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Warum lassen sich die Kassen so abzocken?

Wer am 2. Mai den Beitrag des Magazins "Plusminus" gesehen hat, wird die Krankenkassen-Welt nicht mehr verstehen. Das Fernsehmagazin führte den Missbrauch mit Versicherungskarten vor Augen. Verdeckte Ermittler besorgten sich auf dem Schwarzmarkt - hier der Frankfurter Hauptbahnhof - Versicherungskarten. Für nur 50 Euro konnten sie binnen kürzester Zeit eine Karte erwerben: die Eintrittskarte zum Arzt und den Zugang zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Mit der Karte besuchten sie mehrere Praxen und erhielten Rezepte mit Arzneimitteln im Wert von über 200 Euro. Anderes Beispiel: Auf einer Baustelle, die etwas 150 ausländische Arbeiter beschäftigt, besitzen etwa 10 von ihnen eine Versicherungskarte, die an die anderen reihum ausgeliehen wird, falls sie zum Arzt müssen.

Das sind nur zwei Beispiele, wie heute der Betrug mit der Krankenversicherungskarte läuft. Experten schätzen, dass den Krankenkassen dadurch jährlich ein Schaden von 300 Mio. bis 1 Milliarde Euro zugefügt wird. Das ist Wahnsinn. Was das Tollhaus perfekt macht: Keiner tut etwas dagegen. Die Kassen scheinen sich nicht sonderlich darum zu kümmern. Die Anschaffung einer bestimmten Software für Kassen (Verax-Liste) könnte die gestohlenen Karten herausfiltern und sperren. Doch das wird abgelehnt, da zu teuer. Nur die Techniker Krankenkasse nutzt diese Software - und spart jährlich 30 Mio. Euro.

Geld investieren Kassen sichtlich lieber in Werbekampagnen, in denen sie ihren Versicherten wärmstens die ausländischen Versandapotheken empfehlen - um dann ein paar wenige Euro durch verbilligte ausländische Arzneimittel zu sparen. Ein zigfaches könnten sie sparen, wenn sie den Betrug stoppten. Aber auch die Politik schaut beim Betrug nur zu. Das Gesundheitsministerium sieht keinen Grund zum Handeln, Tenor: "Es ist nicht so weit, dass jemand seine gesetzliche Pflicht nicht wahrnimmt." Aber ist es nicht eine Pflichtverletzung, wenn Versichertengelder an Personen ausgegeben werden, denen sie nicht zustehen?

Denn Milliarden könnten so einfach gespart werden: Warum gibt man nicht eine Verordnung heraus, die vorschreibt, dass der Patient in der Arztpraxis seine Versichertenkarte zusammen mit dem Personalausweis vorlegen muss? Das kann nicht zu viel verlangt sein, wenn die Arzthelferin den Namen auf den beiden Karten vergleichen muss. Alles hofft unterdessen auf die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, mit der der Missbrauch unterbunden wird. Doch die liegt noch in weiter Ferne, frühestens 2008 ist daran zu denken - solange geht der Missbrauch weiter.

Peter Ditzel

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