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Ernährung
A. SchekSport und Ernährung – Nahrungsergänz
Alle Aussagen, die die Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln infrage stellen, lassen sich auf zwei Prinzipien zurückführen:
- Es existiert kein Nährstoff, dessen Bedarf sportbedingt überproportional zum Energiebedarf ansteigt. Das heißt, die Aufnahme der beim Sport verbrauchten/verloren gegangenen Nährstoffe ist sichergestellt, wenn die aufgewendete Energie in Form einer abwechslungsreichen Kost wieder zugeführt wird, die mindestens 55 Energieprozent Kohlenhydrate, höchstens 30 Energieprozent Fett und 15 Energieprozent Eiweiß enthält. Diese Aussage lässt den Schluss zu, dass ein Nährstoffdefizit nicht primär auf den beim Sport erhöhten Nährstoffumsatz zurückzuführen ist, sondern auf eine Ernährungsweise, die den Erfordernissen nicht angepasst ist.
- Eine den Bedarf an Nährstoffen überschreitende Zufuhr steigert die sportliche Leistung nicht. Dagegen kann eine Unterversorgung die Leistungsfähigkeit begrenzen. Dementsprechend kann der Ausgleich eines Nährstoffmangels mit einer Leistungsverbesserung einhergehen. Nahrungsergänzungsmittel sind hierfür zwar nicht erforderlich, können die Auffüllung der Nährstoffspeicher aber beschleunigen.
Eiweißkonzentrate
Konopka [7] beziffert den täglichen "Eiweißbedarf" von Kraftsportlern mit 2,5 bis 4,0 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht beziehungsweise 22 Energieprozent, den von Ausdauersportlern mit 1,5 bis 3,1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht beziehungsweise 15 Energieprozent (Tab. 1). Mit der Begründung, dass solche Eiweißmengen nicht mit der Nahrung aufgenommen werden können, empfiehlt der Autor vor allem Bodybuildern Eiweiß-Konzentrate. Tatsächlich nehmen Bodybuilder sowohl in Deutschland als auch in den USA regelmäßig Konzentrate zu sich. Der Eiweißverzehr liegt bei täglich 2,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht (Tab. 2).
Tarnopolsky et al. [15], die mit einem Sieben-Tage-Ernährungsprotokoll diesen Eiweißverzehr an gut trainierten Bodybuildern mit einem täglichen Energieumsatz von 4800 Kilokalorien bestimmten, bewiesen durch Stickstoffbilanzmessungen, dass leistungsmäßig Kraftsport betreibende Personen einen Eiweißbedarf von täglich 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht haben (Tab. 2, Abb. 1).
Sie wiesen ferner nach, dass Kraftsportler 12 Prozent, Ausdauersportler dagegen 88 Prozent mehr Eiweiß benötigen als Nicht-Sportler (Tab. 2). Die Begründung ist, dass diejenigen Aminosäuren, die durch intensives Krafttraining aus muskulären Eiweißstrukturen freigesetzt werden, teilweise wiederverwertet werden können, während die glukogenen Aminosäuren im Ausdauersport energieliefernd verbraucht werden.
Die vergleichsweise geringe Erhöhung des Eiweißbedarfs durch Kraftsport um 12 Prozent wurde von Herrmann [3] bestätigt. Die biokinetische Studie an 18 gut trainierten Bodybuildern mit einem Trainingsumfang von je 1,5 Stunden an 3 aufeinanderfolgenden Tagen ergab, dass muskelerhaltendes Training den Aminosäurenumsatz um 17 Prozent steigert (Abb. 2: 56% von 30%).
Weil die Aminosäuren zum Teil recycelt werden, erhöht sich der Eiweißbedarf folglich um weniger als 17 Prozent. Aus dem Tagesbedarf an Eiweiß von 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht leiteten Tarnopolsky et al. [15] durch Addition einer Standardabweichung als Sicherheitszuschlag für individuelle Schwankungen und Muskelaufbau die Eiweißzufuhrempfehlung von täglich 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht ab (Tab. 2).
Wie gering der Eiweißbedarf für den Muskelaufbau ist, verdeutlicht folgende Rechnung: Ausgehend von einer Steigerung der Muskelmasse durch Krafttraining um höchstens 5 Kilogramm pro Jahr, lässt sich die Zunahme des Körpereiweißgehaltes auf kaum mehr als 1000 Gramm beziffern, weil die Muskeln nur zu einem Fünftel aus Eiweiß bestehen.
Bezogen auf das Körpergewicht der Person und die Anzahl Tage im Jahr ergibt sich ein täglicher Mehrbedarf an Eiweiß für den Muskelzuwachs von weniger als 0,04 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht (dies sind nur 10 Prozent des Sicherheitszuschlags). Eine tägliche Eiweißzufuhr von 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht beziehungsweise 10 bis 15 Energieprozent wird also als ausreichend erachtet, um den Eiweißbedarf von gut trainierten Bodybuildern in der Muskelaufbauphase zu decken.
Basierend auf den Ergebnissen einer weiteren Stickstoffbilanzstudie von Tarnopolsky [16] an Untrainierten, wird Personen, die mit Krafttraining beginnen, in den ersten Wochen eine Eiweißzufuhr von täglich 1,4 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Die genannten Eiweißmengen können problemlos ohne den Einsatz von Eiweiß-Konzentraten erreicht werden, wie der Vergleich mit Nichtsportlern zeigt, die täglich deutlich weniger Energie (rund 2100 kcal) zuführen (Karg [5]).
Tatsächlich verzehren Bodybuilder bis zu 20 Energieprozent Eiweiß, woraus sich ein jährlicher Überschuss von 45 Kilogramm berechnen lässt. Die überschüssig zugeführten Aminosäuren, die vom Organismus nicht für die Bildung von Körpereiweiß genutzt werden können, müssen abgebaut und eliminiert werden. So erklärt sich, dass Bodybuilder mehr als doppelt soviel Harnstoff pro Tag ausscheiden wie Nichtsportler (Abb. 3).
Demgegenüber liegt das Urinvolumen der Bodybuilder nur ein Viertel über dem der Nichtsportler, was auf eine stärkere Belastung der Nieren durch höhere Harnstoffkonzentrationen schließen lässt. Daher wird Kraftsportlern, die auf die Zufuhr überhöhter Eiweißmengen nicht verzichten wollen, empfohlen, die tägliche Trinkmenge etwa zu verdoppeln.
Die Hersteller von Eiweiß-Konzentraten werben für die üblicherweise in Pulverform oder als Riegel angebotenen Produkte mit den Argumenten der guten Bioverfügbarkeit und der guten biologischen Wertigkeit der Eiweiße. Die pulverförmigen Produkte, die bis zu 85 Energieprozent Eiweiß enthalten (Riegel weniger), werden hauptsächlich aus Molkeneiweiß, einer Fraktion des Milcheiweißes, hergestellt. Hierfür wird das Molkeneiweiß (z. B. Lactalbumin) hydrolysiert, das heißt in die einzelnen Aminosäuren zerlegt. Der Vorteil dieser "Vorverdauung" soll in der besseren Bioverfügbarkeit der Aminosäuren aus dem Hydrolysat im Vergleich zum unveränderten Molkenprotein liegen.
Diese Behauptung konnte experimentell jedoch nicht bestätigt werden. Aus hydrolysiertem Molkeneiweiß werden die Aminosäuren zwar schneller resorbiert, aber nicht in größerem Umfang, wie Abbildung 4 für die unentbehrliche Aminosäure Isoleucin zeigt (Moch & Kübler [8]). Die biologische Wertigkeit von Eiweiß-Konzentraten ist noch nicht untersucht worden. Es ist aber anzunehmen, dass die Proteinqualität dieser Produkte hinsichtlich des Anteils an Aminosäuren, die in Körpereiweiß eingebaut werden, diejenige von Milch, die zusätzlich zum Molkeneiweiß das Kasein enthält, übertrifft.
Es gibt aber eine ganze Anzahl von Lebensmittelkombinationen (Tab. 3), für die dies ebenso zutrifft. Selbst Veganer benötigen keine Eiweiß-Konzentrate, wenn sie verschiedene pflanzliche Eiweißquellen so zusammenstellen, dass sich die Proteinqualität der Mischung im Vergleich zu den Einzelkomponenten verbessert.
Ernährungsbezogene Leistungsförderer
Unter ernährungsbezogenen Leistungsförderern versteht man Stoffe, die die sportliche Leistung über das durch Talent, Training und Ernährung erreichbare Maß hinaus steigern sollen. Tabelle 4 gibt eine Übersicht über die derzeit populären Produkte. Im Folgenden werden Multi-Vitamin-Mineralstoffpräparate, "ACE", Magnesium, Kreatin, BCAA, HMB, CLA, L-Carnitin, Pyruvat und MCT vorgestellt.
Wer seinen Energiebedarf durch eine vollwertige Ernährung deckt, benötigt jedoch keine Supplemente. Denn der Körper geht sparsam mit seinen Ressourcen um, wie folgende Rechnung für Vitamin C zeigt: In 1,5 Liter Schweiß, die bei einem Energieverbrauch von ungefähr 800 Kilokalorien gebildet werden, sind nicht mehr als 2,5 Milligramm Vitamin C enthalten. Unter Berücksichtigung der Resorptionsquote von 50 bis 80 Prozent müssen höchstens 5 Milligramm Vitamin C verzehrt werden, um den Zusatzbedarf von 2,5 Milligramm zu decken.
Bei Einhaltung der empfohlenen Nährstoffdichte für Vitamin C von 50 Milligramm je 1000 Kalorien (DGE u. a. [1]) werden mit 800 Kilokalorien 40 Milligramm Vitamin C zugeführt, also 35 Milligramm mehr als erforderlich. Um es provokanter auszudrücken: Es dürfte relativ schwierig sein, 800 Kilokalorien zu verzehren, ohne dabei gleichzeitig 5 Milligramm Vitamin C zuzuführen. Ein kleiner Apfel (175 g) würde bereits 20 Milligramm Vitamin C liefern, aber nur 100 Kilokalorien. Dieselbe Berechnungsweise lässt sich nicht nur auf andere Vitamine, sondern auch auf Mineralstoffe anwenden, wie Tabelle 5 für die Mengenelemente Magnesium und Calcium sowie das Spurenelement Eisen zeigt.
Der genannte Effekt wird allerdings nur bei etwa jedem zweiten Anwender beobachtet und ist umso ausgeprägter, je geringer die Ausgangskreatinkonzentration in den Muskeln war. Als nachteilig erachtet wird die auf Wassereinlagerung in den Muskelzellen beruhende Zunahme des Körpergewichts um rund zwei Kilogramm. Durch den erhöhten Druck in den Zellen steigt überdies das Verletzungsrisiko an. Auch Muskelkrämpfe und Durchfall können nach der Einnahme von Kreatin auftreten. Außerdem wurde ein Fall von akutem Nierenversagen nach längerfristiger Anwendung (vier Wochen) von Kreatin bekannt.
Es ist fraglich, ob eine Hemmung des trainingsbedingten Abbaus von Eiweißstrukturen überhaupt sinnvoll ist, weil hierdurch der Reiz für die Proteinsynthese unterbunden werden könnte. Ein "antikataboler Effekt" wird auch dem Leucin-Abkömmling β-Hydroxy-β-methylbutyrat (HMB) nachgesagt, der in Kapseln angeboten wird. Eine Dosis von täglich 1,5 bis 3,0 Gramm soll das Auftreten von Muskelschäden durch intensives Krafttraining reduzieren (Nissen u. a. [9]). Eine Beurteilung ist schwierig, da einschlägige Studien fehlen. Bekannt ist dagegen, dass HMB eine Ausgangssubstanz für die Cholesterinsynthese ist.
Die Autoren vermuten, dass CLA den Muskelabbau vermindert (Pariza u. a. [10]) beziehungsweise die Fettsäureoxidation im Fettgewebe steigert (Park u. a. [11]), wobei offen bleibt, über welche biochemischen Regulationsmechanismen diese Anpassungen erfolgen sollen. Über mögliche Unterschiede in der Wirkung verschiedener CLA-Isomere liegen keine Erkenntnisse vor, ebenso wenig über unerwünschte Wirkungen.
Die Autoren spekulieren, dass eine erhöhte zytosolische Pyruvat-Konzentration einen "futile cycle" in Gang setzt, bei dem unter Abgabe von Wärme vermehrt Phosphoenolpyruvat aus Pyruvat (über intramitochondriales Oxalacetat) entsteht, welches wieder zu Pyruvat dephosphoryliert wird. In der Praxis werden deutlich geringere Dosierungen (täglich 3 bis 6 Gramm Pyruvat) eingesetzt als in der zitierten Untersuchung. Über weitere Studien zum Einfluss von Pyruvat sowie Dihydroxyaceton auf den Körperfettgehalt, aber auch auf die Ausdauerleistungsfähigkeit, wird in einer aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Leistungssport berichtet (Kirnich [6]).
Studien, die diese Wirkung belegen könnten, existieren nicht. Die Argumentation stützt sich auf eine Studie an Ratten, die gezeigt hat, dass MCT bei einer insgesamt hyperkalorischen Ernährung zu einer geringeren Gewichtszunahme führen als äquikalorische Mengen an LCT, was auf eine gesteigerte Wärmeproduktion zurückgeführt wird. Allerdings treten bereits bei einer Aufnahme von 15 bis 30 Gramm MCT Nebenwirkungen wie Durchfall, Darmkrämpfe, Übelkeit und Schwindelgefühl auf.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Nahrungsergänzungsmittel für Sportler nicht oder nur eingeschränkt leistungsverbessernd wirksam sind, unerwünschte Wirkungen haben oder die angepriesenen Effekte (am Menschen) nicht bewiesen sind. Im Gegensatz zu einer den Bedürfnissen des Sportlers angepassten Ernährung auf der Basis der zehn Regeln der DGE liefern sie keinen wesentlichen Beitrag zur physischen Leistungsfähigkeit.
Kasten
Dr. Alexandra Schek ist seit ihrem Studium und ihrer Promotion im Fach Ernährungs- und Haushaltswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen freiberuflich im Bereich Sporternährung tätig (Übersichtsartikel, Vorträge) und arbeitet derzeit an einem Fachbuch zum Thema Sportlerernährung für den Bundesausschuss Leistungssport des Deutschen Sportbundes.
Literatur
[1] DGE u. a. (Hrsg.): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Frankfurt am Main (2000). [2] Frexes-Steed, M. u. a.: Role of leucine and other amino acids in regulating protein metabolism in vivo. Am. J. Physiol. 262 (1992) E925 – E935. [3] Herrmann, H.-J.: Biokinetische Untersuchung zum Proteinbedarf bei Kraftsportlern. Dissertation. Gießen (1995). [4] Jeukendrup, A. E.: MCT in der Ernährung des Sportlers. Insider 4, 3 (1996) 1 – 6. [5] Karg, G.: Ernährungssituation in Deutschland. In: DGE (Hrsg.): Ernährungsbericht 2000, Frankfurt am Main (2000) 17 – 79. [6] Kirnich, T.: Pyrovatin-Extra. Leistungssport 5 (2001). [7] Konopka, P.: Sporternährung. München (1994) 76. [8] Moch, K.-J., Kübler, W.: Bioverfügbarkeit von Aminosäuren aus einigen industriell gefertigten proteinhaltigen Produkten. Z. Ernährungswiss. 32 (1993) 2 – 20. [9] Nissen, S. u. a.: Effect of leucine metabolite b-hydroxy- b-methylbutyrate on muscle metabolism during resistance-exercise training. J. Appl. Physiol. 81 (1996) 2095 – 2104. [10] Pariza, M. W. u. a.: Conjugated linoleic acid (CLA) reduces body fat. FASEB J. (1996) A 560. [11] Park, Y. u. a.: Effect of conjugated linoleic acid on body composition in mice. Lipids 32 (1997) 853 – 858. [12] Schek, A.: L-Carnitin: Sinn und Unsinn der Substitution einer körpereigenen Substanz (Teil 2). Ernährungs-Umschau 2 (1994) 60 – 67. [13] Schek, A.: Kreatin-Supplementierung aus der Kontra-Perspektive. Sportwissenschaft 3 (2000) 278 – 288. [14] Stanko, R. T. u. a.: Body composition, energy utilization, and nitrogen metabolism with a 4.25-MJ/d low-energy diet supplemented with pyruvate. Am. J. Clin. Nutr. 56 (1992) 630 – 635. [15] Tarnopolsky, M. A. u. a.: Influence of protein intake and training status on nitrogen balance and lean body mass. J. Appl. Physiol. 64 (1988) 187 – 193. [16] Tarnopolsky, M. A. u. a.: Evaluation of protein requirements for trained strength athletes. J. Appl. Physiol. 73 (1992) 1986 – 1995.
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Zu den Nahrungsergänzungsmitteln, die im Fitness-Studio, über Postversand und Internet, aber auch in Sportgeschäften und Kaufhäusern angeboten werden, zählen im Wesentlichen die Eiweißkonzentrate und die ernährungsbezogenen Leistungsförderer. Nach Herstellerangaben sollen sowohl freizeit- als auch leistungsmäßig Krafttraining betreibende Personen von diesen Produkten profitieren. Nahrungsergänzungsmittel machen 12 Prozent des Umsatzes von Fitness-Studios aus. Im Jahr 1999 wurden ca. 95 Millionen Euro für Sportlernahrungen ausgegeben. In unserem Artikel zum Thema Sport und Ernährung wird der Einsatz einiger Produkte, die sich in Bodybuilderkreisen großer Beliebtheit erfreuen, kritisch diskutiert.
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