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Arzneimittel und Therapie
Therapie der Schizophrenie: Atypische Neuroleptika doch nicht nebenwirkungsärme
Der Begriff "atypisch" war geprägt worden, weil sich das in den 50er Jahren entwickelte Clozapin sowie die in den 90er Jahren eingeführten neuen Wirkstoffe (z. B. Risperidon, Quetiapin, Olanzapin, Ziprasidon) im Vergleich zu den klassischen Neuroleptika (z. B. Haloperidol, Fluphenazin, Thioridazin) durch ein geringes Risiko bezüglich des Auftretens unerwünschter extrapyramidal-motorischer Wirkungen auszuzeichnen schienen. Unter der Therapie kam es jedoch zu neuen problematischen Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Entwicklung eines Typ-2-Diabetes und Hypercholesterinämie. Dennoch haben die Verordnungen der Atypika in den letzten Jahren weltweit stark zugenommen. In Deutschland sind sie in den vergangenen zehn Jahren um das Zehnfache angestiegen.
Abbruchrate als primärer Endpunkt
Die firmenunabhängige doppelblinde randomisierte CATIE-Studie (Clinical Antipsychotic Trials of Intervention Effectiveness) wurde mit dem Ziel durchgeführt, die Vorteile einer täglichen Anwendung der atypischen Neuroleptika Olanzapin, Quetiapin, Risperidon und Ziprasidon gegenüber einem klassischen Antipsychotikum (Perphenazin) zu prüfen. Die Studie wurde vom National Institute of Mental Health (NIMH) initiiert und von Januar 2001 bis Dezember 2004 an 57 Zentren in den USA durchgeführt. Ziprasidon wurde erst im Januar 2002 (nach seiner Zulassung durch die FDA) in die Studie aufgenommen. Das neue atypische Neuroleptikum Aripiprazol konnte in die Studie nicht einbezogen werden, da es zu Studienbeginn noch nicht zugelassen war.
Die Patienten der Studie mit der Diagnose Schizophrenie waren überwiegend (ca. 73%) Männer zwischen 18 und 65 Jahren. Als Behandlungsdauer waren 18 Monate vorgesehen. Primärer Endpunkt für Wirksamkeit und Verträglichkeit war die Zeit bis zum Abbruch der Behandlung wegen fehlender Wirkung oder Unverträglichkeit. Dieses Kriterium wurde gewählt, weil bei schizophrenen Patienten ein Abbruch oder Wechsel der Medikation sehr häufig vorkommt. Sekundäre Endpunkte waren spezielle Gründe für den Behandlungsabbruch wie Unwirksamkeit, Gewichtszunahme, extrapyramidale Symptome. Weiterhin wurden zur Beurteilung der Wirksamkeit verschiedene Skalen zur Klassifizierung des Schweregrades psychopathologischer Symptome herangezogen, und zwar der PANSS-Score (Positive and Negative Syndrome Scale) und der CGI-Score (Clinical Global Impressions). Von den 1493 randomisierten Patienten wurden 1432 ausgewertet und mithilfe verschiedener statistischer Testverfahren multiplen Vergleichen unterzogen.
Überraschend viele Abbrüche
Die Ergebnisse der Studie waren überraschend: die meisten Patienten brachen die Behandlung vorzeitig ab. Unter Perphenazin waren es 75%, unter Olanzapin 64%, unter Risperidon 74%, unter Ziprasidon 79% und unter Quetiapin 82% der Patienten. Olanzapin wurde signifikant länger eingenommen als Quetiapin bzw. Risperidon, der Unterschied zu Perphenazin oder Ziprasidon war jedoch nach Adjustierung wegen multiplen Testens nicht statistisch signifikant. Obwohl Olanzapin etwas effektiver zu sein schien als die anderen Wirkstoffe, kam es jedoch in dieser Behandlungsgruppe häufiger zu Gewichtszunahme (durchschnittlich 0,9 kg pro Monat), außerdem zu einem stärkeren Anstieg der HbA1c-Werte, des Gesamtcholesterins und der Triglyzeride. Extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen kamen unter den Wirkstoffen der Studie ähnlich häufig vor, bei Perphenazin waren diese Nebenwirkungen jedoch der häufigste Grund für den Abbruch der Behandlung. Lediglich bei Ziprasidon kam es zu einer Verbesserung metabolischer Werte. Die Prolaktin-Spiegel stiegen nur unter der Risperidon-Behandlung an.
Kontroverse Diskussionen
Die Ergebnisse der CATIE-Studie haben kontroverse Diskussionen ausgelöst. Viele Fachleute sehen die vielfach geäußerte Empfehlung, nur noch die neuen atypischen Neuroleptika anzuwenden, durch diese Studie infrage gestellt. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) und die Arbeitsgemeinschaft für Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie (AGNP) weisen dagegen in einer Stellungnahme auf einige Schwachpunkte der Studie hin. So könnten beispielsweise die Vorteile wie auch die Nachteile der Olanzapin-Behandlung damit zusammen hängen, dass dafür eine Dosis von 30 mg pro Tag erlaubt war, die oberhalb der zugelassenen Höchstdosis (20 mg/d) lag und damit im Vergleich zu den anderen geprüften Neuroleptika relativ hoch war.
Außerdem wird kritisiert, dass keine gezielten Maßnahmen wie Psychoedukation ergriffen wurden, um dem Therapieabbruch zu begegnen - möglicherweise ein Grund für die sehr hohen Abbruchraten. Auch der primäre Endpunkt selbst, also die Abbruchrate, wird kritisch betrachtet. Denn bei der Therapie von Schizophrenie-Patienten gehe es primär um die Besserung der Fähigkeit zur Nutzung der Lebenschancen im Berufs- und Privatleben und die Steigerung von Lebensqualität und Lebenszufriedenheit. Solche "praktischen" Parameter wurden jedoch in der Studie nicht gemessen, sodass die Aussagekraft dadurch erheblich eingeengt ist, sagen die Kritiker. Daher warnen sie auch davor, dass das Hauptergebnis der Studie Grundlage gesundheitspolitischer Entscheidungen wird. Für die Praxis empfehlen sie, bei Notwendigkeit eines Neuroleptikums dieses nach Verträglichkeit und Präferenzen des Patienten, also an die individuellen Bedingungen angepasst, auszuwählen.
- Dyskinesien (z. B. ruckartiges Herausstrecken der Zunge, Krämpfe der mimischen Muskulatur, abnorme stereotype Bewegungen)
- Akathisie (quälende Unruhe)
- Neuroleptika-bedingtes Parkinson-Syndrom
Die Antipsychotika der zweiten Generation (auch als atypische Neuroleptika bezeichnet) gelten als besser verträglich als die klassischen Neuroleptika, da sie z. B. weniger extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen besitzen. Unter der Therapie kommt es jedoch häufiger zu Gewichtszunahme und Veränderungen im Glucose- und Lipidstoffwechsel. Eine abschließende Bewertung ist daher noch nicht möglich.
Quetiapin, Risperidon und Ziprasidon besaßen gegenüber Perphenazin keinen Wirkvorteil, lediglich Olanzapin war in Bezug auf die Abbruchraten etwas effektiver. Allerdings war Olanzapin mit einer stärkeren Gewichtszunahme und einem Anstieg der Glucose- und Lipidwerte verbunden. Bezüglich der Inzidenz extrapyramidal-motorischer Nebenwirkungen gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Neuroleptika.
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