen verbunden.

Irritative Reaktionen

Konservierungsmittel, Antioxidanzien, Emulgatoren, chemische UV-Filter und Duftstoffe können irritative Reaktionen, d. h. Hautreizungen, auslösen. Sie können mehr oder weniger ausgeprägt bereits nach der ersten Berührung mit der Haut bei fast jedem auftreten, vorausgesetzt die Konzentration des Stoffes ist ausreichend.

Allergisches und photoallergisches Kontaktekzem

Wie das allergischen Kontaktekzem beginnt auch das entsprechende photoallergische Kontaktekzem als stark juckende, unscharf begrenzte Rötung, auf der sich innerhalb von 1 bis 3 Tagen Knötchen und Bläschen entwickeln können (Abb. 5). Im Verlauf kommt es gelegentlich zu Nässen, regelmäßig zur Schuppenbildung und bei längerem Bestehen zur Vergröberung der Hautfalten.

Die Lokalisation des allergischen Kontaktekzems entspricht der Verteilung des Sonnenschutzmittels auf der Haut. Das photoallergische Kontaktekzem dagegen findet sich nur an lichtexponierter Haut, die mit dem Sonnenschutzmittel in Berührung gekommen ist, weil zur Auslösung dieser Immunreaktion UV-A-Strahlen erforderlich sind. Die Diagnose "allergisches Kontaktekzem" durch Duftstoffe und Konservierungsmittel in Sonnenschutzmittel wird relativ häufig gestellt. Demgegenüber spielen chemische UV-Filter, Antioxidanzien und Emulgatoren als Auslöser eine untergeordnete Rolle.

Die Diagnose "photoallergisches Kontaktekzem" durch Sonnenschutzmittel wird dagegen nur gelegentlich gestellt. Das dürfte folgende Gründe haben:

  • Der zur Diagnose erforderliche Photopatch-Test bzw. belichtete Läppchentest wird fast nur in dermatologischen Zentren durchgeführt.
  • Bei bereits bestehenden lichtbedingten Hautkrankheiten werden zusätzliche Unverträglichkeitsreaktionen durch Sonnenschutzmittel leicht übersehen.

Bei (photo-)allergisch reagierenden Patienten kann der schädigende Inhaltsstoff durch entsprechende Hauttestungen mit und ohne zusätzliche Belichtung gefunden werden. Der Patient sollte diese Substanz mit ihrem INCI-Namen in den Allergieausweis eintragen lassen und Produkte, in denen sie enthalten ist, meiden (Abb. 6 und Abb. 7).

Mallorca-Akne

Lipide und Emulgatoren führen gelegentlich in Kombination mit UV-Strahlen zu einer Mallorca-Akne. Deswegen werden Sonnenschutzmittel angeboten, die frei von diesen Inhaltsstoffen sind.

Sonnenschutz für Säuglinge und Kleinkinder

Um immer höhere Sonnenschutzfaktoren zu erreichen, werden verschiedene Filtersubstanzen in Konzentrationen bis zu den zugelassenen Höchstgrenzen eingesetzt, ohne dass deren Interaktion genügend bekannt ist. Jedenfalls dringen chemische UV-Filter in die lebenden Hautschichten; dies ist auch eine Voraussetzung dafür, dass sie (Photo-) Allergien hervorrufen können. Ihre Aufnahme in das Blut und eventuelle systemische Effekte sind erst teilweise geklärt (s. u.).

Bei Säuglingen und Kleinkindern mit relativ großer Hautoberfläche und dadurch günstigen Resorptionsbedingungen sowie noch nicht voll ausgebildeter Entgiftungsfunktion der Leber sollte man äußerst zurückhaltend mit UV-Filter-haltigem Sonnenschutz sein. Für diese Gruppe ist das Meiden von intensiver Sonnenexposition und der Schutz durch Sonnenhut und entsprechende Kleidung sehr viel sinnvoller. Ansonsten sind Sonnenschutzmitteln zu bevorzugen, die ausschließlich aufgrund von anorganischen Mikropigmenten wirken und wasserfest sind.

Wirken chemische UV-Filter östrogen?

Wissenschaftler der Universität Zürich veröffentlichten 2001 ihre Beobachtungen über die östrogene Wirkung der weit verbreiteten chemischen UV-Filter Methylbenzylidene Camphor, Benzophenone-3, Homosalate, Octyl Dimethyl PABA und Octyl Methoxycinnamate.

Anlass dieser mittels In-vivo- und In-vitro-Methoden durchgeführten Untersuchungen war der Nachweis von chemischen UV-Filtern in Menschen (z. B. in der Muttermilch) und in Tieren. Diese Publikation führte zu einer großen Verunsicherung. Inzwischen haben die Autoren selbst zu der Interpretation ihrer Daten Stellung genommen und stellen fest, dass "die Befunde für eine Risikoeinschätzung nicht ausreichen. Aus den Ergebnissen lassen sich keine Rückschlüsse auf die Entstehung von Krebs oder auf Störung des Wachstums ziehen. Deshalb sind die Entscheidungen über den Einsatz oder Nichteinsatz bestimmter UV-Filter verfrüht."

Richtiges Verhalten in der Sonne

Die einfachste und sicherste Form des Sonnenschutzes ist das Meiden der Sonne. Dies empfiehlt sich, wenn der Schatten, den eine Person wirft, kürzer ist als sie selbst. Falls dies nicht möglich ist, sollte man mit Hüten und Kleidung die Sonnenexposition reduzieren (Abb. 8). Die schützende Wirkung von Textilien ist von der Farbe, Dicke und Art des Materials abhängig. Je weniger Sonnenlicht durch einen Stoff hindurchdringt, desto besser schützt er auch vor UV-Strahlen.

An das vorsichtige Verhalten gegenüber Sonne sollten schon Kinder und Jugendliche gewöhnt werden, da gerade Lichtschäden in dieser Altersgruppe besonders schwerwiegend sind. Nur die frei getragenen Regionen wie Gesicht und Hände sollten mit Lichtschutzmitteln behandelt werden. Für den übrigen Körper ist textiler Sonnenschutz sicherer und wirksamer.

Sonnenschutzmittel sollten weder den textilen Lichtschutz ersetzen noch zu einer verlängerten Sonnenexposition verleiten, weil sie keinen kompletten biologischen Schutz bieten. Sie sollten demnach ergänzend verwendet werden. Geeignet sind hierfür Sonnenschutzmittel mit hohen Sonnenschutzfaktoren (≥ 15) im UV-B- und hohem Schutz im UV-A-Bereich (s. Tab. 1).

Sonnenschutzmittel sollten gleichmäßig und dick aufgetragen werden. Zu achten ist insbesondere auf den Schutz von Ohren, Nacken, Kinn, Nasenflügel und Haaransatz. Besonders verträglich in der Augenumgebung sind unparfümierte Mittel mit Lichtschutzwirkung auf physikalischer Basis. Produkte, die allein aufgrund von Mikropigmenten wirken, schützen sofort nach dem Auftragen, während solche mit chemischen UV-Filtern erst 20 bis 30 Minuten danach ihre volle Wirkung entfalten. Demnach sollten letztere etwa 30 Minuten vor der Sonnenexposition angewandt werden. Zu wiederholen ist in jedem Fall das Auftragen nach ca. 20 Minuten, um die erwünschte Schichtdicke zu erreichen.

Kastentext: INCI-Bezeichnungen

INCI bedeutet International Nomenclature of Cosmetic Ingredients. Die Angabe aller Inhaltsstoffe von Sonnenschutzmitteln und Kosmetika mit der INCI-Bezeichnung ist seit 1997 in der Europäischen Union vorgeschrieben.

Kastentext: Von der Haut ins Wasser

Auf der Wasseroberfläche von häufig frequentierten Schwimmbädern und Badebuchten findet sich meist ein Film von chemischen UV-Filtern. Denn die Sonnenschutzmittel, in denen sie enthalten sind, sind meistens Öl-in-Wasser-Zubereitungen, die nicht wasserbeständig sind. Sie lösen sich von der Haut und schwimmen dann auf der Wasseroberfläche.

Kastentext

Prof. Dr. Silvia Schauder (Jg. 1940) studierte an den Universitäten Mainz, Paris, München, Seattle/USA. Sie ist als Fachärztin für Dermatologie und Venerologie an der Universitäts-Hautklinik Göttingen tätig. Schwerpunkte: Photodermatologie, Photoallergie, Lichtschutz und Sonnenschutzmittel.

Weiterführende Literatur

[1] Altmeyer, P., K. Hoffmann, M. Stücker (Hrsg.): Skin Cancer and UV Radiation. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 1997. [2] Kindl, G., W. Raab: Licht und Haut. Govi-Verlag, Frankfurt 1998. [3] Lowe, N.J., N.A. Shaath, M.A. Pathak: Sunscreens – Development, Evaluation and Regulatory Aspects. M. Dekker, New York 1997. [4] Niklas, C., J. Pütz: Hobbythek spezial – Natürliche Kosmetik selbst gemacht. Verlagsgesellschaft, Köln 2000.

Sonnenschutzmittel sind in großer Variationsbreite für unterschiedliche Zwecke bzw. Personengruppen auf dem Markt. Sie verhindern Sonnenbrand, zögern Hautalterung und Bildung von lichtabhängigen Tumoren hinaus, mildern krankhaft gesteigerte Lichtreaktionen und schwächen Pigmentstörungen ab. Sonnenschutzmittel können allerdings Nebenwirkungen haben und sind daher mit Vernunft anzuwenden. Sie ergänzen andere sinnvolle Maßnahmen des Sonnenschutzes. 

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.