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Mitbestimmung: Betriebsrat? – ja bitte!
Beginnen wir mit einem fiktiven Beispiel: In der Rosen-Apotheke in Dornenstadt sind die Angestellten schon länger schlecht auf ihren Chef zu sprechen. Immer wieder gibt es Ärger bei der Einteilung der Arbeitszeiten. Auch die Urlaubsplanung gestaltet sich schwierig, weil Apothekenleiter Bräsig keinerlei Überblick darüber hat, wer wann in Urlaub geht – und plötzlich nur noch eine Minimalbelegschaft in der Apotheke steht. Eine Aussprache führt lediglich zu gegenseitigen Vorwürfen, nicht aber zu einer Änderung. Eine neue Kollegin wundert sich schon nach kurzem: Warum habt ihr keinen Betriebsrat? In meiner früheren Apotheke hat das sehr geholfen, Streitigkeiten zu beheben ...
Schon ab fünf Angestellten möglich
Die Wahl eines neuen Betriebsrates (BR) ist grundsätzlich jederzeit möglich, auch unabhängig von den alle vier Jahre stattfindenden Neuwahlen. Aber es gibt bestimmte Voraussetzungen, die das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt: Die Wahl eines BR ist in einer Apotheke mit in der Regel mindestens fünf ständig beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmern möglich (also nicht zur Probe, Aushilfe, Vertretung). Bei einer Apotheke mit einer oder mehr Filialen zählen alle Angestellten zusammen.
- Aktiv wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Von den fünf Angestellten müssen drei passiv wahlberechtigt bzw. wählbar sein, also dem Betrieb mindestens sechs Monate angehören.
- Wenn in einem Betrieb zwischen fünf und 20 wahlberechtigte MitarbeiterInnen beschäftigt sind, besteht der BR aus einer Person (bei größeren Betrieben ist die Zahl von der Größe der Belegschaft abhängig).
Es gibt etliche Apotheken, die diese Voraussetzungen erfüllen, allerdings nur wenige, die tatsächlich einen BR haben. Das mag viele Gründe haben, etwa mangelndes Wissen über die Wahl und Aufgaben eines BR, Angst vor wutschnaubenden Arbeitgebern bis hin zum Argument: "Wieso, bei uns läuft doch alles bestens?"
Betriebsrat bietet Vorteile für beide Seiten
Dennoch sollte über die Einrichtung eines BR nachgedacht werden. Denn es geht nicht nur darum, die Direktionsbefugnisse des Arbeitgebers (AG) zu begrenzen und an seinen unternehmerischen Entscheidungen beteiligt zu sein, sondern auch darum, die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und dem AG zu verbessern und damit auch das Betriebsklima. Und auch der Apothekenleiter kann profitieren. Ein motivierter BR wird sich um die Weiterentwicklung der Apotheke Gedanken machen und Verbesserungsvorschläge einbringen, denn auch die Mitarbeiter und der BR haben ein Interesse an einer wettbewerbsfähigen Apotheke – sie sichert nämlich ihre Arbeitsplätze.
Welche Aufgaben hat der Betriebsrat?
In einem Betrieb mit BR gilt das Betriebsverfassungsrecht. Ein paar der wichtigsten Aufgaben des BR seien hier kurz vorgestellt. Er hat darüber zu wachen, dass Tarifverträge, Gesetze, Verordnungen und Betriebsvereinbarungen zugunsten der Arbeitnehmer eingehalten werden. Er kann Maßnahmen beantragen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen. Weiterhin gehören zu den allgemeinen Aufgaben die Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb sowie die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Außerdem muss der Arbeitgeber den Betriebsrat in Personalplanungen mit einbeziehen sowie über erforderliche Maßnahmen beraten.
Welche Rechte hat der Betriebsrat?
- Anhörung bei Kündigung: Vor der Kündigung eines Mitarbeiters muss der Betriebsrat angehört werden, sonst ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Der Arbeitgeber muss dabei die Gründe für die Kündigung dem BR mitteilen. In einem Kündigungsschutzprozess kommt es häufig vor, dass eine Kündigung als unwirksam erklärt wird, weil der BR nicht ordnungsgemäß angehört wurde. Zwar kann der BR letztlich eine Kündigung nicht verhindern. Kommt es jedoch zu einem Prozess über die Wirksamkeit der Kündigung, darf der Arbeitgeber nur Gründe verwerten, die er auch dem Betriebsrat mitgeteilt hat.
- Widerspruchsrecht bei Kündigung: Der BR hat außerdem ein besonderes Widerspruchsrecht mit der Folge, dass der gekündigte Arbeitnehmer Anspruch darauf hat, während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses weiterbeschäftigt zu werden.
- Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten: In vielen Fragen der betrieblichen Ordnung hat der BR Mitbestimmungsrechte, so weit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Oft wissen die Arbeitgeber über diese Rechte des BR nicht besonders gut Bescheid. Hier ein kleiner Katalog von Beispielen: Verhalten von Arbeitnehmern im Betrieb; Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; Aufstellung des Urlaubsplanes, Fragen der betrieblichen Lohngestaltung.
- Schiedsrichter: Kommt in den genannten Fällen keine Einigung zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Diese besteht aus einer jeweils gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf den sich beide Seiten einigen müssen.
Betriebsrat in meiner Apotheke?
Die Frage, ob in einer kleinen Apotheke ein Betriebsrat gegründet werden sollte, muss sorgfältig überlegt werden. Manchmal lassen sich Probleme mit dem Arbeitgeber in einem sehr kleinen Betrieb wie einer typischen Apotheke ohne große Formalien regeln; auf jeden Fall sollte man diesen Versuch vor Gründung eines BR starten. Bei einer größeren Apotheke oder einem Filialverbund ist eine BR-Gründung meist sinnvoll, da hier der Regelungsbedarf größer und vieles nicht mehr auf dem "kleinen Dienstweg" beim Frühstück zu regeln ist.
Im nächsten ADEXA-Info geht es um den Ablauf der Betriebsratswahl. Zum Thema Betriebsrat in Filialapotheken sei auf den Beitrag in DAZ 2/2006 auf Seite 67– 68 hingewiesen.
Wenn Sie als ADEXA-Mitglied Beratung und Hilfe bei der Gründung eines Betriebsrates oder bei den Neuwahlen brauchen, melden Sie sich bitte unter der ADEXA-Hotline: Tel. (0 40) 36 38 29, Fax (0 40) 36 30 58, info@adexa-online.de
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