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Arzneimittel und Therapie
Präventions-Studie: Diabetes medikamentös verhindern
Die Prävalenz von diagnostiziertem Typ-2-Diabetes liegt heute weltweit bei etwa 5%. In Analogie zu den Infektionskrankheiten spricht man sogar von einer epidemieartigen Ausbreitung – Schätzungen zufolge werden im Jahre 2025 ca. 350 Millionen Menschen diagnostiziert sein.
Medikamentöse Prävention möglich? Mehrere kürzlich abgeschlossene Studien hatten Hinweise darauf geliefert, dass nicht nur durch eine Änderung des Lebensstils, sondern auch mit einer medikamentösen Therapie das Auftreten eines Diabetes möglicherweise verzögert oder sogar verhindert werden könnte. So kam es beispielsweise in der HOPE-Studie (Heart Outcomes Prevention Evaluation) unter dem ACE-Hemmer Ramipril zu einer Verminderung des Risikos für Diabetes-Neuerkrankungen um 34%.
Ziel der DREAM-Studie (Diabetes Reduction Assessment with ramipril and rosiglitazone Medication) war es herauszufinden, ob mit den Wirkstoffen Ramipril und Rosiglitazon eine medikamentöse Prävention des Typ-2-Diabetes möglich ist. Die Studie war an der kanadischen McMaster-Universität konzipiert und durchgeführt und von den Pharmaunternehmen Glaxo–SmithKline, Sanofi-Aventis und King Pharmaceuticals sowie dem kanadischen Institute of Health Research finanziell unterstützt worden.
An der Schwelle zum Diabetes Mehr als 24.500 Personen mit einem Mindestalter von 30 Jahren waren unter Anwendung eines Glucosetoleranztests für die Studie voruntersucht worden. Unter den 191 beteiligten Studienzentren aus 21 Ländern befanden sich auch zwei Kliniken aus Deutschland. Eingeschlossen wurden Personen, die sich nach den aktuellen Grenzwerten an der Schwelle zum Diabetes befanden. Sie wiesen eine gestörte Glucosetoleranz (Plasma-Konzentrationen 7,8 bis 11,1 mmol/l zwei Stunden nach oralem 75 g-Glucosetoleranztest) und/oder grenzwertig erhöhte Nüchternblutzucker-Konzentrationen (6,1 bis 6,9 mmol/l im Plasma) auf.
Ausgeschlossen wurden Menschen mit Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen oder Unverträglichkeitsreaktionen auf ACE-Hemmer oder Thiazolidindione in der Anamnese.
5269 Studienteilnehmer mit einem mittleren Alter von 55 Jahren wurden schließlich randomisiert einer Behandlung mit Verum (8 mg Rosiglitazon oder 15 mg Ramipril einmal täglich) oder Placebo zugeteilt und zusätzlich hinsichtlich gesundheitsfördernder Lebensführung und Ernährung beraten. Die primären Endpunkte der Studie waren das Auftreten eines Typ-2-Diabetes (Nüchternblutzucker > 7 mmol/l bzw. 2-Stunden-Wert nach Glucosetoleranztest ≥ 11,1 mmol/l) und die Gesamtmortalität. Zu den sekundären Endpunkten zählten unter anderem kardiovaskuläre Ereignisse sowie Insulinresistenz und Glucosetoleranz. Der Beobachtungszeitraum lag im Mittel bei drei Jahren.
Rosiglitazon vermindert das Risiko signifikant 306 Personen (11,6%) der Rosiglitazon-Gruppe und 686 (26,0%) der Placebo-Gruppe erreichten den primären Endpunkt (Tod oder Entwicklung eines Typ-2-Diabetes). Dies entspricht einer Risikoreduktion von 60%, auf die Diabetes-Neuerkrankungen bezogen lag die Risikoreduktion sogar bei 62%. 1330 Individuen (50,5%) der Rosiglitazon-Gruppe und 798 (30,3%) der Placebo-Gruppe erreichten eine Normoglykämie. Kardiovaskuläre Ereignisse traten in beiden Gruppen mit ähnlicher Häufigkeit auf; lediglich bezüglich eines nicht-tödlichen Herzversagens gab es größere Differenzen: unter Rosiglitazon traten 14 Fälle (0,5%), unter Placebo dagegen nur zwei Fälle auf (0,1%).
Keine Risikoreduktion unter Ramipril Im Ramipril-Arm der DREAM-Studie konnte dagegen die Diabetes-Inzidenz durch die Gabe des ACE-Hemmers nicht signifikant gesenkt werden. Der primäre Endpunkt wurde von 18,1% der Teilnehmer der Verum-Gruppe und 19,5% der Placebo-Gruppe erreicht. Allerdings war das Erreichen einer Normoglykämie wie bereits bei Rosiglitazon wahrscheinlicher als unter Placebo, wenn auch der Effekt nicht so stark ausgeprägt war wie unter dem Glitazon.
Weitere Ergebnisse abwarten Damit konnte gezeigt werden, dass eine tägliche Einnahme von 8 mg Rosiglitazon über drei Jahre bei Personen, die sich an der Schwelle zum Typ-2-Diabetes befinden, die Inzidenz für diese Erkrankung signifikant senken und die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen einer normoglykämischen Stoffwechsellage erhöhen kann. Statistisch gesehen müssten 1000 Patienten drei Jahre lang mit Rosiglitazon behandelt werden, um 144 Diabetesfälle zu verhindern (number needed to treat), wobei etwa vier zusätzliche Fälle von Herzversagen auftreten würden (number needed to harm). In der sich jetzt anschließenden "Auswaschphase" soll unter anderem verfolgt werden, wie sich die Blutzuckerwerte der Teilnehmer nach Absetzen der Medikamente entwickeln. Welche Konsequenzen die Ergebnisse der DREAM-Studie für Prävention und Therapie des Diabetes haben, bleibt abzuwarten.
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
Mehrere Studien hatten Hinweise darauf geliefert, dass nicht nur durch eine Änderung des Lebensstils, sondern auch mit einer medikamentösen Therapie das Auftreten eines Diabetes möglicherweise verzögert oder sogar verhindert werden könnte. Die bisher größte Diabetes-Präventionsstudie ergab, dass der Insulin-Sensitizer Rosiglitazon das Risiko für die Entstehung eines Typ-2-Diabetes um 62% verminderte.
Zurzeit sind in Deutschland bei Diabetes mellitus Typ 2 die Glitazone Pioglitazon (Actos®) und Rosiglitazon (Avandia®) zur Monotherapie oder in Kombination mit Metformin oder Sulfonylharnstoffen zugelassen.
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