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Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung: SPD, Grüne und Union auf der Suche
Jedenfalls so viel ist klar: SPD, Grüne und Union haben sich gemeinsam auf die Fahne geschrieben, die Lohnnebenkosten zu senken. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) erklärte am Wochenende, es sei Ziel der Gesundheitsreform, die Beiträge von heute 14,4 auf 13 Prozent zu drücken. Diesen Wert strebt auch die Union an. Auf welche Weise dies zu erreichen ist, bleibt allerdings umstritten. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sagte gar gegenüber dem Berliner "Tagesspiegel" (Ausgabe vom 16. Februar), dass es zur Erreichung des Ziels "erst einmal gleichgültig" sei, ob dies innerhalb des bestehenden Systems der Beitragszahlung oder nach einem Kopfpauschalenmodell à la Bert Rürup geschehe. Besagtes Kopfpauschalenmodell nach Schweizer Vorbild, nach dem soziale Ungleichgewichte durch Steuerfinanzierung ausgeglichen werden sollen, schmeckt allerdings weder Schmidt noch ihrem Unions-Gegenspieler Horst Seehofer.
Scholz: Verstanden wird nur ein Gesamtkonzept ...
Und so ist das Bundesgesundheitsministerium derzeit immer wieder damit beschäftigt, Ideen aus eigenen Koalitionskreisen zurückzuweisen. Auch SPD-Generalsekretär Olaf Scholz erklärte am 17. Februar, die rot-grüne Koalition arbeite an einem Gesamtkonzept und werde sich nicht vorab auf Details festlegen. Man habe bereits bei "Hartz" gelernt, dass die Bevölkerung Reformen nur als Gesamtkonzept verstehe. Doch da war manches schon ausgesprochen. Und es ist nicht absehbar, dass sämtliche Gesundheitspolitiker bis Mai schweigen werden.
... doch tatsächlich machen "Einzelmeinungen" die Runde
So meldeten etwa am vergangenen Wochenende verschiedene Presseberichte, der SPD-Abgeordnete Eike Hovermann habe sich gemeinsam mit einigen Kollegen in einem internen Papier für das Einfrieren des Arbeitgeberanteils ausgesprochen. Damit wurden der Union, die dies ebenfalls fordert, deutliche Avancen gemacht. Doch Hovermanns Auffassung wurde seitens des Ministeriums rasch als "Einzelmeinung" abgetan.
Schmidt hält nichts von dem Vorschlag. Allerdings schlug kurz darauf auch SPD-Fraktionsvize Gudrun Schaich-Walch in die gleiche Kerbe ein: Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärte sie am 17. Februar, dass das jedenfalls zeitweise Einfrieren des Arbeitgeber-Anteils auch für sie eine Option sei. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Biggi Bender, zeigte sich verhandlungsbereit. Gegenüber der "Welt" sagte sie: "Die Arbeitgeber auf Kosten der Arbeitnehmer zu entlasten halte ich zwar für den falschen Weg", es sei jedoch "richtig, nicht stur an der paritätischen Finanzierung festzuhalten". Sonst nehme man sich die Möglichkeit über neue Einnahmequellen für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nachzudenken.
Rürups Sparliste
Derweil wurden am vergangenen Wochenende weitere Diskussionspunkte der Rürup-Kommission bekannt: So bestätigte Schmidt, dass dort die teilweise Steuerfinanzierung von GKV-Leistungen geprüft werde. Doch der Vorsitzende der Kommission hat offenbar auch weitere einschneidende Vorschläge, die er mit den übrigen Kommissionsmitgliedern wird bereden müssen: Presseberichten zufolge will er rund 20 Mrd. Euro in der GKV einsparen. Erwägt werde, die Leistungen für Freizeitunfälle und das Krankengeld aus dem GKV-Leistungskatalog zu streichen. Zudem werde ein Eintrittsgeld beim Arztbesuch geprüft. Der "Spiegel" meldet in seiner neuen Ausgabe gar, die Abschaffung der privaten Krankenkassen stehe zur Debatte.
Doch Kommissionsmitglied Gerd Wagner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, der sich hierfür ausgesprochen haben soll, will sich nicht falsch verstanden wissen. Seine Idee sei eher, eine Art gesetzliche Grundversicherung für alle zu schaffen und privaten Kassen zu überlassen, Zusatzleistungen für weitergehende Leistungen zu überlassen. Er favorisiere die Einführung einer "pauschalen Gesundheitsprämie mit sozialem Ausgleich". Der feste Arbeitgeberbeitrag für die Versicherungen würde dann auf den Lohn aufgeschlagen. Familien sowie Personen mit niedrigen und mittleren Einkommen könnten mit staatlichen Zuschüssen unterstützt werden. Das Bundesgesundheitsministerium stellte umgehend klar, dass die private Krankenversicherung nicht angetastet werden soll.
Seehofer zählt auf die Grünen
Auch der Gesundheitsexperte der CDU/CSU-Fraktion Seehofer meldete sich am Wochenende zu Wort. In einem Interview mit der Berliner Zeitung (Ausgabe vom 15. Februar), sagte er, er zähle bei Konsensgesprächen mit der Regierung vor allem auf die Grünen: Sie seien der "entscheidende Reformmotor" in der Gesundheitspolitik, da sie "gegen Planwirtschaft, für Wettbewerb und für mehr Eigenverantwortung" seien. Er hoffe daher, dass es den Grünen gelinge, der SPD "Beine zu machen". Zudem sprach sich Seehofer für eine Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversicherung aus. Dies nehme den Anreiz, "finanzielle Verpflichtungen zwischen den Systemen hin- und herzuschieben" und könne Verwaltungskosten von "einigen Hundert Millionen Euro" sparen, so der Ex-Gesundheitsminister.
Am Donnerstag, dem 20. Februar wird die Rürup-Kommission erneut zusammenkommen. Es gibt noch einiges zu tun, vor allem was die Konsenssuche betrifft, will man bis Mai ein Konzept für die Reform der Ministerin erarbeitet haben. Schmidt wird auch weiterhin damit leben müssen, dass Diskussionen um die Reform nicht hinter geräuschdicht verschlossenen Türen stattfinden können.
Eigentlich wollte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bis Mai Ruhe haben: Sowohl die Regierungskoalition als auch die Rürup-Kommission sollten ihre Arbeit an der Gesundheitsreform möglichst hinter verschlossenen Türen erledigen. Doch dieses Vorhaben gestaltet sich schwierig. Immer wieder scheren Teile der Grünen und der SPD aus und kommentieren Ideen der Opposition oder die ebenfalls nach außen sickernden Meinungen einzelner Kommissionsmitglieder.
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