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Arzneimittel und Therapie
Monoklonaler Antikörper: Cetuximab blockiert Wachstumsfaktor-Rezeptor
Die Unterlagen wurden am 27. Juni 2003 bei Swissmedic in der Schweiz und am 30. Juni 2003 bei der European Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) in London eingereicht. Merck beantragt die Zulassung von Cetuximab als Monotherapie sowie in Kombination mit der Standard-Chemotherapie Irinotecan. Da Swissmedic inzwischen entschieden hat, dass Cetuximab für ein beschleunigtes Zulassungsverfahren infrage kommt, könnte Merck das Krebsmedikament bei erfolgreicher Zulassung noch bis Ende dieses Jahres in der Schweiz an den Markt bringen.
Mit der europaweiten Markteinführung wird für 2004 gerechnet. Merck hat die Vermarktungsrechte für Cetuximab außerhalb der USA und Kanada sowie das Co-Exklusivitätsrecht zur Vermarktung von Cetuximab in Japan 1998 in Lizenz von ImClone Systems Incorporated in New York erworben.
Zulassung für Darmkrebs
In Europa werden jährlich mehr als 350 000 Neuerkrankungen von Darmkrebs registriert. Die Zulassungsanträge beinhalten auch die Ergebnisse der BOND-Studie, die am 1. Juni 2003 beim Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago vorgestellt wurden.
Die Auswertung der von Merck initiierten BOND-Studie durch unabhängige Gutachter hatte statistisch signifikante Ergebnisse ergeben: Patienten, die Cetuximab in Kombination mit Irinotecan erhielten, zeigten eine generelle Ansprechrate von 22,9 Prozent sowie eine Zeitdauer von 4,1 Monaten bis zum weiteren Fortschreiten der Erkrankung.
Bei Patienten, die Cetuximab als Monotherapie erhielten, wurde eine generelle Ansprechrate von 11 Prozent und ein Hinauszögern der Erkrankung um 1,5 Monate beobachtet. Bei der Hälfte aller Patienten wurde also mindestens eine Stabilisierung oder eine Verbesserung des Zustandes erzielt.
Die mittlere Überlebenszeit der Patienten, die sich durchweg im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung befanden, betrug 8,6 Monate. Nach einem Jahr war etwa ein Drittel der 329 Patienten, die an der Studie teilnahmen, noch am Leben.
Monoklonaler Antikörper blockiert EGFR
Cetuximab ist ein monoklonaler Antikörper vom Typ IgG1, der gezielt den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor EGFR blockiert. Die Substanz hat sich in Kombination mit Chemotherapie bereits bei zahlreichen Tumortypen als wirksam und generell gut verträglich erweisen.
Die Ausbildung von EGF-Rezeptoren auf der Oberfläche von Tumoren führt gewöhnlich zu einem massiven Voranschreiten der Erkrankung, einer schwachen Reaktion auf die Standardtherapie und verminderter Lebenserwartung. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Blockade des Rezeptors das weitere Wachstum des Tumors hemmt, weil dadurch wichtige Funktionen wie Metastasierung und Nährstoffversorgung beeinträchtigt werden.
Derzeit sprechen lediglich etwa 30 bis 50 Prozent aller Patienten mit metastasierendem Darmkrebs auf die konventionelle Chemotherapie an. Für die Mehrzahl der Patienten fehlt eine therapeutische Alternative. Da Cetuximab den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) gezielt blockiert und dabei das abnorme Wachstum der Tumorzellen hemmt, ist davon auszugehen, dass Patienten mit Tumoren, die EGF-Rezeptoren in besonders starkem Maße ausbilden, von einer Therapie mit Cetuximab profitieren werden. Bis zu drei Viertel aller Darmkrebs-Tumore ist EGFR-positiv.
Einmal pro Woche intravenös
Cetuximab wird einmal pro Woche als intravenöse Infusion über etwa eine Stunde verabreicht und dabei generell gut vertragen. Erwartungsgemäß wurden bei Patienten, die Cetuximab in Kombination mit Irinotecan erhielten, typische Nebenwirkungen beobachtet, die in erster Linie mit Irinotecan in Zusammenhang stehen.
Die am häufigsten berichteten Ereignisse von Grad 3 oder 4 waren bei diesen Patienten Diarrhö (21,2%), Mattigkeit (13,7%), eine verminderte Zahl weißer Blutkörperchen (Leukopenie; 13,7%) und Erbrechen (6,1%). Bei alleiniger Gabe von Cetuximab gab es weniger Nebenwirkungen: Atemnot (13%), Mattigkeit (10,4%) und Bauchschmerzen (5,2%).
Bei ungefähr der Hälfte der Patienten in der BOND-Studie wurde eine leichte bis mittelschwere Akne als Nebenwirkung der Therapie beobachtet, die sich in den meisten Fällen spontan zurückbildete und nicht als schwerwiegendes Problem empfunden wurde. Diese Nebenwirkung ist nicht überraschend, da auch in der Epidermis EGF-Rezeptoren vorliegen.
Der Hautausschlag war nur selten dosislimitierend. Er bildete sich bei fortgesetzter Therapie zurück und verschwand bei Absetzen der Therapie in der Regel vollständig. Bei vier der 329 Patienten in der BOND-Studie wurden schwere allergische Reaktionen beobachtet.
Da Cetuximab in der Lage ist, bei verminderten Nebenwirkungen Tumore zurückzubilden, könnte die Substanz auch als Monotherapie geeignet sein – vor allem bei Patienten, die die Chemotherapie nicht mehr vertragen.
Merck und ImClone Systems untersuchen auch weiterhin den Einsatz von Cetuximab bei anderen EGFR-positiven Tumoren. Beispiele dafür sind das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom, Kopf- und Halskrebs sowie Magenkrebs. Die Ergebnisse dieser und künftiger Studien könnten die Basis des Antrags auf Zulassung für weitere Anwendungsgebiete wie etwa die First-line-Kombinationstherapie bilden.
Auch für Patienten mit Kopf-Halstumoren
Die Kombination von Cetuximab und einer Chemotherapie auf Platinbasis zeigte auch bei Patienten mit Kopf-Halstumoren sowie Nasen-Rachentumoren eine gute Anti-Tumoraktivität und gute Verträglichkeit. Entsprechende Daten waren auf der 39. Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) im Juni in Chicago vorgestellt worden.
Patienten mit Kopf-Halstumoren, die nicht auf die Therapie auf Platinbasis ansprechen, haben eine schlechte Prognose: Nur weniger als fünf Prozent dieser Patienten sprechen auf die Chemotherapie an, und die mittlere Überlebensdauer beträgt rund drei Monate.
Die Onkologin Dr. Eugenia Vega-Villegas vom Universitätsklinikum Marques de Valdecilla in Santander, Spanien, und ihre Kollegen berichteten in Chicago über die Ergebnisse einer klinischen Phase-I-Studie bei 44 Patienten mit Kopf-Halstumoren, die zuvor keine Chemotherapie erhalten hatten.
Ziel der Studie war es, die Verträglichkeit einer wöchentlichen Infusion von Cetuximab in Kombination mit Cisplatin oder Carboplatin und 5-FU in unterschiedlichen Dosisstärken zu ermitteln. Die bisher beobachtete Aktivität war vielversprechend, und unter Cetuximab kam es weder zu einer Häufung noch zu erhöhtem Schweregrad der für Cisplatin/Carboplatin und 5-FU-typischen Nebenwirkungen.
Cetuximab bei NasenRachenkarzinomen
In einer weiteren Präsentation hatte Prof. Anthony Chan, Chefarzt der Klinischen Onkologie am Prince of Wales Hospital, Shatin, Hongkong, über eine Phase-II-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit/Verträglichkeit von Cetuximab in Kombination mit Carboplatin bei Patienten mit Nasen-Rachenkarzinomen berichtet, die nicht auf die Chemotherapie auf Platinbasis angesprochen hatten.
In dieser Multizenterstudie erhielten 60 Patienten neben Carboplatin Cetuximab-Infusionen in wöchentlichen Abständen. Bei 17% der Patienten wurde eine Teilremission erzielt, und bei weiteren 47,2% stabilisierte sich die Erkrankung. Dies entspricht einer Erfolgsrate von 66% für Cetuximab in Kombination mit der Standardtherapie. Cetuximab zeigte ein akzeptables Verträglichkeitsprofil ohne ernsthafte Nebenwirkungen.
Einsatz bei Lungenkrebs
Cetuximab könnte auch in Kombination mit einer Standard-Chemotherapie als Primärbehandlung des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) den klinischen Therapieerfolg bei einem guten Verträglichkeitsprofil verbessern. Im Rahmen der Lungenkrebsstudie LUCAS wurde Cetuximab in Kombination mit Chemotherapie (Cisplatin + Vinorelbin) bei 73 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC (Stadium III/IV) im Vergleich zur Chemotherapie (Cisplatin + Vinorelbin) allein geprüft.
Aus den vorläufigen Resultaten von 61 Patienten dieser randomisierten, offenen Phase-II-Studie ergibt sich eine Ansprechrate von 53 Prozent im Gegensatz zu 32 Prozent unter alleiniger Chemotherapie. In die noch laufende LUCAS-Studie sollen insgesamt 40 Patienten pro Behandlungsgruppe aufgenommen werden.
In der LUCAS-Studie war lediglich bei zwei der 21 berichteten Nebenwirkungen ein Kausalzusammenhang mit Cetuximab anzunehmen. Die in der Gruppe unter Cetuximab + Chemotherapie berichteten klinisch relevanten Nebenwirkungen von Grad 3 oder 4 waren Leukopenie (16,7%), Übelkeit/Erbrechen (13,9%), Abgeschlagenheit (11,1%) und Infektion (11,1%).
Weitere Substanzen in der Entwicklung
Wie Cetuximab blockiert auch der monoklonale Antikörper EMD 72000 selektiv den EGF-Rezeptor, der auf der Oberfläche von Krebszellen eine Schlüsselrolle für Wachstum und Ausbreitung des Tumors übernimmt. Erste Belege für die Antitumorwirkung von EMD 72000 liegen vor.
Derzeit treibt die US-Pharmatochter der Merck KGaA, EMD Pharmaceuticals, die klinische Phase-II-Prüfung von EMD 72000 in der Indikation Ovarialkarzinom voran. Voraussichtlich wird dort Ende 2003 die Aufnahme von Patientinnen in eine zulassungsrelevante Phase-III-Studie beginnen.
Die Endauswertung der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie mit Theratope® bei 1030 Brustkrebs-Patientinnen wird für Mitte 2003 erwartet. Merck hat die Entwicklungs- und Vermarktungsrechte an Theratope® in Lizenz von Biomira Inc. aus Edmonton, Alberta (Kanada) erworben. hel
Die Merck KGaA informierte, dass sie jetzt bei den Europäischen Behörden die Zulassung für den monoklonalen Antikörper Cetuximab (vorgesehener Handelsname: Erbitux®) für die Behandlung von metastasierendem Darmkrebs als Monotherapie sowie in Kombination mit der Standard-Chemotherapie Irinotecan beantragt hat. Die Ergebnisse der vorliegenden Studien könnten die Basis eines Antrags auf Zulassung für weitere Anwendungsgebiete wie Kopf- Halstumoren, Nasen-Rachentumoren oder fortgeschrittenes nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom bilden.
Die Ausbildung von EGF-Rezeptoren auf der Oberfläche von Tumoren führt gewöhnlich zu einem massiven Voranschreiten der Erkrankung, einer schwachen Reaktion auf die Standardtherapie und verminderter Lebenserwartung. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Blockade des Rezeptors das weitere Wachstum des Tumors hemmt, weil dadurch wichtige Funktionen wie Metastasierung und Nährstoffversorgung beeinträchtigt werden.
Da Cetuximab den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) gezielt blockiert und dabei das abnorme Wachstum der Tumorzellen hemmt, ist davon auszugehen, dass Patienten mit Tumoren, die EGF-Rezeptoren in besonders starkem Maße ausbilden, von einer Therapie mit Cetuximab profitieren werden. Bis zu drei Viertel aller Darmkrebs-Tumore ist EGFR-positiv.
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