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Rechtsprechung aktuell
Mietrecht: Kein Wettbewerbsverbot für Filialapotheke
Betreiber von Einkaufszentren verwenden oftmals Mietvertragsformulare, die Regelungen zum Schutz vor Konkurrenz zu Lasten des Mieters enthalten. Eine solche Klausel macht auch vor so manchem Apothekenmietvertrag nicht halt: Solange ein Apotheker in der Einkaufspassage seine Apotheke betreibt, soll ihm der Betrieb weiterer Apotheken im Umkreis des Centers untersagt sein. So war es auch in dem vom Oberlandesgericht Dresden entschiedenen Fall: Durch eine im Mietvertrag enthaltene Formularklausel sollte eine "Schutzzone" von drei Kilometern um die im Herzen Dresdens gelegene Einkaufspassage eingerichtet werden.
Dem betroffenen Apotheker fiel diese Klausel bei Vertragsschluss im Jahr 2002 überhaupt nicht auf, hätte er doch zu dieser Zeit ohnehin noch keine Filialapotheke errichten dürfen. Erst das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) eröffnete zum 1. Januar 2004 diese Möglichkeit. Als der betroffene Apotheker nach Inkrafttreten des GMG eine Filialapotheke eröffnen wollte, kündigte ihm der Vermieter den Mietvertrag – wegen Verstoßes gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot.
Im vorliegenden Verfahren hatte nun das Oberlandesgericht Dresden die Wirksamkeit dieser so genannten Konkurrenzschutzklausel zu prüfen. Um wirksamer Bestandteil des Formularmietvertrags zu sein, darf eine Vertragsbestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht überraschend sein und auch keine nach Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners zur Folge haben. Diese Anforderungen erfüllte die fragliche Klausel nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht. Die Kündigung des Vermieters war daher unwirksam.
Apotheker muss nicht mit Konkurrenzschutzklausel rechnen
Das Oberlandesgericht hielt die Klausel für so ungewöhnlich, dass der Apotheker mit ihr nicht zu rechnen brauchte. Denn im Jahr 2002 sei der Mehrbetrieb von Apotheken noch gar nicht erlaubt gewesen, so dass mit einem vertraglichen Mehrbetriebsverbot auch nicht gerechnet werden musste. Nicht auseinandergesetzt hat sich das Oberlandesgericht mit dem Umstand, dass von interessierter Seite schon 2002 die Zulassung eines (begrenzten) Mehrbetriebs gefordert worden war. Deshalb hätte es als durchaus nahe liegend angesehen werden können, dass die Klausel gerade für diesen nicht ganz unwahrscheinlichen Fall der Modifizierung des Mehrbetriebsverbotes in den Vertrag aufgenommen worden war.
Ungewöhnlich ist die Klausel aber deshalb, weil sie als Formularbedingung vom gesetzlichen Leitbild erheblich abweicht: Denn nach der Konzeption des gesetzlichen Mietrechts ist es grundsätzlich Aufgabe des Vermieters, den Mieter von Gewerberäumen vor Konkurrenz zu schützen, während der Vermieter grundsätzlich keinen dem Vertrag immanenten Konkurrenzschutz genießt.
Überraschend ist die Klausel auch, weil sie in dem immerhin mehr als 25 Seiten umfassenden Vertragstext unter der Rubrik "Sonstiges" verankert worden war, also dort, wo man eher unbedeutende Regelungen vermutet.
Konkurrenzschutz benachteiligt Mieter unangemessen
Darüber hinaus hält das Oberlandesgericht die Klausel aber auch wegen einer nach Treu und Glauben unangemessenen Benachteiligung des Apothekers für unwirksam. Zwar sind, wie das Gericht feststellt, vertragliche Wettbewerbsverbote, die die wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten des Mieters in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Sicht einschränken, grundsätzlich zulässig. Voraussetzung ist jedoch ein schutzwürdiges Interesse des Vermieters, das gegenüber den Interessen des Mieters an einer ungehinderten Berufsausübung überwiegt. Zu Recht weist das OLG darauf hin, dass die Stellung eines Vermieters nicht mit der eines Verpächters vergleichbar ist; dieser hat nämlich ein zeitlich befristetes und örtlich begrenzt schutzwürdiges Interesse daran, dass der Pächter nach Beendigung des Pachtverhältnisses und Rückgabe der Apotheke einschließlich Einrichtung und Kundenstamm nicht durch Eröffnung eines Konkurrenzbetriebes in nächster Nähe die mit dem bisherigen Betrieb geschaffenen Bindungen zu Kunden etc. zu seinen Gunsten nutzt und so den Wert der zurückgegebenen Pachtsache entscheidend mindert. Bei der Rückgabe der Mietsache hat der Vermieter ein vergleichbares Interesse nicht, weil er nur Anspruch auf Rückgabe der Mietsache, nicht jedoch auf Nutzung des Geschäftswerts einer in den Mieträumen betriebenen Apotheke hat.
Bei der Abwägung der schutzwürdigen Interessen bemängelt das Oberlandesgericht, dass im vorliegenden Fall der Vermieter zwar für sich Konkurrenzschutz beanspruchte, selbst jedoch keinerlei Konkurrenzschutz gewährte. Auch hält das Gericht einen Umkreis von drei Kilometern, der den gesamten Dresdner Innenstadtbereich erfasst, für zu weitreichend. Dadurch sei der Apotheker von jedweder weiteren wirtschaftlichen Betätigung in lukrativen Geschäftslagen ausgeschlossen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Vermieter gerade auf einen so umfassenden Schutz angewiesen sei.
Vereinbarte Wettbewerbsverbote
Das Oberlandesgericht hatte nur über die Zulässigkeit vorformulierter Konkurrenzschutzklauseln in Apothekenraummietverträgen zu befinden. Das Urteil enthält deshalb keine Feststellung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Klausel zwischen den Parteien individuell ausgehandelt werden kann. Das Oberlandesgericht weist nur darauf hin, dass die Zulässigkeit solcher Klauseln allgemein anerkannt sei.
Gleichwohl ist Vorsicht geboten: Wettbewerbsklauseln, die nicht dem Schutz des Mieters, sondern des Vermieters dienen, sind ein deutliches Indiz dafür, dass sich der Vermieter zumindest einen Teil des wirtschaftlichen Wertes des Apothekenbetriebs zunutze machen möchte. Besonders deutlich wird dies bei nachvertraglichen Wettbewerbsklauseln, die dem Mieter die Neueröffnung einer Apotheke in einem bestimmten Umkreis nach Ablauf der Mietvertragszeit untersagen, weil sich auf diese Weise der Vermieter den vom Mieter erwirtschafteten Geschäftswert einverleibt und gegebenenfalls auf einen neuen Mieter überträgt. Auch bei Wettbewerbsklauseln während der Mietlaufzeit beansprucht der Vermieter einen Teil des Geschäftswertes für sich. Geht dies einher mit einer entsprechend hohen Gestaltung der Miete, so wird deutlich, dass sich der Vermieter nicht nur den guten Standort vergüten lässt, sondern darüber hinaus auch an den Früchten des Apothekenbetriebes partizipieren möchte. Eben dies wäre bei der nach der Rechtsprechung gebotenen einheitlichen wirtschaftlichen Betrachtung aber als ein Verstoß gegen §§ 8, 9 ApoG zu werten, der gemäß § 12 ApoG die Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages zur Folge hätte. Vor solchen Fallgestaltungen kann daher sowohl im Interesse des Vermieters als auch des Apothekers nur gewarnt werden.
Das hier zusammengefasste Urteil können Sie neben anderen apotheken- und arzneimittelrechtlichen Entscheidungen im Wortlaut abrufen bei DAZonline unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de Rubrik Recht/Urteile, Benutzername: apotheke, Kennwort daz
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