Selbstmedikation

Schnupfen – wenn die Nase dicht ist

Erkältungsschnupfen ist eine Bagatellerkrankung, doch die Anwendung von Schnupfensprays ist nicht unproblematisch: Sie birgt die Gefahr des Dauergebrauchs und des Missbrauchs. Doch nicht jede trockene Nase lässt auf Nasentropfenmissbrauch schließen und nicht jeder Dauergebrauch von abschwellenden Nasensprays ist gleich Missbrauch. Für eine verantwortungsvolle Anwendung von abschwellenden Nasentropfen und -sprays ist ein Beratungsgespräch unerlässlich.

Kaum eine Arzneimittelgruppe ist so bekannt wie die der Nasentropfen und Nasensprays. Fast jeder Mensch wendet sie einmal in seinem Leben an. Schnupfen gilt als Bagatellerkrankung. Zu diesem Thema fragt ein Kunde nicht nach, weil sich schließlich jeder damit auskennt. Eine Beratung kommt häufig nicht zustande, weil auch PTA und Apotheker glauben, jeder weiß Bescheid.

Dabei müssen in der Beratung zum Thema Schnupfen – wie immer – die entscheidenden Fragen gestellt werden, um eine sachgerechte Behandlung zu ermöglichen:

1. Wer ist der Patient? 
2. Welche Beschwerden sollen behandelt werden und wie lange bestehen die Beschwerden bereits? 
3. Welche Behandlung hat der Patient bis jetzt schon durchgeführt? 
4. Welche anderen Arzneimittel nimmt der Patient ein?

Zunächst muss abgeklärt werden, wer eigentlich behandelt werden soll. Die Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern bis zu zwei Jahren gehört in die Hand eines Kinderarztes. Auch eine scheinbar banale Erkältung kann bei den kleinen Patienten schwere Krankheitszustände auslösen, die nicht im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden können.

Oft mehr als ein einfacher Erkältungsschnupfen

Ein normaler Erkältungsschnupfen beginnt meist ähnlich wie ein allergischer Schnupfen mit Niesattacken. Das sich bildende Sekret ist gering und eher dickflüssig. Gleichzeitig zeigen sich oft andere Erkältungssymptome, wie Halsschmerzen und Schluckbeschwerden, Kopf- und Gliederschmerzen oder Husten. In den nächsten Tagen bildet sich dann reichlich Schnupfensekret. Der Patient klagt über eine "ständig laufende Nase". Schließlich kann sich die Nase ganz zusetzen. Die Schleimhäute sind angeschwollen, das Sekret kann nicht mehr abfließen und verfestigt sich.

Klagt der Patient über starke Kopfschmerzen, die sich vor allem beim Bücken verstärken, treten gleichzeitig Ohrenschmerzen auf oder leidet er unter Fieber, sind die Grenzen der Selbstmedikation überschritten. Der Patient gehört in ärztliche Behandlung, um seine akute Sinusitis oder Otitis media auszukurieren.

Abschwellende Nasensprays

  • nur bei Bedarf anwenden
  • höchstens dreimal täglich einen Sprühstoß in jedes Nasenloch geben
  • Wirkung setzt nach ca. 10 Minuten ein
  • Anwendung nicht länger als fünf bis sieben Tage

Vorsicht bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Bleibt es jedoch bei milderen Beschwerden, so ist in dieser Zeit die lokale Anwendung von abschwellenden Nasensprays bzw. -tropfen mit einem Alpha-Sympathomimetikum als Wirkstoff empfehlenswert. Die Nasenschleimhaut schwillt ab, der Niesreiz wird verringert, das sich bildende Schnupfensekret kann abfließen. Einige Patienten kommen, so lange der Schnupfen fließt, in dieser Phase ohne Behandlung aus. Problematisch wird es jedoch, wenn die Nase ganz "zu sitzt". Betroffen sind vor allem Menschen mit engen Gängen im Bereich der Nasennebenhöhlen. Für sie ist bei jedem "leichten" Schnupfen eine Nasennebenhöhlenentzündung vorprogrammiert, wenn sie nicht mit abschwellenden Nasentropfen vorbeugen.

Vorsicht ist geboten bei Patienten mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Engwinkelglaukom oder Prostataadenom. Ein exzessiver Gebrauch kann die Grunderkrankungen verschlechtern. Deshalb gelten diese Krankheiten als Kontraindikation.

Die Begrenzung der Anwendungsdauer auf fünf bis sieben Tage erfolgt, weil ein normaler Erkältungsschnupfen nach dieser Zeit vorbei ist. Bei einem starken Schnupfen mit reichlich Sekret kann die Anwendungszeit sich auch einmal auf 14 Tage ausdehnen. Sobald über längere Zeit Beschwerden bestehen, ist das ein Grund, eine ärztliche Diagnose einzuholen, um eine ursachenbezogene Behandlung einzuleiten.

Zusatzbehandlung eines Erkältungsschnupfens

Bei leichten Schnupfensymptomen kann die Behandlung allein mit abschwellenden Nasentropfen ausreichen. Bei stärkerer Sekretbildung können Sekretolytika zur Unterstützung des Sekretabflusses angewendet werden. Auch sie können einer Sinusitis vorbeugen. Pflanzliche Sekretolytika, wie Myrtol oder Cineol, sind chemischen Wirkstoffen gegenüber gleichwertig. Der Einsatz kann nach persönlichen Vorlieben und individueller Verträglichkeit erfolgen. Zusätzlich können Dampfinhalationen mit Zusatz von ätherischen Ölen und Kochsalz-haltige Nasentropfen zur Sekretverdünnung eingesetzt werden. Zur Pflege der wunden Nasenflügel eignen sich Dexpanthenol-haltige Nasensalben.

 

Fragen zum Einstieg ins Beratungsgespräch 

Einmal das abschwellende Nasenspray, bitte! 

  • Wer ist der Patient? Ist das Spray für Sie? Möchten Sie das Erwachsenenspray oder das Kinderspray? Ich frage Sie, weil zur Behandlung von Kleinkindern oder Grundschulkindern die Hälfte der Dosierung ausreicht.
  • Welche Beschwerden haben Sie genau? Sitzt Ihre Nase zu und Sie bekommen keine Luft mehr? Haben Sie dabei auch Erkältungssymptome? Läuft Ihre Nase ständig? Sie nehmen es, um besser Luft durch die Nase zu bekommen? Ich frage Sie, weil es verschiedene Arten von Schnupfen, verschiedene Ursachen für eine verstopfte Nase und unterschiedliche Möglichkeiten der Behandlung gibt.
  • Wie lange haben Sie schon den Schnupfen? Wie lange brauchen Sie schon das Nasenspray? Sie wissen sicherlich, dass Sie das Spray nur über wenige Tage nehmen sollen? Ich frage Sie, um Ihnen bei Bedarf Alternativen aufzuzeigen.
  • Welche Behandlung haben Sie schon durchgeführt? Was haben Sie schon gegen Ihre Beschwerden unternommen? Ich frage Sie, um zu erfahren, welche Mittel Ihnen helfen und welche nicht, welche Behandlungsmöglichkeiten in der Selbstmedikation noch in Frage kommen und ob Sie schon beim Arzt waren und eine Weiterbehandlung möglich ist.
  • Welche anderen Arzneimittel nehmen Sie noch ein? Ich frage Sie, um einen Überblick zu bekommen, ob Ihre Beschwerden eventuell durch die Einnahme anderer Arzneimittel ausgelöst worden sind und ob andere Erkrankungen eine Selbstbehandlung erlauben.

 

Die Nachbehandlung eines Erkältungsschnupfens

Nach einem starken Erkältungsschnupfen ist die Nasenschleimhaut meist noch einige Zeit hyperreagibel, schwillt schnell an und der Patient kommt immer wieder an einen Punkt, an dem er gerne ein abschwellendes Nasenspray einsetzen würde. Dieser Zustand wird auch als "Stockschnupfen" beschrieben. Die Nase sitzt zu, der Patient ist "verschnupft" ohne dass sich ein Schnupfensekret bilden würde.

Um die Nasenschleimhaut nicht weiter zu strapazieren, empfehlen Sie ihm, darauf zu verzichten und statt dessen kochsalzhaltige Nasentropfen einzusetzen. Die Befeuchtung der Nasenschleimhaut reicht meist aus, um das Gefühl der verschlossenen Nase zu beheben. Bei trockener, eventuell eingerissener Nasenschleimhaut bieten sich Dexpanthenol-haltige Nasentropfen oder Nasensalben oder Nasensalben mit Salzen oder ätherischen Ölen an. Bei stärker anhaltenden Beschwerden kann für kurze Zeit auf ein Beclometasonpropionat-haltiges Nasenspray umgestellt werden. Die Behandlungszeit von einer weiteren Woche sollte nicht überschritten werden.

Missbrauch von Nasentropfen – Rhinitis medicamentosa

Die kontinuierliche Anwendung von abschwellenden Nasentropfen – mit oder ohne Konservierungsmittel wie Benzalkoniumchlorid – über zwei Wochen hat nach Studienlage keine Auswirkungen auf die Funktion der Nasenschleimhaut. Eine Daueranwendung von Alpha-Sympathomimetika-haltigen Nasentropfen führt jedoch zu einer reaktiven Schwellung der Schleimhäute und damit wiederum zu einer verstopften Nase, die der Patient glaubt weiterhin mit abschwellenden Nasensprays behandeln zu müssen. Bei regelmäßiger Anwendung über Jahre kann es zu einer Schleimhautatrophie kommen. Es entsteht ein Teufelskreis, aus dem der Patient mit Ihrer Hilfe ausbrechen kann.

Bei manchen Patienten reicht es aus, ihnen einmal den Zusammenhang dieses Teufelskreises zu erklären, um sie dazu zu motivieren, mit der Anwendung aufzuhören. Der Verzicht auf ihre Nasentropfen fällt vielen Patienten jedoch trotz Motivation schwer. Denn keine Luft durch die Nase zu bekommen, kann ihm das Einschlafen unmöglich machen und die Nachtruhe stören. Eine Hilfestellung bieten folgende Entwöhnungsmethoden:

  • Entwöhnen Sie zunächst nur ein Nasenloch. Erst wenn sich die Schleimhaut des einen Nasenlochs wieder regeneriert hat, verzichten Sie ganz auf die abschwellenden Nasentropfen.
  • Reduzieren Sie langsam die Dosis durch Verwendung der Kinderdosis oder durch langsames Verdünnen mit kochsalzhaltigen Nasentropfen.
URSACHENBEZOGENE BEHANDLUNG Unzählige Kunden fragen im Herbst und Winter nach Nasensprays für die Selbstmedikation. Die Abgabe von Schnupfensprays ist eine leichte Sache, doch die Beratung dazu ist nicht selbstverständlich. 
Quelle: Selbstmedikation für die Kitteltasche, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, (2004).

 

Die andauernde behinderte Nasenatmung

Besondere anatomische Bedingungen, wie z. B. Nasenscheidenwandverkrümmungen oder Muskelhypertrophie, können die Nasenatmung dauerhaft erschweren. Bei der so genannten Rhinitis chronica hilft oft nur eine Operation, in manchen Fällen bringt auch die Operation nicht den erwünschten Erfolg. Der behandelnde Hals-Nasen-Ohrenarzt empfiehlt hier den Dauergebrauch von Alpha-Sympathomimetika-haltigen Nasentropfen. Denn nur die können dem Patienten Erleichterung verschaffen.

Verstopfte Nase als unerwünschte Arzneimittelwirkung

Die Frage nach der Einnahme anderer Arzneimittel hat ihre Berechtigung. In seltenen Fällen kann die verstopfte Nase, der "Stockschnupfen", auch unerwünschte Arzneimittelwirkung sein. In Frage für diese Rhinitis sicca kommen folgende Wirkstoffgruppen

  • alpha-2-Sympathomimetika (z. B. Clonidin, Moxonidin),
  • Anticholinergika als Spasmolytikum (z. B. Butylscopolaminiumbromid, Trospiumchlorid), als Parkinsonmittel (z. B. Biperiden) oder als Broncholytikum (z. B. Ipratropiumbromid),
  • zentrale Muskelrelaxantien (z. B. Baclofen),
  • tricyclische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin, Doxepin, Imipramin, Opipramol),
  • Phenothiazine (z. B. Levomepromazin, Perazin, Promethazin),
  • Lipidsenker (z. B. Cerivastatin),
  • H1-Antihistaminika als Antiallergika (z. B. Clemastin, Dimetinden) oder als Sedativa und Antiemetika (z. B. Diphenhydramin),
  • Diuretika (z. B. Furosemid).
     

Beratung in Kürze

  • Sie wissen ja sicherlich, Bescheid: Benutzen Sie das Spray nur bei Bedarf, üblicherweise nicht länger als eine Woche.
  • Ein normaler Schnupfen ist in einer Woche vorbei. Wenn die Beschwerden länger andauern, ist das ein Grund, zum Arzt zu gehen.
  • Wenn Sie länger als eine Woche Beschwerden haben, sprechen Sie uns noch einmal an oder gehen Sie zum Arzt. Es gibt andere Nasentropfen, die Sie über längere Zeit gut vertragen können.

Der allergische Schnupfen hat immer Saison

Tritt der Schnupfen in Kombination mit heftigen Niesattacken auf und fließt dabei ein wässriges Sekret, dann ist – auch im Winter – an einen allergischen Schnupfen zu denken, denn Allergien gegen Hausstaubmilben oder Tierhaare haben immer Saison. Oft zeigt sich ein allergischer Schnupfen aber nur daran, dass die Nasenschleimhaut anschwillt und die Nasenatmung behindert ist. In bestimmten Situationen wie z. B. beim Trinken von Rotwein oder beim abendlichen Zubettgehen sitzt plötzlich die Nase zu und der Patient bekommt durch die Nase keine Luft mehr.

Treten diese Symptome wiederholt auf und lassen sie sich über Wochen beobachten, dann ist an eine Allergie zu denken. Zu behandeln sind diese Beschwerden nach ärztlicher Diagnose mit antiallergischen Nasentropfen, mit oralen Antihistaminika und bei anhaltender Behinderung der Nasenatmung mit cortisonhaltigen Nasensprays gegen die entzündliche Schleimhautschwellung.

Dr. Kirsten Lennecke, Sprockhövel

 

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