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Arzneimittel und Therapie
Kein Vorteil durch Entfernung der Mandeln
Die Studie wurde in 21 Krankenhäusern und drei Universitätskliniken an 300 Kindern im Alter von zwei bis acht Jahren durchgeführt, bei denen eine Adenotonsillektomie nach gängiger medizinischer Praxis indiziert war. Als Einschlusskriterien galten leichte Symptome einer Halsinfektion oder eine Hypertrophie der Rachenmandeln. Kinder, die im vergangenen Jahr sieben oder mehr Halsinfektionen erlitten hatten (oder mindestens je fünf in den beiden vorangegangenen Jahren oder mindestens je drei in den letzten drei Jahren) wurden aus der Studie ausgeschlossen, ebenso Kinder mit Verdacht auf obstruktive Schlafapnö.
Etwas weniger Fieberepisoden
Die Eltern beantworteten zu Beginn der Studie sowie nach 3, 6, 12, 18 und 24 Monaten zwei Fragebögen zur Lebensqualität in Bezug auf den allgemeinen Gesundheitszustand ihres Kindes. Die Untersuchung von Nase, Ohr und Rachen fand in denselben Intervallen statt. Ein weiterer Fragebogen erfasste die Krankheitsgeschichte des vorangegangenen Jahres. In einem Tagebuch wurden Infektionen der oberen Atemwege vermerkt, täglich wurde die Körpertemperatur im Ohr des Kindes durch die Eltern gemessen. Ein Wert von 38,0 °C oder mehr galt als Fieber und als Indikator für einen Infekt im Mund-Rachen-Raum.
Während einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 22 Monaten litten Kinder, denen Lymphgewebe entnommen worden war, an 2,97 Fieberepisoden pro Jahr. Bei Kindern, an denen kein operativer Eingriff vorgenommen worden war, traten 3,18 solcher Episoden auf. Ebenso zeigte sich in dieser Gruppe eine leicht erhöhte Inzidenz von Halsinfektionen (0,77 im Vergleich zu 0,56) und Infektionen der oberen Atemwege (6,00 zu 5,47) pro Person und Jahr. Die Unterschiede waren jedoch nur bezüglich der Halsinfektionen statistisch signifikant.
Ein Drittel der nicht für einen Eingriff vorgesehenen Gruppe wurde letztlich doch operiert. Der Grad der Lebensqualität in Abhängigkeit zum Gesundheitszustand wurde als weitgehend gleich eingestuft, ebenso ergaben sich keine Unterschiede im Schlaf- oder Essverhalten. Bei Kindern, die vor Beginn der Studie an drei bis sechs Halsinfektionen jährlich litten, war eine Entfernung der Gaumenmandel und teilweise der Rachenmandel effektiver als bei seltener erkrankten Kindern. Demnach sollte bei einer Inzidenz unter drei Erkrankungen jährlich von einer Adenotonsillektomie abgesehen werden.
Alexander Lochmann, Leipzig
Quelle
Van Staaij, B. K., et al.: Effectiveness of adenotonsillectomy in children with mild symptoms of throat infections or adenotonsillar hypertrophy: open, rando- mised controlled trial. Brit. Med. J. 329, 651 654 (2004).
Little, P.: Commentary: Watchful waiting is useful for children with recurrent throat infections. Brit. Med. J. 329, 654
(2004).
Lymphatische Organe im Mund und Rachenraum
Zum immunologischen Schutz der Speise- und Atemwege befinden sich im Rachenraum ringförmig angeordnete lymphatische Gewebe. Dieser so genannte Waldeyer-Rachenring wird aus einer Rachenmandel am Dach des Nasenrachens sowie paarigen Tubenmandeln neben den Tubenöffnungen im Nasenrachen, einer Zungengrundmandel, paarigen Gaumenmandeln zwischen vorderem und hinterem Gaumenbogen und paarigen Seitensträngen an der Rachenwand gebildet.
Erkrankungen der kindlichen Gaumenmandeln sind relativ häufig, da das unreife Immunsystem stärker auf infektiöse Reize reagiert. Bei einer Tonsillektomie entnimmt man nur die paarigen Gaumenmandeln, während bei einer Adenotonsillektomie zusätzlich hierzu die (meist vergrößerte) Rachenmandel entfernt wird.
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