Missbrauch von Versichertenkarten: Verax-Liste erspart TK jährlich knapp 30 Mil

BERLIN (ks). Immer wieder machen Abrechnungsbetrügereien zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen Schlagzeilen. Ermittlungsgruppen der Kassen spüren den Ärzten, Apothekern und Patienten, die sich auf ihre Kosten bereichern, oft mühevoll hinterher. Die Techniker Krankenkasse (TK) will dem Schaden möglichst schon zuvor kommen: Seit Oktober letzten Jahres setzt sie die so genannter Verax-Liste ein. Diese Liste mit Informationen über ungültige Versichertenkarten spielt sich in rund 80 Prozent der Arztpraxen automatisch in die Praxissoftware. Schon beim Einlesen zeigt sich, ob mit der Karte etwas nicht stimmt. Die TK geht davon aus, dass sie jährlich knapp 30 Mio. Euro durch die Verax-Liste sparen kann.

Am 21. Juni präsentierte die TK in Berlin eine erste Bilanz ihres Projekts: Von knapp 250.000 Karten, die in einer sechsmonatigen Stichprobe bei rund 400 Ärzten eingelesen wurden, war nur ein kleiner Teil auffällig, erklärte Dr. Christoph Straub vom TK-Vorstand. Die Verax-Liste habe rund 550 Karten zunächst abgelehnt. Rund drei Viertel der Ablehnungen konnten aufgeklärt und die Patienten behandelt werden. Jede vierte gesperrte Karte blieb allerdings auffällig und ließ eine Behandlung nicht zu. Bezogen auf die TK insgesamt und den Zeitraum eines Jahres lesen sich die Zahlen folgendermaßen: Rund 270.000 Karten werden pro Jahr abgewiesen, an jedem Werktag werden 1.000 ungültige Karten identifiziert, wovon bei rund 300 keine Behandlung des Patienten erfolgt.

Für die TK bedeutet dies Ersparnisse von knapp 30 Mio. Euro pro Jahr. Diese Summe sei angesichts der rund 9 Mrd. Euro Leistungsausgaben der Kasse im Jahr "nicht umwerfend, aber wichtig", sagte Straub. "Die Verax-Liste hat sich als ein wichtiges Instrument unserer Aktivitäten im Kampf gegen den Missbrauch der Krankenversicherten-Karten erwiesen", so der TK-Vorstand. Dabei betonte er, dass es nur wenige seien, die Missbrauch betreiben. Von einem "Generalangriff" auf Patienten, Ärzte oder Apotheker könne keine Rede sein.

Betrügereien durch "Luftrezepte"

Mittlerweile hat die TK rund 1,3 Mio. Karten als gesperrt gemeldet. Gänzlich umfassend kann die Verax-Liste allerdings nicht vorbeugen: "Nicht erkannt werden gültige Karten, die an Verwandte oder Bekannte weitergegeben und zum Teil mit Wissen des Behandlers missbräuchlich genutzt werden", erklärte Frank Keller, Leiter der TK-Ermittlungsgruppe Abrechnungsmanipulation. Groben Verstößen und organisiertem Betrug komme die TK mit speziell entwickelten Prüfroutinen auf die Spur: "Vor allem Rezepte liefern uns wichtige Hinweise. Sie sind wie Verrechnungsschecks – man kann sie einlösen oder über Umwege zu Bargeld machen."

Keller berichtete etwa von den sich ausweitenden Fällen von "Luftrezepten", bei denen Ärzte, Apotheker und Versicherte gemeinsame Sache machen: Mittelsleute sammeln Versichertenkarten, die von Ärzten gebündelt eingelesen werden. Rezepte werden ausgestellt, Honorare abgerechnet. Apotheker lösen die Rezepte sodann ein, ohne die verordneten Medikamente abzugeben. Statt dessen erhalten die Mittelsleute Geld, Suchtmittel oder Kosmetika. Derzeit laufen wegen derartiger Betrügereien Ermittlungen bzw. Gerichtsverfahren im Saarland und in Hessen.

Kassenärzte überzeugt

Der Vorsitzende des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Dr. Andreas Köhler lobte die Verax-Liste als "probates Mittel im Kampf gegen den Missbrauch der Krankenversichertenkarte". Sie mache es Betrügern eindeutig schwerer, sich Behandlungen zu erschleichen.

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