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Todesursachenstatistik 2003 – Zahlen ohne Sensationen
Über 80% aller Sterbefälle entfallen auf vier Todesursachengruppen: Auf die Krankheiten des Kreislaufsystems, Bösartige Neubildungen, Krankheiten der Atmungsorgane und solche der Verdauungsorgane. Knapp die Hälfte aller Sterbefälle hat eine Krankheit des Kreislaufsystems als Grundleiden. Die wichtigste spezifische Todesursachengruppe sind dabei die koronaren Herzkrankheiten mit dem akuten und rezidivierenden Herzinfarkt als größter einzelner Todesursache. Er betrifft 55% der Männer und 45% der Frauen. Bei etwa jedem fünften Kreislauftoten werden cerebrovaskuläre Krankheiten als Todesursache festgestellt, wobei die Sterblichkeit der Frauen am Schlaganfall deutlich höher liegt als die der Männer.
Jeder vierte Mensch bei uns erliegt einem Tumor, der bedeutendsten Todesursache in mittleren Jahren. Während bei Männern bösartige Neubildungen der Bronchien, der Lunge und der Verdauungsorgane am häufigsten sind, stehen bei den Frauen die der Verdauungsorgane und der Brustdrüse im Vordergrund.
Für die verbleibenden Todesfälle ist der vorzeitige, nicht-natürliche Tod als Folge von Unfällen, Mord oder Selbsttötung verantwortlich. Diese Todesursachen, für die sich gerade die Medien und ein Großteil der Bevölkerung brennend interessieren, haben einen Anteil von weniger als 10 %.
Wir können also von zwei Gegebenheiten ausgehen: Dass die koronaren Herzkrankheiten und Krebs zusammen unsere Sterblichkeit zu mehr als 70% bestimmen, und dass unser Ableben weitestgehend durch Krankheiten bedingt ist.
Bis wir genau wissen, was zu ihrer Verhinderung getan werden kann, müssen wir uns an den Wissensstand von heute halten. So ist die Wahrscheinlichkeit, an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu sterben, nicht nur stark vom Alter, sondern vor allem vom Lebensstil abhängig. Neben dem Rauchen sind als besondere Risikofaktoren hoher Blutdruck und ein hoher Cholesterinspiegel zu nennen. Bewegungsarmut und Übergewicht stehen mit diesen Risikofaktoren wiederum in engem Zusammenhang. Dass auch andere Faktoren, wie etwa andauernder beruflicher Stress und Arbeitslosigkeit eine Rolle spielen, läßt sich beispielsweise aus den deutlichen regionalen und berufsbedingten Unterschieden erkennen.
Die meisten der heute dominierenden Krankheiten sind auf nachgeburtliche Einflüsse zurückzuführen, nur wenige sind bei Geburt schon angelegt. Die Ursachen der großen Killerkrankheiten unserer Zeit liegen weniger in der zunehmenden Industrialisierung und ihren Folgen, als vielmehr in unserem Verhalten und in der Maßlosigkeit unserer Lebensform. Die einen Krankheiten – wie Infektionskrankheiten – sind einfach und entsprechend leicht, andere – wie Herz-Kreislauf-Krankheiten – sind komplex und somit schwer zu behandeln.
Es ist anzunehmen, dass auch in Zukunft bei der allgemeinen Lebenserwartung dieselben Einflüsse wirksam werden, doch besteht in den Industriestaaten der Eindruck, dass persönliches Verhalten in Bezug auf Ernährung, Genussmittel und Bewegung sogar noch wichtiger sein wird als Nahrungsbeschaffung und Gefahrenkontrolle.
Ähnlich wie für die Infektionserkrankungen gilt für die meisten chronischen Krankheiten, dass sie durch Beeinflussung ihrer Ursachen beziehungsweise durch Beseitigung der für sie erkannten Risikofaktoren unter Kontrolle gebracht werden können. Weiterhin wissen wir, dass ihre Verhütung durch die Bekämpfung ihrer Ursachen kosteneffizienter, wirkungsvoller und menschlicher ist, als später ein behandelnder Eingriff, intensivmedizinische Versorgung oder Rehabilitation.
Betrachtet man die jahrzehntelange Konstanz der wichtigsten Todesursachen, so kann man eigentlich zu keinem anderen Ergebnis kommen als zu dem, dass es mit dem viel zitierten heutigen medizinischen Fortschritt so weit nicht her ist. Sicher, es gibt große Fortschritte, aber mehr im Bereich der Diagnostik als der Therapie.
Und ehe wir lange darauf warten, dass sich dies ändert, sollten wir uns einfach die Erkenntnis zu eigen machen, dass Gesundheit weitgehend in unserer eigenen Hand liegt und Prävention (auch in ökonomischer Hinsicht) die wichtigste Konsequenz für die Zukunft ist.
Prof. Klaus Heilmann
Prof. Dr. med. Klaus Heilmann beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Risikoforschung, Krisemanagement und Technikkommunikation. In der DAZ-Rubrik "Außenansicht" befasst sich Heilmann mit Themen der Pharmazie und Medizin aus Sicht eines Nicht-Pharmazeuten vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen.
Liste lebensverkürzender Risiken
Auf der Liste lebensverkürzender Risiken steht das Rauchen von Zigaretten an oberster Stelle. Für denjenigen, der raucht, hat keine risikoreduzierende Maßnahme für die Erhaltung der Gesundheit und des Lebens einen vergleichbar positiven Effekt wie die Aufgabe der Zigarette.
Essen ist lebensnotwendig, aber zu viel kann genau so wie zu wenig lebensgefährlich sein. Die Hauptrisiken, die mit der Ernährung zusammenhängen, sind in der industrialisierten Welt nicht qualitativer, sondern quantitativer Art, hängen also hauptsächlich mit falscher Ernährung zusammen.
Von den Risiken, die wir wie Rauchen und Falschernährung selbst unter Kontrolle halten können, ist das Trinken von Alkohol ein weiterer potenter Faktor, auch wenn – abgesehen von exzessivem Trinken – die Hauptrisiken, die vom Alkohol ausgehen, Verletzungen und Todesfälle durch Unfälle und Gewalt sind.
Von den Risiken der Straße stehen die motorisierten Fahrzeuge ganz obenan. Die Teilnahme am Straßenverkehr ist eines der höchsten Risiken im Tagesablauf, und viele Gefahren des Lebens, denen wir ängstlich aus dem Weg zu gehen versuchen, sind nichts im Vergleich zu denen der Straße.
Aber auch die täglichen Risiken zu Hause (häusliche Unfälle) sind nicht zu unterschätzen, denn einige von ihnen sind so groß, dass sie den Gefahren der Straße in nichts nachstehen.
Eine vernünftige körperliche Betätigung in Maßen ist für die Erreichung eines hohen Lebensalters wichtig, aber übertriebene sportliche Aktivitäten sind für die Erhaltung der Gesundheit nicht viel besser als Nichtstun.
Aus: Klaus Heilmann Das Risiko der Sicherheit 2002, 168 Seiten, 20 Grafiken, Kartoniert. 18,– Euro. S. Hirzel-Verlag, Stuttgart. ISBN 3-7776-1148-4
Das Buch kann über den Deutschen Apotheker Verlag, Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart, bezogen werden. Telefon (07 11) 2 58 23-41 oder -42, Telefax (07 11) 2 58 23 90
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