Kommentar

Heute Hamburg - morgen die ganze Pharmazie?

Das Hamburger Institut für Pharmazie ist plötzlich von der Schließung bedroht. Über andere kleine Studienstandorte der Pharmazie sind schon länger Schließungsgerüchte zu hören, beispielsweise über Regensburg und Erlangen. Dem stehen politische Bekenntnisse und die Nachfrage der Studierenden gegenüber. Bildung ist die einzige Chance, um die gewaltigen demographischen Herausforderungen zu meistern. Die Studienbewerber machen das Interesse an der Pharmazie deutlich. Die Nachfrage ist nicht mehr ganz so groß wie früher, aber noch immer gilt ein Numerus clausus.

Warum sollen solche hervorragenden Qualifizierungsmöglichkeiten vernichtet werden? Wie passt das in eine Welt, in der Biotechnologie und "Life Sciences" als herausragende Hoffnungsträger für den wirtschaftlichen Aufschwung gelten? - Offenbar bringen Politiker, Öffentlichkeit und sogar gelehrte Verantwortliche an den Universitäten die Pharmazie nicht mehr mit diesen Zukunftserwartungen in Verbindung. Offenbar hat die Pharmazie ein massives Imageproblem, das nicht nur die öffentlichen Apotheken betrifft, sondern die ganze Wissenschaftsdisziplin. Die Universitäten leiden unter der Einschätzung, sie würden akademische "Schubladenzieher" ausbilden.

Für die Öffentlichkeitsarbeit des Berufsstandes in seiner Gesamtheit ist dies ein katastrophales Ergebnis! Fatalerweise könnte aus dem weit verbreiteten Unwissen über die Inhalte der Pharmazie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung werden. Wenn Studienmöglichkeiten abgebaut und die verbleibenden Standorte nicht entsprechend aufgestockt werden, würde bald der Nachwuchs knapp werden. Die Apotheken müssten die pharmazeutische Betreuung und ihre Hausapothekenpläne bald wieder aufgeben und würden an Image verlieren. Dann würde die Spaltung des Berufes in Pharmazeuten für die Offizin und für die Wissenschaft und damit langfristig das Ende des Apothekerberufes drohen.

Darum muss das Engagement für die Pharmazie an der Universität ansetzen. Nur mit attraktiven und vielfältigen Studien- und Forschungsmöglichkeiten kann der Berufsstand die selbst gestellten Aufgaben wahrnehmen. Dazu gehört auch die Forschung in der neuen Teildisziplin der klinischen Pharmazie, denn diese neuen Aspekte der Berufspraxis erfordern ein wissenschaftliches Fundament. Nur so können künftige Apothekerinnen und Apotheker Leistungen erbringen, die den Beruf weiterhin unverzichtbar für die Allgemeinheit machen. Darum ist die Hamburger Pharmazie nicht nur eine Angelegenheit der Hansestadt, sondern alle Pharmazeuten sollten sich für das Fortbestehen des Hamburger Instituts für Pharmazie einsetzen.

Thomas Müller-Bohn

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