Arzneimittel und Therapie

Hefepilzinfektionen: Vaginalmykosen sind keine Bagatelle

Vaginalmykosen werden heutzutage nicht mehr zu den Geschlechtskrankheiten gezählt, trotzdem werden sie von vielen betroffenen Frauen als Tabuthema behandelt. Doch Pilzinfektionen beinhalten gesundheitliche Risiken: Es können sich aufsteigende Infektionen der ableitenden Harnwege entwickeln. Gerade nach dem langen, heißen Sommer mit vielen Schwimmbadbesuchen kommen vermehrt Frauen in die Apotheke, die über Beschwerden klagen.

Die häufigsten Symptome sind Rötungen der Schleimhaut sowie ein juckendes oder brennendes Gefühl. Teilweise ist die Vaginalschleimhaut auch vermehrt schmerzempfindlich. Es kann zu verstärktem Ausfluss kommen, der typischerweise weißlich-krümelig ist und kaum riecht. Der Geruch des Ausflusses ist für den behandelnden Arzt ein diagnostisches Hilfsmittel. Bei Bakterien- und Trichomonadeninfektionen tritt ein stark bzw. faulig riechender Ausfluss auf.

Teilweise verlaufen Pilzinfektionen der Vaginalschleimhaut aber auch ohne erkennbare Symptome und werden dann bei einem gynäkologischen Abstrich oder im Rahmen einer Routineuntersuchung "zufällig" entdeckt. Nicht behandelte Pilzinfektionen beinhalten gesundheitliche Risiken.

So besteht das Risiko einer aufsteigenden Infektion der ableitenden Harnwege und bei schwangeren Frauen das Risiko eines frühzeitigen Blasensprungs. Dadurch wird deutlich, wie wichtig eine regelmäßige Vorsorgeuntersuchung und eine entsprechende Behandlung ist.

Physiologische Vaginalflora ist gestört

Auf der Vaginalschleimhaut sind natürlicherweise Bakterien angesiedelt, die in ihrer Gesamtheit als physiologische Vaginalflora bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich überwiegend um grampositive Stäbchenbakterien der Gattung Lactobacillus, beispielsweise Lactobacillus acidophilus.

Die Laktobazillen benötigen für ihr Wachstum ein saures Milieu und bilden aus Kohlehydraten Milchsäure, die für den pH-Wert von 3,4 bis 4,2 der Vaginalschleimhaut verantwortlich ist. Durch das saure Milieu werden bei gesunden Frauen andere Mikroorganismen, die sich auch in geringen Mengen auf der Vaginalschleimhaut befinden, im Wachstum gehemmt.

Wird die physiologische Vaginalflora gestört und steigt der pH-Wert an, kann es zu einer verstärkten Vermehrung anderer Mikroorganismen kommen.

Falsche Hygiene kann Auslöser sein

Als Auslöser für eine Störung der physiologischen Vaginalflora kommen unterschiedliche Mechanismen infrage. So kann eine übertriebene Hygiene mit Intimpflegemitteln mit alkalischen Inhaltsstoffen die Laktobazillen am Wachstum hemmen.

Auch eine mangelnde Hygiene nach dem Stuhlgang kann eine Ursache von Vaginalmykosen sein: Im Enddarm sind neben anderen Mikroorganismen auch Pilze angesiedelt, die bei einer falschen (richtig ist von der Scheide zum After) Wischtechnik auf die Vaginalschleimhaut gelangen.

Gerade in solch einem langen und heißen Sommer wie in diesem Jahr kann noch ein weiterer Faktor hinzukommen: Häufige Schwimmbadbesuche in stark chlorhaltigem Wasser belasten die physiologische Flora noch zusätzlich.

Auch Arzneimittel können einen Beitrag zur Entstehung der Mykosen leisten: Die Einnahme von Antibiotika zum Beispiel kann sich störend auf die natürliche Flora auswirken. Hier kann eine vorbeugende Behandlung mit Lactobacillus angeraten sein.

Bei der Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva können vermehrt Mykosen auftreten: Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Estrogengehalt und dem Auftreten von Pilzinfektionen. Frauen, die dafür anfällig sind, wird teilweise sogar geraten, auf eine nichthormonelle Verhütung umzusteigen. Gehäuft werden Pilzinfektionen auch bei Schwangeren und bei Frauen mit Diabetes mellitus beobachtet.

Behandlung mit Antimykotika

Die meisten Vaginalmykosen werden durch Candida albicans verursacht, die gegen die gängigen Antimykotika empfindlich sind. In seltenen Fällen sind andere Vertreter der Gattung Candida, wie z. B. Candida glabrata, die Verursacher der Infektion. Häufig reicht eine lokale Behandlung aus. Hierfür stehen die Wirkstoffe aus der Gruppe der Azole (Clotrimazol, Miconazol oder Econazol) sowie Nystatin und Ciclopirox zur Verfügung.

Clotrimazol und Nystatin eignen sich besonders gut für eine Behandlung im Rahmen der Selbstmedikation, weil es eine große Auswahl an nicht rezeptpflichtigen Präparaten für eine Behandlung von ein bis drei Tagen gibt. Die längerandauernde sechstägige Behandlung mit Clotrimazol unterliegt der Verschreibungspflicht.

Sollten sich die Beschwerden nach einer dreitägigen Behandlung nicht deutlich gebessert haben, ist also der Gang zum Arzt unbedingt erforderlich. Frauen, die versuchen den Arztbesuch durch Kauf mehrerer freiverkäuflicher Packungen zu umgehen, sind darüber aufzuklären, dass die Beschwerden auch durch die eher seltenen, meist nicht so einfach zu behandelnden Pilze wie Candida glabrata, verursacht werden können.

Außerdem können Vaginalinfektionen mit anderen Mikroorganismen, beispielsweise Trichomonaden, vorliegen, die auf eine Behandlung mit Nystatin nicht ansprechen und unbehandelt zu Unfruchtbarkeit führen können.

Eine systemische Behandlung mit Fluconazol kann allein oder in Kombination mit einer lokalen Behandlung erfolgen. Der Arzt verordnet die Einmalgabe einer Fluconazol-haltigen Kapsel, wenn eine alleinige lokale Behandlung nicht ausreichend ist oder wenn eine bereits erfolgte lokale Behandlung nicht wirksam war.

Antiseptika bei leichter Vaginalmykose

Neben den Antimykotika stehen Antiseptika und Präparate, die Mikroorganismen enthalten, zur Verfügung. Bei den Antiseptika handelt es sich in erster Linie um Povidon-Jod, das in Form von Lösung, Creme oder als Zäpfchen bzw. Ovula angewendet wird (Betaisodona®, Traumasept® Vaginal-Ovula).

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass bei längerfristiger Anwendung das Risiko einer systemischen Aufnahme von Jod besteht, worüber Patienten mit Schilddrüsenüberfunktion informiert werden sollten. Die Antiseptika eignen sich nur zur Behandlung leichterer bzw. beginnender Pilzerkrankungen.

Bei sehr heftigen Symptomen oder wiederkehrenden Infektionen ersetzen sie nicht die Antimykotika. Präparate mit Mikroorganismen enthalten gefriergetrocknete Kulturen von Lactobacillus grasseri oder Lactobacillus acidophilus. Die Laktobazillen besiedeln die Vaginalschleimhaut und verdrängen krankheitserregende Pilze.

Durch die Bildung von Milchsäure bewirken sie zusätzlich eine Senkung des pH-Wertes und verbessern damit die Bedingungen für den Erhalt der physiologischen Vaginalflora. Auch für diese Präparate gilt, dass sie als alleinige Behandlung von Pilzinfektionen nur bedingt geeignet sind. Die Voraussetzung ist, dass sich die Pilzinfektion im Anfangsstadium befindet und nicht schwerwiegend ist.

Lactobacillus sorgt für sauren pH-Wert

Eine besondere Bedeutung haben die gefriergetrockneten Laktobazillen allerdings bei der Vorbeugung. Bei vielen Frauen, die typischerweise nach einer Antibiotikabehandlung unter Vaginalmykosen leiden, lassen sich durch den Einsatz der Laktobazillen Pilzinfektionen verhindern.

Wenn aufgrund von Schwangerschaft, Diabetes mellitus oder der Einnahme estrogenhaltiger Arzneimittel eine verstärkte Neigung zu Pilzinfektionen besteht, können die gefriergetrockneten Laktobazillen auch regelmäßig angewendet werden.

Andere vorbeugende Maßnahmen bestehen in einer gründlichen Hygiene nach dem Stuhlgang, dem Tragen von luftdurchlässiger Kleidung und dem Weglassen von herkömmlichen Intimpflegemitteln. Als Intimwaschmittel eignen sich nur Präparate, die den sauren pH-Wert der Schleimhaut erhalten.

Partnerbehandlung

Eine Übertragung von Pilzen ist auch durch infizierte Geschlechtspartner möglich. Über die Notwendigkeit einer Behandlung des männlichen Geschlechtspartners herrscht in den Fachkreisen keine Einigkeit. Pilzinfektionen treten bei Männern – anatomisch bedingt – seltener auf.

Und im Vergleich zu einer Pilzinfektion bei Frauen sind die Symptome bei Männern nicht so deutlich ausgeprägt. Wenn bei schwangeren Frauen Pilzinfektionen auftreten, wird aber meist eine gleichzeitige Behandlung des Geschlechtspartners empfohlen.

Die häufigsten Symptome einer Vaginalmykose sind ein juckendes oder brennendes Gefühl. Teilweise verlaufen Pilzinfektionen der Vaginalschleimhaut aber auch ohne erkennbare Symptome und werden dann im Rahmen einer Routineuntersuchung eher "zufällig" entdeckt. Nicht behandelte Pilzinfektionen beinhalten aber gesundheitliche Risiken: So kann es zu einer aufsteigenden Infektion der ableitenden Harnwege kommen.

Behandlung von Vaginalmykosen in der Schwangerschaft und Stillzeit Bei Schwangeren ist eine Besiedlung mit Hefepilzen deutlich häufiger als bei Nichtschwangeren. Hefepilzinfektionen der mütterlichen Vagina führen jedoch nicht wie bakterielle Infektionen zu einer Frühgeburt, sondern es kann bei der Geburt zu einer Übertragung der Hefepilze auf die Haut des Neugeborenen kommen. Von dort werden Mund und Intestinaltrakt besiedelt.

Zur Behandlung von Vaginalmykosen in der Schwangerschaft und Stillzeit werden Polyene und Azol-Derivate empfohlen. Polyene wie das Nystatin werden nicht resorbiert und bei der lokalen Behandlung von Candida-Infektionen im Bereich der Mund-, Darm- und Vaginalschleimhaut angewendet.

Therapie der ersten Wahl stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine lokale Behandlung mit Azolen dar. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen oder allergische Reaktionen treten bei einer intravaginalen Therapie nur sehr selten auf. Azole werden von 2 bis 30% der Gesamtdosis resorbiert. Diese nicht gering erscheinende Konzentration führt jedoch im Serum nach vaginaler Resorption zu niedrigen Spiegeln, die oft unter der Nachweisgrenze liegen: Es sind keine fetalen Risiken nach vaginaler Applikation bekannt.

Die systemische Anwendung von Azolen oral oder parenteral ist aufgrund von in Tierexperimenten nachgewiesenen embryonaltoxischen Veränderungen kontraindiziert. Andere Antimykotika wie Amorolfin, Ciclopirox, Naftidin, Terbinafin, Tolciclat und Tolnaftat sind in der Schwangerschaft und Stillzeit aufgrund einer unzureichenden Erfahrung zu meiden.

Literaturtipp Hefepilzinfektion und Schwangerschaft Friese, K., F. Melchert (Hrsg.): Arzneimitteltherapie in der Frauenheilkunde. Edition Gynäkologie und Geburtsmedizin. XIII, 453 S., 24 Abb., 154 Tab., 80 Formeln, geb., 76 Euro

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2002. ISBN 3-8047-1843-4

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