Kommentar

Naturalrabatt und aut idem

Zwei Äpfel zum Preis von einem - so erklären das Ärzteblatt und die AOK auf ihren Internetseiten das Prinzip Naturalrabatt. Wenn der Apfelempfänger die beiden Äpfel nun zum Normalpreis weiterverkauft, sei dies nicht fair, heißt es weiter. Auf den Apothekenbereich übertragen bedeutet dies: Der Apotheker verkauft Medikamente, die er selbst gratis erhalten hat, an die Krankenkasse weiter - "er berechnet der Krankenkasse zweimal den vollen Preis für die Arznei".

Krankenkassen und - von ihnen heftig gebrieft - Politiker und Populär-Medien wie Stern, Spiegel und verbraucherfreundliche Fernsehmagazine haben im letzten Jahr eine Neiddiskussion zu den Naturalrabatten angeworfen. Die Krankenkassen bilden sich ein, der Naturalrabatt stehe ihnen zu, jährlich erlitten sie dadurch einen Schaden von 1 Milliarde Euro. Abgesehen davon, dass diese Zahl aus dem Reich der Märchen stammt (die ABDA hat lediglich 450 Mio. Euro an Einkaufsvorteilen für die Apotheken ausgerechnet), gewähren die Apotheken den gesetzlichen Krankenkassen einen Verkaufsrabatt von 1,2 Milliarden Euro, also fast das Dreifache - das wird jedoch gegenüber den Medien allzu gerne verschwiegen.

Die Neidkampagne gegen Naturalrabatte führte nun dazu, dass die Politik dieses Wettbewerbsinstrument verbieten will. Seltsam: Während Politik und Kassen für Wettbewerb im Gesundheitsmarkt sind, soll er hier verboten werden. Was bringt's? Mit dem Verbot wird für die Kasse das Arzneimittel noch keinen Cent billiger.

Als unheilvoll sehen Kassenvertreter den Mix aus der Aut-idem-Regelung und den Naturalrabatten an: Der Apotheker lasse sich durch die Rabatte bei seiner Arzneimittelauswahl beeinflussen. Also müsse auch die Aut-idem-Regelung weg. Das könnte ein Eigentor werden. Denn abgesehen von den Wenigen, die sich dadurch in ihrer Arzneimittelauswahl beeinflussen lassen, wage ich zu behaupten, dass bei den meisten Apotheken der Naturalrabatt nicht die Aut-idem-Auswahl bestimmt. Zum einen gibt es nicht bei allen Generika, die substituiert werden sollen, ein Rabattangebot, zum andern kann man bei der Substitution (vor allem bei chronisch Kranken) nicht ständig das Generikum je nach Angebot wechseln. Aut idem macht die Arzneitherapie aber auf jeden Fall günstiger und bringt Vorteile für den Patienten.

Fazit: Ein Naturalrabattverbot ist Aktionismus und Populismus, Einspareffekte für die Kassen bringt’s nicht. Und wenn dabei aut idem auf der Strecke bleibt, dann ist es sogar kontraproduktiv.

Peter Ditzel

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.