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Gesundheitsreform: Das ändert sich zum 1. Januar 2004 im deutschen Gesundheitsw
Einführung von DRG-Fallpauschalen in Krankenhäusern. Ab dem 1. Januar 2004 wird das Vergütungssystem im stationären Bereich von einem Mischsystem aus tagesbezogenen Pflegesätzen (75 %) und Fallpauschalen/Sonderentgelte (25%) auf ein umfassendes DRG-Fallpauschalensystem (DRG – Diagnosis Related Groups) umgestellt. Das neue System hat sich international bewährt und wird bereits in vielen anderen europäischen Ländern angewandt. Während die Krankenhäuser im Jahr 2003 ihre Leistungen noch freiwillig mit DRG-Fallpauschalen abrechnen konnten, wird das neue Vergütungssystem ab dem Jahr 2004 für alle Krankenhäuser verbindlich. Ausgenommen von der DRG-Einführung bleiben vorerst psychiatrische Einrichtungen. Für sie gelten weiterhin tagesgleiche Pflegesätze.
Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen. Eingeführt werden soll ein flächendeckendes Angebot von Hausarztmodellen durch die Krankenkassen (Hausarzt als Lotse im Gesundheitswesen). Die integrierte Versorgung soll weiter entwickelt werden z. B. durch Öffnung der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung. Geplant ist auch, medizinische Versorgungszentren nah dem Beispiel der ehemaligen Polikliniken der DDR einzurichten.
Die Krankenkassen erhalten die Möglichkeit, im Bereich der integrierten Versorgung Direktverträge mit Ärzten abzuschließen. Die Vergütung der ärztlichen Leistungen soll grundsätzlich auf feste Preise umgestellt werden. Und: Bis 2006 soll eine Einkommensangleichung für die Kassenärzte in Ostdeutschland an das Westniveau erfolgen.
Gesundheitsreform schafft Klarheit zugunsten Pflegebedürftiger. Mit der Gesundheitsreform wird Klarheit darüber geschaffen, dass die Kosten für das An- und Ausziehen von Stützstrümpfen ab Kompressionsklasse 2 von der Krankenkasse bezahlt werden. "Damit wird ein jahrelanger Streit zu Lasten der Pflegebedürftigen beendet. Pflegebedürftige werden entlastet, denn bisher mussten sie die Kosten häufig selber tragen", unterstreicht Bundessozialministerin Ulla Schmidt.
Die gesetzliche Neuregelung führt nicht nur zu einer wirksamen Hilfe für die Pflegebedürftigen, sie schafft auch für die Anbieter von Pflegeleistungen die notwendige Rechtssicherheit. Sie können das An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe künftig den Krankenkassen in Rechnung stellen.
Neues Krankenpflegegesetz. Die Pflege ist zu einem eigenständigen Aufgabenbereich geworden. Ihre Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Deshalb war es höchste Zeit, auch den Ausbildungsbereich zu modernisieren. Dies ist mit dem Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege vom 16. Juli 2003 und der dazu erlassenen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung vom 10. November 2003 geschehen. Diese Neuregelungen helfen den Krankenpflegeberufen den ständig wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden und kommen somit letztendlich den Patientinnen und Patienten zugute.
Versorgungsbezüge. Rentnerinnen und Rentner müssen bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze auf ihre sonstigen Versorgungsbezüge wie Betriebsrenten und Alterseinkünfte aus selbständiger Tätigkeit den vollen Krankenkassen- und Pflegebeitrag zahlen.
Die neuen Zuzahlungs- und Finanzierungsregelungen
Vereinfachte Zuzahlungsregeln. Grundsätzlich wird künftig bei allen Leistungen eine Zuzahlung von zehn Prozent der Kosten erhoben. Höchstens allerdings zehn Euro, mindestens fünf Euro. Wenn die Kosten unter fünf Euro liegen, wird der tatsächliche Preis gezahlt.
Belastungsgrenzen. Alle Zuzahlungen werden künftig für das Erreichen der Belastungsgrenze berücksichtigt. Die jährliche Eigenbeteiligung der Versicherten darf zwei Prozent der Bruttoeinnahmen nicht überschreiten. Für chronisch Kranke gilt eine Grenze von einem Prozent der Bruttoeinnahmen. Für Familien verringert sich die Belastungsgrenze durch die Kinderfreibeträge (pro Kind 3648 Euro) und gegebenenfalls den Freibetrag für den Ehepartner (4347 Euro). Bei Beziehern von Sozialhilfe gilt der Regelsatz des Haushaltsvorstands als Berechnungsgrundlage für die Belastungsgrenze. Das heißt, ein chronisch kranker Sozialhilfeempfänger zahlt im Jahr rund 36 Euro, ansonsten 72 Euro.
Befreiung für Kinder und Jugendliche. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind generell von Zuzahlungen befreit.
Bonusregelung. Wer aktiv Vorsorge betreibt und an Präventionsmaßnahmen teilnimmt, kann von seiner Krankenkasse einen finanziellen Bonus bekommen. Das kann beispielsweise eine teilweise Befreiung von den Zuzahlungen oder auch eine Ermäßigung des Beitrags sein. Das gilt auch für Versicherte, die an einem Hausarztsystem, an einem Chronikerprogramm oder an einer integrierten Versorgung teilnehmen.
Zuzahlungsbefreiungen. Ab dem 1. Januar 2004 gelten die alten Befreiungen nicht mehr. Wenn man seine Belastungsgrenze erreicht hat, stellt die jeweilige Kasse für den Rest des Kalenderjahres eine Befreiung aus.
Zuzahlungen
Arztbesuch: Praxisgebühr von 10 Euro pro Quartal beim Arzt oder Zahnarzt.
Überweisungen: Wer von einem Arzt zu einem anderen Arzt überwiesen wird, zahlt dort keine Praxisgebühr mehr, wenn der zweite Arztbesuch in dasselbe Quartal fällt.
Vorsorge: Kontrollbesuche beim Zahnarzt, Vorsorge- und Früherkennungstermine, Schutzimpfungen und Schwangerenvorsorge sind davon ausgenommen.
10 Euro pro Quartal bedeutet: Wer immer erst zum Hausarzt geht und sich überweisen lässt, muss die Praxisgebühr von 10 Euro nur einmal im Quartal bezahlen, auch wenn verschiedene Arztbesuche notwendig sind.
Verschreibungspflichtige Arzneimittel und Verbandmittel: Zuzahlung von 10% des Preises, jedoch mindestens 5 Euro und maximal 10 Euro pro Arzneimittel.
Beispiele: Ein Medikament kostet 10 Euro. Die Zuzahlung beträgt mindestens 5 Euro. Ein Medikament kostet 75 Euro. Die Zuzahlung beträgt 10% vom Preis, also 7,50 Euro. Ein Medikament kostet 120 Euro. Die Zuzahlung ist auf maximal 10 Euro begrenzt.
Heilmittel und häusliche Krankenpflege: Zuzahlung von 10% der Kosten des Mittels zuzüglich 10 Euro je Verordnung (bei häuslicher Krankenpflege auf 28 Tage pro Kalenderjahr begrenzt).
Beispiel: Wenn auf einem Rezept sechs Massagen verordnet werden, beträgt die Zuzahlung 10 Euro für diese Verordnung und zusätzlich 10% der Massagekosten.
Hilfsmittel: Zuzahlung von 10% für jedes Hilfsmittel (z. B. Hörgerät, Rollstuhl), jedoch mindestens 5 Euro und maximal 10 Euro. In jedem Fall nicht mehr als die Kosten des Mittels. Ausnahme: Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind (z. B. Windeln bei Inkontinenz): Zuzahlung von 10% je Verbrauchseinheit, aber maximal 10 Euro pro Monat.
Krankenhaus: Zuzahlung von 10 Euro pro Tag, aber begrenzt auf maximal 28 Tage pro Kalenderjahr. Ein durchschnittlicher Krankenhausaufenthalt dauert 9 Tage.
Stationäre Vorsorge und Rehabilitation: Zuzahlung von 10 Euro pro Tag, bei Anschlussheilbehandlungen begrenzt auf 28 Tage.
Medizinische Rehabilitation für Mütter und Väter: Zuzahlung von 10 Euro pro Tag.
Soziotherapie und Haushaltshilfe: Zuzahlung von 10% pro Tag, jedoch höchstens 10 Euro und mindestens 5 Euro.
Leistungen der Krankenkasse
Nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel: Nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel werden von den gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich nicht mehr erstattet. Ausnahmen: Bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen, wenn solche Arzneimittel zum Therapiestandard gehören. Dabei fällt eine Zuzahlung von 10% der Kosten des Medikaments, maximal 10 Euro, an. Das heißt für ein Medikament unter 5 Euro zahlt man den tatsächlichen Preis des Arzneimittels. Für ein Medikament bis 50 Euro beträgt die Zuzahlung 5 Euro. Kostet das Medikament mehr, sind maximal 10 Euro zu bezahlen. Diese Regelung gilt allerdings erst ab 1. April 2004. Weitere Ausnahmen: Verordnungen für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen. Nicht-verschreibungspflichtige Medikamente werden heute schon zu zwei Dritteln selbst bezahlt. Weiter werden Arzneimittel, die überwiegend der Verbesserung der privaten Lebensführung dienen (z. B. Viagra), nicht mehr erstattet.
Fahrkosten: Fahrkosten zur ambulanten Behandlung werden grundsätzlich nicht mehr von der Krankenkasse übernommen. Ausnahme: Wenn es zwingende medizinische Gründe gibt, kann die Krankenkasse in besonderen Fällen eine Genehmigung erteilen und die Fahrkosten übernehmen.
Sehhilfen/Brillen: Grundsätzlich übernehmen die Krankenkassen keinen Zuschuss mehr. Ausnahme: Ein Leistungsanspruch besteht auch weiterhin für Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sowie für schwer sehbeeinträchtigte Menschen.
Künstliche Befruchtung: Reduzierung von vier auf drei Versuche, die von der Krankenkasse zu 50% bezahlt werden. Altersbegrenzung für Frauen zwischen 25 und 40 Jahren, für Männer bis 50 Jahre.
Sterilisation: Keine Kostenübernahme bei Sterilisationen, die der persönlichen Lebensplanung dienen. Ausnahme: Für medizinisch notwendige Sterilisationen werden die Kosten weiterhin von der Krankenkasse übernommen.
Sterbegeld/Entbindungsgeld: Werden aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung herausgenommen.
Mutterschaftsgeld, Empfängnisverhütung, Schwangerschaftsabbruch, Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes: Für die Versicherten ändert sich nichts, da sie diese Leistungen auch weiterhin von der Krankenkasse erhalten. Da es sich um Leistungen handelt, die im gesamtgesellschaftlichen Interesse sind, werden diese künftig aus Steuermitteln finanziert. Zu diesem Zweck wird die Tabaksteuer in drei Stufen bis 2005 erhöht.
Zahnersatz: Bis Ende 2004 ändert sich nichts. Ab 2005 wird Zahnersatz als obligatorische Satzungsleistung von den gesetzlichen Krankenkassen angeboten. Die Versicherten bezahlen dann für die Absicherung des Zahnersatzes einen eigenen monatlichen Beitrag, voraussichtlich unter 10 Euro. Mitversicherte Familienangehörige zahlen keinen Beitrag. Der Zahnersatz kann auch privat versichert werden.
Am Umfang, an der Qualität der Versorgung sowie den Härtefallregelungen wird sich gegenüber heute nichts ändern. Die Bonusregelungen gelten weiterhin. Ab 2005 werden befundbezogene Festzuschüsse eingeführt. Kosten oberhalb dieser Festzuschüsse tragen die Versicherten selbst.
Krankengeld: Bleibt Leistung der Krankenkasse. Ab 2006 wird von den Versicherten ein Sonderbeitrag in Höhe von 0,5% erhoben. Der allgemeine Beitragssatz zur Krankenversicherung, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte zahlen, sinkt um 0,5 Prozentpunkte.
Verbesserung der Patientensouveränität und der Qualität der Patientenversorgung. Dazu gehört z. B., dass Versicherte beim Arzt eine Patientenquittung verlangen können. Teilnehmer am Hausarztmodell, an Vorsorge oder Präventionsmaßnahmen können von ihrer Kasse einen Bonus erhalten (z. B. durch Erlass der Praxisgebühr). Für Versicherte in der GKV besteht außerdem die Möglichkeit, im EU-Ausland zur ambulanten Behandlung zum Arzt zu gehen. Nur bei einer stationären Behandlung muss im Vorfeld die Zustimmung der Krankenkasse eingeholt werden.
Krankenkassen haben das Recht, freiwillig GKV-Versicherten Tarife mit Beitragsrückgewähr oder Selbstbehalten anzubieten. Außerdem ist beschlossen, einen Patientenbeauftragten einzusetzen. Um die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern, soll eine staatsunabhängige Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit eine Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln vornehmen. Ärzte werden zur Fortbildung verpflichtet.
Zum 1. Januar tritt eine Vielzahl von Reformen und Änderungen im deutschen Gesundheitswesen in Kraft. Über die apothekenspezifischen Veränderungen haben wir im vergangenen Jahr fortlaufend berichtet. In dieser Ausgabe finden Sie eine Übersicht über die weiteren Änderungen, die zum 1. Januar 2004 in der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft treten.
Das GKV-Modernisierungsgesetz
Den Gesetzestext des GKV-Modernisierungsgesetzes haben wir in DAZ 2003, Nr. 48, S. 113, veröffentlicht. Den Gesetzestext finden Sie auch im Internet unter www.die-gesundheitsreform.de/presse/Gesetzestexte/pdfs/ GKV-Modernisierungsgesetz-GMG.pdf
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