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Pharmazeutisches Recht
Arzneimittel-Versorgung nach Paragraf 129 SGB V
in der Fassung der Entscheidung der Schiedsstelle nach § 129 Absatz 8 SGB V vom 6. August 2001 zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen AOK-Bundesverband, Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Essen, Bundesverband der Innungskrankenkassen, Bergisch-Gladbach, Bundesverband der Landwirtschaftlichen Krankenkassen, Kassel, Bundesknappschaft, Bochum, See-Krankenkasse, Hamburg, Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., Siegburg, Verband der Arbeiter-Ersatzkassen e.V., Siegburg, und dem Deutschen Apothekerverband e.V., Eschborn / Taunus.
§ 1: Gegenstand des Vertrages
Dieser Vertrag regelt das Nähere über 1. die Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in Fällen, in denen der verordnende Vertragsarzt ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel durch den Apotheker zugelassen hat (§ 129 Absatz 1 Nr. 1 SGB V), 2. die Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln (§ 129 Absatz 1 Nr. 2 SGB V), 3. die Abgabe von wirtschaftlichen Einzelmengen (§ 129 Absatz 1 Nr. 3 SGB V), 4. die Angabe des Apothekenabgabepreises auf der Arzneimittelpackung (§ 129 Absatz 1 Nr. 4 SGB V), 5. Maßnahmen bei Verstößen von Apoteken gegen Verpflichtungen nach § 129 Absatz 1, 2 und 5 SGB V (§ 129 Absatz 4 SGB V), 6. die Übermittlung der zur Herstellung einer pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz im Rahmen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V und die zur Festsetzung von Festbeträgen nach § 35 Absatz 1 und 2 SGB V erforderlichen Daten (§ 129 Absatz 6 SGB V).
§ 2: Geltungsbereich des Vertrages
(1) Der Vertrag hat einerseits Rechtswirkung für die Krankenkassen nach § 4 SGB V.
(2) Der Vertrag hat andererseits Rechtswirkung für die nach § 129 Absatz 3 SGB V bestimmten Apotheken. Apotheken, die weder einem Mitgliedsverband des DAV noch diesem Vertrag beigetreten sind, sind von der Lieferung ausgeschlossen.
(3) Der Deutsche Apothekerverband als für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation führt über die Apotheken nach § 129 Absatz 3 SGB V ein bundeseinheitliches Verzeichnis (§ 293 Absatz 5 Satz 1 SGB V). Die Apotheken sind verpflichtet, die für das Verzeichnis erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 293 Absatz 5 Satz 5 SGB V). Das Nähere zu Inhalt und Übermittlung des Apothekenverzeichnisses an die Krankenkassen regelt die Arzneimittelabrechnungsvereinbarung nach § 300 SGB V (§ 300 Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 SGB V).
(4) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können mit den Mitgliedsverbänden des Deutschen Apothekerverbandes, die Verbände der Ersatzkassen mit dem Deutschen Apothekerverband, ergänzende Verträge schließen (§ 129 Absatz 5 SGB V). Soweit ergänzende Verträge geschlossen sind, ist der für den Sitz der Apotheke geltende Vertrag der jeweiligen Kassenart (§ 4 Absatz 2 SGB V) anzuwenden.
§ 3: Auswahl preisgünstiger Arzneimittel
(1) Hat der Vertragsarzt ein Fertigarzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder die Ersetzung eines unter seinem Produktnamen verordneten Fertigarzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel zugelassen, ist der Apotheker verpflichtet, unter den in der Großen Deutschen Spezialtätentaxe (Lauer-Taxe) geführten Fertigarzneimitteln ein preisgünstiges auszuwählen, abzugeben und zu berechnen. Dabei hat das ausgewählte mit dem zu ersetzenden Arzneimittel in Wirkstoffstärke und Packungsgröße identisch sowie in der Darreichungsform therapeutisch vergleichbar zu sein.1 Bei zu ersetzenden Fertigarzneimitteln muss zudem die arzneimittelgesetzlich zugelassene Indikation übereinstimmen.
(2) Das ausgewählte Fertigarzneimittel gilt als preisgünstig im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn sein Apothekenabgabepreis 1. den für das zu ersetzende Fertigarzneimittel geltenden Festbetrag nach § 35 Absatz 3 SGB V nicht übersteigt oder 2. soweit kein Festbetrag festgesetzt ist, nicht das untere Drittel des Preisspektrums übersteigt, das von dem jeweils niedrigsten und höchsten Apothekenabgabepreis gemäß der Großen Deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) der nach Absatz 1 zur Auswahl bestimmten Fertigarzneimittel gebildet wird. Soweit das untere Preisdrittel nicht mindestens drei Fertigarzneimittel umfasst, ist der Apotheker berechtigt, das zum unteren Preisdrittel nächst preisgünstige Arzneimmittel abzugeben.
(3) Bei einer Ersetzung nach Absatz 2 Nr. 1 ist die Abgabe und Abrechnung eines Arzneimittels unzulässig, dessen Apothekenabgabepreis den des zu ersetzenden Arzneimittels übersteigt. Dies gilt auch für die Ersetzung eines Arzneimittels mit einem Apothekenabgabepreis unterhalb des Festbetrages.
§ 4: Abgabe importierter Arzneimittel
(1) Die Apotheken sind zur Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln an Versicherte nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 verpflichtet.
(2) Importierte Arzneimittel im Sinne dieses Rahmenvertrages sind Arzneimittel, die [1] nach den Arzneimittelgesetz, auch unter einem von der deutschen Schreibweise phonetisch bedingt abweichenden Handelsnamen, zugelassen sind, - in der Großen Deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) eingetragen sind, - den Anforderungen des Sozialgesetzbuches, Fünftes Buch entsprechen und [2] mit dem verordneten Arzneimittel in Wirkstoffstärke und Packungsgröße identisch sowie in der Darreichungsform therapeutisch vergleichbar sind. (2)
(3) Die Partner des Rahmenvertrages vereinbaren eine Importquote. Die Importquote bezeichnet den prozentualen Umsatzanteil abgegebener importierter Arzneimittel am Fertigarzneimittel-Umsatz der Apotheke mit der kostenpflichtigen Krankenkasse. Der Preisvorteil importierter Arzneimittel wird mit 10 Prozent des Apothekenabgabepreises zugrunde gelegt.
(4) Wird die nach Absatz 5 jeweils anzuwendende Importquote nicht erreicht, vermindert sich die Rechnungsforderung für den Abrechnungsmonat um den Betrag, der sich aus der Differenz zwischen dem vereinbarten und dem tatsächlich abgegebenen Umsatz importierter Arzneimittel multipliziert mit dem nach Absatz 3 Satz 3 bestimmten Preisvorteil ergibt. Wird die nach Absatz 5 Satz 1 anzuwendende Importquote übertroffen, wird der Apotheke ein Betrag entsprechend der Berechnung nach Satz 1 gutgeschrieben. Kürzungs- beziehungsweise Gutschriftsbeträge unter 10 DM (3) bleiben unberücksichtigt. Sofern in folgenden Abrechnungsmonaten ein Kürzungsbetrag nach Satz 1 anfällt, sind Gutschriften darauf anzurechnen. Eine am Jahresende nicht saldierte Gutschrift wird in das folgende Kalenderjahr übertragen. Mit den Regelungen nach Satz 1 bis Satz 5 ist die Abgabepflicht nach § 129 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V erfüllt.
(5) Die Importquote wird für das Kalenderjahr 2002 auf 5,5 Prozent festgelegt und ist erstmalig für den Abrechnungsmonat April 2002 anzuwenden. Ab dem 01. Januar 2003 beträgt die Importquote 7 Prozent. Für Apotheken, die auf Grund ihres Verordnungsspektrums einer unterdurchschnittlichen Anteil an importfähigen Fertigarzneimitteln (Fertigarzneimittel, zu denen importierte Arzneimittel in der großen Deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) geführt sind) nachweisen, verringert sich bei importfähigen Umsatzanteilen von jeweils bis zu 25, 20, 15, 10 und 5 Prozent, die vereinbarte importquote nach Satz 1 und 2 pro Stufe um jeweils 1/6 (4). Die Apotheke hat bei Anwendung einer verringerten Importquote zusätzlich zu den Angaben nach Absatz 6 Satz 2 ihren Anteil importfähiger Fertigarzneimittel in der Rechnung anzugeben.
(6) Für die Zwecke der Arzneimittelabrechnung nach § 300 SGB V ist die Pharmazentralnummer des abgegebenen Arzneimittels auf das Verordnungsblatt aufzutragen sowie mit den Verordnungsdatensätzen zu übermitteln. Bei der Rechnungsstellung sind gegenüber der kostenpflichtigen Krankenkasse die Umsätze der abgegebenen importierten Arzneimittel sowie der abgegebenen Fertigarzneimittel in der Rechnung anzugeben.
(7) Die Regelungen des Absatzes 5 gelten bis zum Inkrafttreten einer Folgevereinbarung. Importierte Arzneimittel sind nicht in die Auswahlregelung nach § 3 einzubeziehen. Die Regelung nach § 4 ist von Vereinbarungen nach § 2 Absatz 4 dieses Rahmenvertrages ausgenommen.
§ 5: Abgabe wirtschaftlicher Einzelmengen
(1) Fertigarzneimittel, deren Abgabe zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen nach der Verordnung über die Zuzahlung bei der Abgabe von Arznei- und Verbandmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Zuzahlungsverordnung) untersagt ist, sind nicht Gegenstand der Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln nach § 31 Absatz 1 SGB V.
(2) Hat der Vertragsarzt die verordnete Menge mit einer Kurzbezeichnung nach der Zuzahlungsverordnung (N 1, N 2, N 3) bestimmt und sind zu dem verordneten Fertigarzneimittel unter der Kurzbezeichnnung Packungen mit verschiedenen Stückzahlen im Handel, ist die Packung mit der kleinsten Stückzahl abzugeben. (5)
(3) Entspricht die nach Stückzahl verordnete Menge keiner im Handel befindlichen Packungsgröße, so sind, nach wirtschaftlicher Auswahl aus den in der Großen Deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) geführten Packungsgrößen, verschreibungspflichtige Arzneimittel bis zur verordneten Menge abzugeben. Bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist die der verordneten Menge nächstliegende Packungsgröße abzugeben. Eine Auseinzelung ist nur auf ausdrückliche ärztliche Anordnung der Auseinzelung zulässig.
(4) Überschreitet die nach Stückzahl verordnete Menge die größte für das Fertigarzneimittel festgelegte Messzahl und hat der Vertragsarzt durch einen besonderen Vermerk auf die Abgabe der verordneten Menge hingewiesen, ist nur die größte nach den Messzahlen bestimmte Packung oder ein Vielfaches dieser Packung, jedoch nicht mehr als die verordnete Menge abzugeben.
§ 6: Preisangabe
Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte verpflichtet, den für den Tag der Abgabe geltenden Apothekenabgabepreis zu berechnen und grundsätzlich anzugeben. Für nach § 73 Absatz 3 AMG importierte Arzneimittel ist zur Angabe des Apothekenabgabepreises die Arzneimittelpreisverordnung zugrunde zu legen.
§ 7: Vertragsmaßnahmen
(1) Bei Verstößen gegen § 129 Absatz 1 SGB V, gegen die Auskunftspflicht nach § 293 Absatz 5 Satz 4 SGB V, gegen diesen Vertrag oder gegen die ergänzenden Verträge nach § 129 Absatz 5 SGB V können die zuständigen Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen nach Anhörung des Betroffenen, bei Mitgliedsapotheken im Benehmen mit dem zuständigen Mitgliedsverband des Deutschen Apothekerverbandes, folgende Vertragsmaßnahmen aussprechen: 1. Verwarnung 2. Vertragsstrafe bis zu 50.000 DM (6) 3. bei gröblichen und wiederholten Verstößen Ausschluss des Apothekenleiters/der Apothekenleiterin von der Versorgung der Versicherten bis zur Dauer von zwei Jahren.
(2) Die Vertragsmaßnahmen nach Absatz 1 Ziffer 1 und 2 können auch nebeneinander verhängt werden.
§ 8: Datenübermittlung
(1) Der Deutsche Apothekerverband ist nach § 129 Absatz 6 SGB V verpflichtet, die nach § 129 Absatz 6 SGB V zur Herstellung einer pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz erforderlichen Daten, 1. im Rahmen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V an den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen und 2. für die Festsetzung von Festbeträgen nach § 35 Absatz 1 und 2 SGB V an die Spitzenverbände der Krankenkassen zu übermitteln.
(2) Das Nähere zu der Datenübermittlung nach Absatz 1 Nummer 1 wird gesondert zwischen dem Bundesverband der Ärzte und Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband vereinbart. Die Inhalte und weitere Einzelheiten der Datenübermittlung zu Absatz 1 Nummer 2 ergeben sich aus der Anlage zu diesem Vertrag.
§ 9: Schlussbestimmungen
(1) Die Neufassung dieses Vertrages tritt am 1. Oktober 2001 in Kraft. § 4 dieses Vertrages tritt am 1. April 2002 in Kraft.
(2) Eine Kündigung ist jeweils zum Ende eines Jahres unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zulässig.
(3) Mit der Währungsumstellung auf den Euro zum 1. Januar 2002 treten anstelle der nach diesem Rahmenvertrag in Deutsche Mark festgelegten Beträge folgende Angaben: - in § 4 Absatz 4 Satz 3: Kürzungs- beziehungsweise Gutschriftsbeträge unter 6 Euro und - in § 7 Absatz 1 Nr. 2: Vertragsstrafe bis 25 000 Euro.
(4) Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise rechtsunwirksam sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt. Für diesen Fall verpflichten sich die Vertragspartner, eine neue Regelung zu vereinbaren, die dem ursprünglich beabsichtigten Zweck am nächsten kommt. Essen, den 6. August 2001
Auf den Abdruck der Anlage nach § 8 des Rahmenvertrages wurde verzichtet.
Fußnoten (1) Zur Vergleichbarkeit der Darreichungsform verweisen die Vertragspartner auf die Regelung des § 36 Abs. 1 SGB V. (2) Zur Vergleichbarkeit der Darreichungsform verweisen die Vertragspartner auf die Regelung zu § 36 Absatz 1, SGB V. (3) Zur Währungsumstellung auf den Euro siehe § 9 Absatz 3. (4) Nach Feststellung durch den Vorsitzenden der Schiedsstelle beträgt die verringerte Importquote zu den Umsatzanteilen ab 1. April 2002: 4,6%, 3,7 %, 2,8%, 1,8%, 0,9% ab 1. Januar 2003: 5,8%, 4,7%, 3,6%, 2,3%, 1,2% (5) In Zweifelsfällen entscheidet der Arzt über die therapiegerechte Packungsgröße. (6) Zur Währungsumstellung auf den Euro siehe § 9 Absatz 3.
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