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Bundesrat bremst Arzneimittelspargesetz aus
In ihrem Beschluss bemängeln die Ländervertreter, dass die Bonus-Malus-Regelung zu verwaltungsaufwändig sei. Zudem gebe es bereits heute verschiedene Steuerungsinstrumente, die am Verordnungsverhalten der niedergelassenen Ärzte ansetzen. Nach Auffassung des Bundesrats sollte man daher zunächst beobachten, welche Wirkungen die die Apotheker und die Pharmaindustrie betreffenden Regelungen des AVWG entfalten. Dies müsse Vorrang haben vor einer zusätzlichen Belastung der Vertragsärzte, die sich nachteilig auf die Patientenversorgung auswirken könnte, heißt es in dem Beschluss.
Kritik an Neujustierung der Festbetragsregelung
Daneben spricht sich die Länderkammer gegen die geplante starke Absenkung der Festbeträge aus. Sie sehen dadurch die medizinisch notwendige Arzneimittelversorgung in Gefahr. Es sei damit zu rechnen, dass die Versicherten vielfach selbst für die Differenz zwischen Preis und Festbetrag aufkommen müssen. Zwar könnten Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Herstellern diese Aufzahlung auffangen – die Wirkung dieser nicht verbindlich vorgesehenen Regelung sei jedoch mehr als fraglich. Zudem haben die Länder ein Problem bei der Begriffsdefinition von Innovationen. Die vorgesehenen Änderungen erhöhten die Gefahr, dass das bewährte Instrument der Festbeträge wieder gerichtlich in Frage gestellt werden könnte.
Kassen fordern rasche Entscheidung
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Vorabend der Bundesratssitzung vergeblich versucht, die Unionsländer vom Einspruch gegen das Gesetz abzubringen. Die Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, Marion Caspers-Merk (SPD) übte scharfe Kritik am Vorgehen der Länder: Das unnötige Aufhalten des Spargesetzes koste die Beitragszahler Millionen und schone die Pharmabranche. Sie betonte, dass die Kernelemente des Gesetzes im Koalitionsvertrag von Union und SPD unter Mitwirkung der Länder verabredet worden seien. Caspers-Merk warf diesen vor, sich unter dem Druck von Verbänden und Lobbygruppen aus der Verantwortung zu stehlen. Auch bei den gesetzlichen Krankenkassen reagierte man verständnislos: "Die Mitglieder des Vermittlungsausschusses sollten rasch über das Arznei-Sparpaket entscheiden", forderte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Hans Jürgen Ahrens. Jeder Monat Verzögerung koste die Beitragszahler der Kassen rund 120 Mio. Euro – diese Entlastung bräuchten die Krankenkassen jedoch dringend. Ähnlich äußerte sich der BKK-Bundesverband.
Ärzte und Krankenhäuser erleichtert
Die Ärzte begrüßten die Entscheidung hingegen: "Dass die Länder vor allem auch die Malusregelung kippen wollen, zeigt, dass unser entschiedener Widerstand, aber auch die bis zuletzt mit der Politik geführten Gespräche, nicht umsonst waren", erklärte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Kuno Winn. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft hegt nun neue Hoffnung. Ihr Präsident Dr. Rudolf Kösters bezeichnete die Anrufung des Vermittlungsausschusses als "wichtige Chance zur Korrektur der Schieflage". Ihm ist vor allem das Verbot der Naturalrabatte ein Dorn im Auge. Diese Rabatte seien von entscheidender Bedeutung für eine kostenbewusste Unternehmensführung der Kliniken. Würden sie gestrichen, komme es zu einem Ausgabenschub für die Krankenhäuser und damit letztlich für die GKV.
Änderungen fraglich
Ob es tatsächlich zu Änderungen des Gesetzentwurfs kommen wird, ist allerdings fraglich. Der CDU-Gesundheitspolitiker Dr. Wolf Bauer sagte im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung auf der Interpharm, er erwarte, dass die Politik bei ihrer "klaren Linie" bleiben werde. Würde man Naturalrabatte für Krankenhäuser ausnehmen, kämen "als nächstes die Tierarzneimittel". Bauer kann sich lediglich vorstellen, dass man die Definition der Innovation nochmals überdenkt. Ansonsten führe die Anrufung des Vermittlungsausschusses nur dazu, dass das AVWG um ein bis zwei Monate verzögert in Kraft treten kann.
Bundestag ist auf Bundesrat nicht angewiesen
Der nächste Sitzungstermin des Vermittlungsausschusses steht bislang nicht fest. Der Bundesrat tritt erst wieder am 7. April zusammen. Auch wenn keine Einigung im Vermittlungsausschuss erzielt werden kann, kann der Bundestag das Gesetz mit Kanzlermehrheit beschließen.
Der Bundesrat hat das Arzneimittelspargesetz vorerst gestoppt: Am 10. März beschloss die Mehrheit der unionsgeführten Bundesländer, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Die Ländervertretungen verlangen, die Bonus-Malus-Regelung zu streichen und widersprechen den Neuregelungen bei den Festbeträgen.
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