Rechtsprechung aktuell

Magnetfolien: Apothekenüblich und irreführend?

Magnetische Produkte mit medizinischen Indikationen und der Streit um ihre Einstufung als apothekenübliche Waren haben in der Vergangenheit immer wieder Behörden und Gerichte beschäftigt. Ergebnis: Magnetpflaster und -folien gehören nicht zum apothekenüblichen Sortiment.

Später fielen Magnetpflaster und -folien unter den Medizinproduktebegriff, und der Gesetzgeber öffnete über eine Aufweichung des § 25 Apothekenbetriebsordnung wieder die mühsam höchstrichterlich (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. August 1987, Az.: 3 B 5.87) verschlossene Apothekentür für solch windige Waren.

Nach den Regelungen des Medizinprodukterechts nimmt bei Medizinprodukten der Klasse 1, also der geringsten Risikoklasse, der Inverkehrbringer selbst die CE-Kennzeichnung vor. Diesem Schritt muss ein so genanntes Konformitätsbewertungsverfahren vorangehen, in dem Eignung des Produkts, die vorgegebenen Leistungen zu erfüllen, durch eine klinische Bewertung auf der Grundlage wissenschaftlichen Erkenntnismaterials zu überprüfen ist.

In einer neueren juristischen Auseinandersetzung wurde bezweifelt, dass eine magnetische Folie in der Gebrauchsinformation beschriebene Wirkversprechen wie

  • Gegen Muskel- und Gelenkschmerzen,
  • Behandlung von Muskel- und Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Schmerzen im Hals-, Nacken- und Schulterbereich, Schmerzen an den unteren Extremitäten, sowie Schmerzen bei peripherer Neuropathie (Nervenschmerzen) halten könne.

Nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere vor, wenn Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben. Die behördliche Überprüfung ergab, dass der Inverkehrbringer die dem über 60 Euro teuren Produkt beigelegten Wirkungen tatsächlich nicht belegen konnte. Gerichtlich wurden Verstöße gegen das Medizinprodukte- sowie das Heilmittelwerbegesetz festgestellt (OLG München, Urteil vom 11. Juli 2002, Az.: 29 U 1868/02).

Fazit: Das Fehlen eines behördlichen Zulassungsverfahrens für Medizinprodukte auf der Basis der Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sowie die sich über viele Jahre hinschleppenden juristischen Auseinandersetzungen ermuntern so manchen Geschäftemacher zu illegalen Aktivitäten mit hohen Gewinnaussichten. Die Apotheken sollten sich hüten, durch unkritische Auslegung des Katalogs apothekenüblicher Waren als Helfershelfer unseriöser Anbieter zu dienen. Der viel beschworene pharmazeutische Sachverstand könnte hier genutzt werden, um vor der Übernahme ins Sortiment konkrete Fragen nach dem Wirkungsbeleg zu stellen. Übrigens ist eine auf einem Produkt aufgebrachte Pharmazentralnummer (leider) kein Nachweis einer erfolgreichen Prüfung auf Seriosität oder Apothekenüblichkeit.

Dr. Michael Schmidt, Rottenburg

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