Arzneimittel und Therapie

CSE-Hemmer: Pravastatin schützt Ältere vor schweren Koronarereignissen

In der PROSPER-Studie wurden Wirksamkeit und Sicherheit eines CSE-Hemmers erstmals ausschließlich an Älteren untersucht. Teilnehmer waren Gefäßkranke und Menschen mit kardiovaskulären Risikofaktoren ab 70 Jahre. Durchschnittlich 3,2 Jahre lang nahmen sie täglich 40 mg Pravastatin oder ein Plazebo ein. Der primäre Endpunkt - Koronartod, nicht-tödlicher Herzinfarkt oder Schlaganfall - trat mit Pravastatin um 15% seltener auf als mit Plazebo. Die Zahl der Schlaganfälle war jedoch gleich.

In zahlreichen Studien haben CSE-Hemmer ihren Nutzen in der Primär- und Sekundärprävention koronarer und zerebrovaskulärer Ereignisse unter Beweis gestellt. Die meisten Studien beschränkten sich jedoch auf männliche Teilnehmer mittleren Alters.

In der PROSPER-Studie (PROspective Study of Pravastatin in the Elderly at Risk) wurden Wirksamkeit und Sicherheit des CSE-Hemmers Pravastatin an älteren Menschen untersucht. Teilnehmen konnten Personen, die bereits an einer koronaren, zerebralen oder peripheren Gefäßerkrankung litten oder ein hohes Risiko hierfür aufwiesen, weil sie rauchten bzw. Bluthochdruck oder Diabetes mellitus hatten.

Die Studie fand in Schottland, Irland und den Niederlanden statt. Die Teilnehmer waren zwischen 70 und 82 Jahre alt. Sie hatten zu Beginn einen Gesamt-Cholesterol-Wert zwischen 4 und 9 mmol/l (154 bis 347 mg/dl) und einen Triglycerid-Wert unter 6 mmol/l (526 mg/dl). Nach einer vierwöchigen einfachblinden Plazebophase wurden Patienten mit Non-Compliance oder zu geringer kognitiver Leistungsfähigkeit von der weiteren Teilnahme ausgeschlossen.

Die Endpunkte

Die Studienplanung sah vor, dass mindestens 3000 Frauen und 2500 Männer drei Jahre oder länger mit Pravastatin bzw. Plazebo behandelt werden sollten. Der primäre Endpunkt bestand aus der Zahl der Koronartodesfälle, nicht-tödlichen Herzinfarkten und Schlaganfällen. Als sekundäre Endpunkte wurden koronare und zerebrovaskuläre Komponenten des primären Endpunkts getrennt erfasst. Tertiäre Endpunkte waren unter anderem transiente ischämische Attacken (TIA) und kognitive Leistungsfähigkeit.

5804 Personen - 3000 Frauen und 2804 Männer - nahmen an der Studie teil. Sie bekamen randomisiert entweder 40 mg Pravastatin (n = 2891) oder ein Plazebo (n = 2913) zur täglichen Einnahme. Die Patienten wurden durchschnittlich 3,2 Jahre lang behandelt. Die beiden Behandlungsgruppen waren zu Beginn in allen Kriterien vergleichbar: 48% der Teilnehmer waren männlich, ein gutes Viertel rauchten, über 60% litten an Bluthochdruck und über 10% an Diabetes mellitus. Rund 45% hatten bereits eine Gefäßerkrankung. Der LDL-Cholesterol-Ausgangswert betrug im Mittel 3,8 mmol/l (147 mg/dl), der HDL-Cholesterol-Ausgangswert lag bei 1,3 mmol/l (50 mg/dl) und der Triglycerid-Ausgangswert bei 1,5 mmol/l (132 mg/dl).

LDL-Cholesterol um ein Drittel gesenkt

Nach drei Monaten war der LDL-Cholesterol-Wert in der Pravastatingruppe um 34% niedriger als in der Plazebogruppe, der HDL-Cholesterol-Wert um 5% höher und der Triglycerid-Wert um 13% niedriger. Eine Messung im zweiten Behandlungsjahr zeigte, dass der LDL-Cholesterol-Wert verringert blieb (gegenüber Plazebo um 33%).

Primärer Endpunkt 15% seltener

Die Intention-to-treat-Analyse ergab: Der primäre Endpunkt trat mit Pravastatin um 15% seltener auf als mit Plazebo (Tab. 1). Koronarereignisse waren unter dem CSE-Hemmer um 19% reduziert. Schlaganfälle traten dagegen in beiden Gruppen gleich häufig auf. Transiente ischämische Attacken waren mit Pravastatin um 25% seltener als mit Plazebo. Dieses Ergebnis lag aber noch unter der Signifikanzgrenze. Die kognitive Leistungsfähigkeit sank in beiden Gruppen ähnlich stark.

Krebserkrankungen möglicherweise häufiger

Die Gesamtsterblichkeit unterschied sich nicht zwischen den Behandlungsgruppen. Die Zahl der Koronartodesfälle war mit Pravastatin um 24% reduziert (signifikant). Gleichzeitig war die Zahl der Krebstodesfälle jedoch um 28% erhöht (115 gegenüber 91). Neue Krebserkrankungen, darunter gastrointestinale Tumoren, renale/urogenitale Tumoren, Atemwegstumoren und Brustkrebs, wurden in der Pravastatingruppe insgesamt um 25% häufiger diagnostiziert als in der Plazebogruppe.

Um der Frage einer möglicherweise erhöhten Krebserkrankungsrate unter Pravastatin und anderen CSE-Hemmern nachzugehen, wurde eine Metaanalyse vorgenommen, in der die Krebserkrankungsraten aus randomisierten, plazebokontrollierten, mehr als drei Jahre dauernden CSE-Hemmer-Studien zusammengefasst wurden. Dabei zeigte sich weder für Pravastatin noch für die CSE-Hemmer insgesamt ein signifikant erhöhtes Krebserkrankungsrisiko.

Keine Rhabdomyolyse als Nebenwirkung

In der PROSPER-Studie berichteten 1608 (56%) der mit Pravastatin Behandelten und 1604 (55%) der mit Plazebo Behandelten mindestens eine Nebenwirkung. Schwere Nebenwirkungen waren gleich häufig. Eine Rhabdomyolyse trat nicht auf. Bei einer Laboruntersuchung nach drei Monaten hatte jeweils ein Patient jeder Gruppe erhöhte Alaninaminotransferase- und Aspartataminotransferase-Plasmakonzentrationen. Ein auf mehr als das Zehnfache der oberen Normgrenze erhöhter Creatinkinase-Wert kam nicht vor.

Kein Schlaganfallschutz für Ältere?

Die dreijährige Pravastatin-Behandlung senkte also bei über 70-Jährigen das relative Risiko eines Herzinfarktes oder Koronartodes. Dass das Schlaganfallrisiko nicht zurückging, kann nach Ansicht der Autoren folgende Gründe haben:

  • Die statistische "Power" der Studie im Hinblick auf den Schutzeffekt vor Schlaganfällen war viel geringer als geplant, weil die Schlaganfallrate in der Plazebogruppe nur die Hälfte des vorhergesagten Wertes betrug.
  • Eine Studiendauer von drei Jahren genügt möglicherweise nicht, um einen Nutzen des CSE-Hemmers im Hinblick auf das Schlaganfallrisiko zu erkennen. Andere CSE-Hemmer-Studien deuten darauf hin, dass der Schlaganfallschutz später als der Koronarschutz auftritt.
  • Eine Verlangsamung des kognitiven Leistungsrückgangs durch CSE-Hemmer, wie sie aufgrund von Beobachtungsstudien vermutet wurde, konnte weder in der PROSPER-Studie noch in der Heart Protection Study bestätigt werden.
  • Krebserkrankungen traten in der Pravastatingruppe signifikant häufiger auf als in der Plazebogruppe. Dieser Unterschied reichte allerdings vom ersten bis zum letzten Behandlungsjahr und beschränkte sich auf keine spezielle Krebserkrankung. Daher und aufgrund der durchgeführten Metaanalyse werten die Autoren die erhöhte Krebserkrankungsrate in PROSPER als Zufallsbefund. Sie empfehlen, ältere Gefäßpatienten und Hochrisikopersonen genauso wie mittelalte mit einem CSE-Hemmer zu behandeln.

Quelle

Shepherd, J., et al.: Pravastatin in elderly individuals at risk of vascular disease (PROSPER): a randomised controlled trial. Lancet 360, 1623 - 1630 (2002). Collins, R., J. Armitage: High-risk elderly patients PROSPER from cholesterol-lowering therapy. Lancet 360, 1618 - 1619 (2002).

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