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Celesio – in Deutschland schwach, europaweit gut aufgestellt

STUTTGART (ri.) Es scheint, als ob die Erfolgsgeschichte der Celesio AG nicht enden will: Schon zum 18. Mal in Folge konnte der Pharmagroßhandelskonzern das Vorsteuerergebnis des Kerngeschäftes im Vergleich zum Vorjahr übertreffen. Mit einem Ergebnis vor Steuern, das dasjenige des Vorjahres um 26,4 Prozent übertrifft und sich nun auf 451,1 Mio. Euro beläuft, gelang es dem Konzern, die höchste Wachstumsrate im Kerngeschäft Pharmadistribution seit 1991 zu erzielen. Einziger Wermutstropfen: Der Anteil des Inlandsumsatzes, der von der Konzerntochter Gehe erwirtschaftet wird, ist weiterhin rückläufig.

Neben Deutschland schwächelt auch der französische Markt. Nicht zuletzt dieser Umstand ist die Ursache dafür, dass der Konzernumsatz mit 19,2 Mrd. Euro lediglich um 3,2 Prozent über dem Vorjahresumsatz lag. Celesio-Vorstandsvorsitzender Dr. Fritz Oesterle: "Das verhaltene Umsatzwachstum spiegelt das schwache Wachstum der großen Pharmamärkte Frankreich und Deutschland wider." Angesichts des weiterhin rückläufigen Inlandsumsatzes der deutschen Celesio-Tochter Gehe machte der Konzernchef die Auswirkungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes aus dem Jahr 2003 sowie Teile des Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetzes für das geringe Wachstum verantwortlich.

Nach Angaben des Konzerns werden rund 82 Prozent des Umsatzes außerhalb von Deutschland erzielt. Der Anteil der deutschen Gehe Pharma Handel GmbH am Gesamtumsatz ist um ein Prozent auf 18 Prozent gesunken. Durch Unternehmenskäufe fasste Celesio erstmals Fuß in den Märkten Slowenien, Rumänien, Kroatien und Spanien. Die Unternehmenszahlen wurden erstmals nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) ermittelt. Danach stieg die Umsatzrendite gemessen am EBIT (Jahresüberschuss vor Zinsen und Steuern) um 46 Basispunkte auf 3,08 Prozent. Gemessen am Vorsteuerergebnis erreichte die Umsatzrendite nach 2,11 Prozent im Vorjahr 2,59 Prozent. Der Jahresüberschuss stieg um 27,2 Prozent auf 339,2 Mio. Euro.

 

Bemerkenswert ist die Rolle der Celesio-eigenen Apotheken, die ihre Umsatzrendite von 5,48 auf 7,17 Prozent verbesserten. Der Anteil der Celesio-Apotheken kletterte um einen Prozentpunkt auf 15 Prozent des gesamten Konzernumsatzes. Dennoch wurde das Apothekennetzwerk mit 45 Akquisitionen und Neueröffnungen im Jahr 2004 nur geringfügig ausgebaut. Durch die Trennung von 26 nicht rentablen Apotheken in Tschechien ist die gesamte Zahl der dem Konzern gehörenden Apotheken lediglich um eine Apotheke gestiegen.

Oesterle wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Zurückhaltung im Erwerb von Apotheken lediglich mangelnden bzw. passenden Angeboten geschuldet ist, und er versicherte, dass "sich diese Situation künftig verbessern wird". Gleichzeitig kündigte der Vorstandsvorsitzende an, dass der Konzern im Apothekenmarkt stärker zu wachsen beabsichtigt.

Glückliche Aktionäre

Das Ergebnis je Aktie kletterte von 3,10 Euro im Vorjahr auf 3,95 Euro. Vorstand und Aufsichtsrat werden der Hauptversammlung vorschlagen, die Dividende der Aktie von 0,90 Euro auf 1,20 Euro anzuheben. Das Unternehmen bleibt somit seiner mittlerweile schon traditionellen Dividendenpolitik treu und beteiligt die Aktionäre am erfolgreichen Geschäftsverlauf 2004 mit einer Ausschüttungsquote von rund 30 Prozent des Jahresüberschusses. Einen neuen Geschäftsbereich stellen die so genannten Celesio-Services dar, die europaweit herstellerorientierte Logistik- und Distributionsaktivitäten umfassen. Laut Oesterle ist dies langfristig ein attraktives Wachstumsfeld für den Konzern, zumal in diesem Geschäftsgebiet kaum staatliche Eingriffe zu befürchten sind.

Der Vorstandsvorsitzende betonte auch die Rolle der Corporate Social Responsibility, die bei der Celesio eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Als Beispiel nannte er die Partnerschaft mit dem Komitee "Ärzte für die Dritte Welt", das sich um langfristig angelegte Projekte in Elendsgebieten kümmert. Als ein weiteres Beispiel führte Oesterle einen kostenlosen Diabetes-Test an, der in den konzerneigenen Lloydspharmacies in Großbritannien durchgeführt wurde. Insgesamt nahmen bisher über 530.000 Menschen an dieser Untersuchung teil.

Neben dem karitativen Aspekt sieht der Vorstandsvorsitzende hierbei auch strategische Vorteile: "Gleichzeitig hat das Angebot, die Durchführung und das Werben für kostenlose Diabetes-Tests in Lloydspharmacy-Apotheken dazu geführt, dass Lloydspharmacy in Großbritannien heute die bekannteste Apothekenmarke ist. Corporate Social Responsibility im laufenden Geschäft und unternehmerische Erfolge können also durchaus Hand in Hand gehen." Obwohl Oesterle betonte, dass mit dem Vorsteuerergebnis für das Jahr 2004 "die Messlatte sehr hoch gelegt" ist, will der Konzernchef "das absolute Ergebnis im laufenden Jahr 2005 nochmals deutlich übertreffen".

Inwieweit dieses Ziel erreicht werden kann, verknüpfte Oesterle jedoch nicht nur mit der Entwicklung des Gesamtmarktes, sondern auch mit der Entwicklung des deutschen Geschäftes und der Frage, ob sich "die Gehe Pharma Handel GmbH im Jahr 2005 weiter von den Wunden erholen kann, die ihr das Beitragssatzsicherungsgesetz im Jahr 2003 und das Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz geschlagen haben".

Auf die Fragen von Journalisten, ob und wann der Konzernchef eine Liberalisierung des deutschen Apothekenmarktes erwarte, antwortete Oesterle: "Wir sind davon überzeugt, dass es zu einer Liberalisierung kommt. Ich habe in den 90er Jahren schon einmal eine Wette verloren, als ich die Liberalisierung für 2002 prognostizierte." Gleichzeitig betonte er, dass die Frage nach der Liberalisierung nicht vom Großhandel vorangetrieben wird, sondern sich in dieser Angelegenheit "die politischen Vorstellungen zugunsten der Liberalisierung geändert haben - aber das ist meine ganz persönliche Meinung".

Ob der Konzern nach einer Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzes in Deutschland aktiv mit einer Kettenbildung beginnt, machte Oesterle von den politischen Rahmenbedingungen abhängig: "Ob wir im Apothekenmarkt aktiv tätig werden, hängt davon ab, ob es ein Wildwest-Szenario oder eine geordnete Entwicklung gibt."

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