Kommentar

Lohnnebenkosten

Lügen haben kurze Beine – sagt man. Für die Lebenslügen der Gesundheitspolitik gilt das nicht (vgl. DAZ 1999, Nr. 6). Manchmal verschwindet die eine oder andere eine Zeit lang in der Versenkung. Doch plötzlich ist sie wieder da. So z. B. das Lamento, wegen der deshalb steigenden Lohnnebenkosten müsse im Gesundheitswesen endlich einmal ordentlich durchgegriffen werden. Steigende Kassenbeiträge, wenngleich nicht Folge einer Kostenexplosion sondern eher einer Einnahmeimplosion, und steigende Gesundheitsausgaben insgesamt gefährdeten unsere Exporte, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. So jammern vor allem die Arbeitgeberverbände.

Schönes Argument. Stimmt nur weniger denn je. Das zeigen gerade veröffentlichte Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu den Finanzierungsströmen im Gesundheitswesen (www.destatis.de). Dort wird unterschieden zwischen den drei "primären Finanzierern", die letztlich die finanzielle Last tragen: den privaten Haushalten, den öffentlichen Haushalten und den Arbeitgebern.

Zwar sind die Gesundheitsausgaben (inkl. der Einkommensleistungen wie Krankengeld, Berufsunfähigkeitsrenten etc.) von 1995 bis 2004 von 265,5 Mrd. Euro auf 312,8 Mrd. Euro, also um 17,9% gestiegen. Das erscheint viel. In der Zeit wurde aber die Pflegeversicherung ausgebaut. Und das Bruttoinlandsprodukt (als Maß des gesamtgesellschaftlichen Wohlstandes) stieg um 19,9%, also stärker als die Gesamtausgaben für Gesundheit.

Es verblüfft aber, dass der Anteil, mit dem die Arbeitgeber zur Finanzierung der Gesundheitsausgaben beitrugen, im gleichen Zeitraum von 40,1% auf 36% der Gesamtausgaben zurück ging. Im Vergleich der Jahre 1995 und 2004 gab es für die Arbeitgeber nur einen Anstieg um 5,8% (von 106,6 auf 112,8 Mrd. Euro). Ursache ist, dass der Krankenstand deutlich zurückgegangen ist und dass im Rahmen der diversen "Kosten(?)dämpfungsgesetze" die Belastung der privaten Haushalte deutlich anstieg – relativ (von 41,9% auf 47,1% der Gesundheitsausgaben), aber auch absolut (um 36,4 Mrd. von 111,1 Mrd. auf 147,5 Mrd. Euro).

Neben den Arbeitgebern hat sich auch der Staat entlastet. Sein Anteil an der Finanzierung der gesamten Gesundheitsausgaben sank von 18% auf 16,9%. Vor allem aber waren die Arbeitgeber die Gewinner. Sie wurden bei den Lohnnebenkosten entlastet – anders als vielfach suggeriert.

Klaus G. Brauer

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