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- DAZ 34/2002
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Arzneimittel und Therapie
Knochengesundheit: Erhöhtes Frakturrisiko nach Vitamin-A-Einnahme
In Schweden und Norwegen ist die Inzidenz für Hüftfrakturen besonders hoch. Auf der Suche nach möglichen Ursachen fiel auf, dass in diesen Ländern mit der Nahrung besonders viel Vitamin A (z. B. mit Fischölen) aufgenommen wird. Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass hohe Vitamin-A-Mengen die Knochenresorption beschleunigen und mit gehäuften Frakturen assoziiert sind.
Beim Menschen ist bekannt, dass die langfristige Einnahme hoher Vitamin-A-Mengen zu einer Hyperkalzämie und Knochenveränderungen führen kann. Allerdings liegen über den Einfluss einer langfristigen Vitamin-A-Einnahme auf den Knochenstoffwechsel bislang keine einheitlichen Aussagen vor. Daher wurde diese Frage in einer prospektiven Kohortenstudie erneut untersucht.
Prospektive Kohortenstudie
Die dazu erforderlichen Daten wurden der Nurses'Health Study entnommen. Diese 1976 initiierte Studie enthält u. a. umfangreiche Daten über Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, Krankheiten sowie die Einnahme von Medikamenten von mehr als 120 000 Krankenschwestern aus elf verschiedenen Staaten der USA. Durch die laufende Aktualisierung dieser Angaben wurde eine Datensammlung geschaffen, auf die häufig in retrospektiven und prospektiven Studien zurückgegriffen wird.
So auch, um der Frage nachzugehen, ob ein Zusammenhang zwischen der Vitamin-A-Aufnahme und einem erhöhten Frakturrisiko besteht. Dazu wurden für den Zeitraum von 1980 bis 1998 die Daten von 72 337 postmenopausalen Frauen ausgewertet. Erfasst wurden dabei die Häufigkeit von milden bis moderaten Hüftfrakturen sowie die Einnahme von Vitamin A, Retinol und Carotinoiden aus der Nahrung sowie aus Nahrungsergänzungsmitteln und Vitaminpräparaten.
Erhöhtes Frakturrisiko
Die Auswertung der statistischen Analysen führte nach Berücksichtigung von Rauchverhalten, körperlicher Aktivität, Körpermassen-Index sowie der Einnahme von Thiaziden und postmenopausalen Hormonen zu folgenden Ergebnissen:
- Die Studienteilnehmerinnen, die täglich mehr als 3000 µg Retinoläquivalente (Nahrung und Supplemente) einnahmen, hatten im Vergleich zu Frauen, die weniger als 1250 µg einnahmen, ein signifikant erhöhtes Risiko, eine Hüftfraktur zu erleiden. Das relative Risiko RR lag hier bei 1,48 (95% Konfidenzintervall 1,05 bis 2,07; p for trend = 0,003).
- Das erhöhte Risiko war vor allem der Retinolaufnahme zu zuschreiben: Frauen, die täglich 2000 µg oder mehr Retinol zuführten, hatten beinahe doppelt so häufig Hüftfrakturen wie Frauen, deren Retinolaufnahme unter 500 µg pro Tag lag (RR 1,89; 95% Konfidenzintervall 1,33-2,68; p for trend <0,001). Die postmenopausale Einnahme von Östrogenen zeigte einen günstigen Einfluss und senkte auch bei hoher Retinolzufuhr die Frakturinzidenz etwas ab.
- Die Zufuhr von Beta-Carotinoiden hatte keinen signifikanten Einfluss auf das Frakturrisiko (RR 1,22; 95% Konfidenzintervall 0,90 - 1,66; p for trend = 0,10).
- Die laufende Einnahme eines Vitamin-A-Supplements war mit einem 40%igen, allerdings statistisch nicht relevanten Anstieg der Frakurinzidenz verbunden (RR 1,4; 95% Konfidenzintervall 0,99 bis 1,99).
- Eine erhöhte Aufnahme von Retinol aus der Nahrung war mit einem signifikanten Anstieg der Frakturhäufigkeit assoziiert (RR 1,69; 95% Konfidenzintervall 1,05 - 2,74; p for trend = 0,5) beim Vergleich einer Aufnahme von täglich >als 1000 µg vs. < 400 µg.
Vitamine mit Bedacht supplementieren
In dieser Studie wurde ein Zusammenhang zwischen der Aufnahme hoher Vitamin-A-Mengen und einem erhöhten Frakturrisiko aufgezeigt. Die hohen Vitamin-A-Dosen kamen vor allem durch die Einnahme von Vitaminpräparaten und Nahrungsergänzungsmitteln zu Stande. Es hat sich also wieder einmal gezeigt, dass Vitamine nicht unreflektiert supplementiert, sondern mit einer ausgewogenen, gesunden Ernährung aufgenommen werden sollten.
Kastentext: Vitamin A
Vitamin A ist ein Produkt des tierischen Stoffwechsels; im Pflanzenreich kommen nur die Vorstufen, die Retinoide, als Provitamine vor. Die im menschlichen und tierischen Organismus vorkommenden Formen von Vitamin A sind das Retinol, das Retinal, die Retinylester und die Retinsäure sowie glucuronidierte Verbindungen von Retinsäure und Retinol. All-trans-Retinol ist die potenteste Vitamin-A-Komponente, aus der alle anderen Formen gebildet werden können.
Nennenswerte Mengen an Vitamin A sind in Leber, Fischtran, Butter, Milch und Eiern sowie in angereicherten Nahrungsmitteln (z. B. Frühstücksflocken) enthalten. Die täglich empfohlene Einnahmemenge von Vitamin A beträgt für Frauen 700 µg, für Männer 800 µg Retinol (bzw. Retinoläquivalent); tägliche Mengen von mehr als 3000 µg (entsprechend 10 000 I.E.) sollten vermieden werden. 1 I.E. entsprechen 0,3 µg Retinol.
Kastentext: Beta-Carotin
Beta-Carotin ist ein Provitamin, aus dem durch Spaltung zwei Moleküle Vitamin A entstehen können. Beta-Carotin wird aber nicht quantitativ ausgenutzt (12 µg Beta-Carotin sind 1 µg Retinol äquivalent). Wird Beta-Carotin in Mengen aufgenommen, die den aktuellen Bedarf an Vitamin A übersteigen, erfolgt keine Spaltung, und das Provitamin wird im Gewebe gespeichert. Durch Beta-Carotin kann keine Vitamin-A-Hypervitaminose ausgelöst werden. Carotine sind in allen grünen sowie in den meisten gelben Pflanzenteilen enthalten; sie kommen besonders reichlich in Grünkohl, Spinat und Karotten vor.
Literatur
Feskanich, D., et al.: Vitamin A intake and hip fractures among postmenopausal women. J. Am. Med. Assoc. 287, 47 - 54 (2002). Denke, M.: Dietary retinol - a double- edged sword. J. Am. Med. Assoc. 287, 102 - 104 (2002).
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