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Rechtsprechung aktuell
Ein Glücksrad gehört nicht in die Apotheke
Begonnen hatte der Streit zwischen dem Apotheker und der Apothekerkammer Nordrhein im Oktober 2003. Damals hatte der Apotheker im Internet und in einem Mitteilungsblatt des Heimatvereins auf seine Glücksradveranstaltungen hingewiesen: An Donnerstagnachmittagen, so hieß es in der Werbung, drehe sich in der Apotheke das Glücksrad. Jeder Käufer, der mitmache, könne schöne Preise gewinnen. Die Apothekerkammer ließ dies nicht durchgehen. Sie teilte dem Apotheker mit, dass seine Veranstaltungen gegen das in der Berufsordnung normierte Verbot übertriebener Werbung sowie das Verbot sittenwidriger Werbung (§ 1 UWG a. F. – Änderung erfolgte 2004) verstoße. Der Apotheker erklärte sich daraufhin bereit, in der Werbung das Wort "Käufer" zu streichen. Ganz einstellen wollte er sein Glücksrad jedoch nicht. Die Kammer erließ sodann eine Ordnungsverfügung. Unter Androhung eines Ordnungsgeldes wurde dem Apotheker untersagt, Glücksradnachmittage in seiner Apotheke durchzuführen, bei denen Kunden Preise gewinnen können. Nachdem auch sein Widerspruch nicht fruchtete, erhob der Apotheker Klage gegen die Verfügung. Mittlerweile hatte er die Werbung für sein Glücksrad ganz eingestellt – auch wenn es sich nach wie vor jeden Donnerstag in seiner Apotheke drehte.
Übertriebene Werbung
Das VG Düsseldorf folgte jedoch der Argumentation der beklagten Kammer. Es wertete die Glücksrad-Aktion als einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 der nordrheinischen Berufsordnung. Danach ist eine Werbung nicht erlaubt, die irreführend oder nach Form, Inhalt und Häufigkeit übertrieben wirkt. Bei ihrem Urteil berücksichtigten die Richter den Zweck der berufsrechtlichen Werbebeschränkungen. Sie sollen dafür sorgen, dass der Apotheker seinen Heilberuf verantwortungsbewusst wahrnimmt und sich nicht vom Gewinnstreben beherrschen lässt – auch wenn er zugleich Gewerbetreibender ist. Hierauf soll die Bevölkerung vertrauen dürfen, hieß es in dem für die Apothekenwerbung wegweisenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1996. Dabei führten die Verfassungsrichter aus, dass die Frage welche Art und Häufigkeit von Werbung als üblich, angemessen oder übertrieben bewertet wird, zeitbedingten Veränderungen unterliegt.
Unerwünschte Jahrmarktatmosphäre
Auch unter Berücksichtigung dieser höchstrichterlichen Vorgaben kam das VG zu dem Schluss, dass das Vorgehen des Apothekers "übertrieben" ist: Ein großes und auffällig gestaltetes Glücksrad, das beim Drehen, "nicht geringe Geräusche verursacht", sei in einer Apotheke fehl am Platze, heißt es in dem Urteil. Der Kunde fühle sich auf einen Jahrmarkt versetzt und könne beim Betreten der Apotheke den Eindruck gewinnen, der Kläger lasse sich "von dem Streben nach Gewinn leiten und nehme seine Verantwortung im Rahmen des Gesundheitsberufes nicht sehr ernst." So würden sich insbesondere kranke und ältere Kunden durch die Lautstärke bei einem Beratungsgespräch gestört fühlen. Darüber hinaus monierten die Richter, dass es sich bei den ausgelobten "schönen Preisen" nicht nur um geringwertige Kleinigkeiten handle. Die Aussicht relativ leicht einen Gewinn zu erzielen, könnte die Kunden zu einem neuerlichen Besuch der Apotheke veranlassen. Dies alles widerspreche dem Berufsbild, das der Durchschnittsverbraucher von einem verantwortungsbewussten Apotheker habe.
Kammer will Grenzen deutlich machen
Bettina Mecking von der Rechtsabteilung der Apothekerkammer Nordrhein, erläuterte gegenüber der DAZ, dass mit dem Verfahren die Grenzen übertriebener Werbung verdeutlicht werden sollten. Generell verstehe sich die Kammer als liberal und pflege einen guten Dialog mit ihren Mitgliedern – auch in Fragen der Werbung. Nur selten mache die Kammer von ihrer Möglichkeit Gebrauch, Ordnungsverfügungen zu erlassen, so Mecking. Doch im Fall des lautstarken und übermannshohen Glücksrades seien die Grenzen tatsächlich überschritten worden. Ergänzend wies die Rechtsanwältin der Apothekerkammer darauf hin, dass es dem klagenden Apotheker auch nicht genutzt habe, dass er im übrigen sehr viel Wert auf eine gute pharmazeutische Beratung legt – ein Umstand, von dem sich auch die Richter durch das Studieren seiner Homepage überzeugt haben. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung habe der Vorsitzende Richter vielmehr die Auffassung vertreten, dass gerade ein Apotheker, der seinen Heilberuf ernst nehme, sich nicht auf ein solches Werbe-Niveau begeben dürfe.
RA Kirsten Sucker-Sket, Berlin
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