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Fremdbesitz und Fremdertrag
Alles nicht so schlimm – wenn Ketten kommen, wenn sich Kapitalgesellschaften breitmachen? Keine Apothekerin, kein Apotheker sollte sich Illusionen hingeben: Sie würden die Verlierer sein, auf breiter Front. Zusammen mit den Versicherten, Patienten, Apothekenkunden. Das zeigt schon eine globale Betrachtung.
Kapitalgesellschaften, die Apotheken betreiben, müssen für ihre Kapitalgeber Dividenden erwirtschaften und Kurssteigerungen erzielen. Wo kommt das Geld her? Es wird abgezweigt aus den Erträgen und Werten, die in den Apotheken von Mitarbeitern und Apothekenleitern gemeinsam erarbeitet wurden und werden. Das Geld ist nicht weg, aber zukünftig woanders. Zum Fremdbesitz gehört Fremdertrag. Die Bereicherung der einen ist die Enteignung der anderen.
Die Gehe-Mutter Celesio hat gerade Zahlen vorgelegt, die tief blicken lassen. Aus seinen bisher 2100 Apotheken (Durchschnittsumsatz 1,6 Mio. Euro) hat der Konzern 2006 für seine Eigner (> 50% liegen beim Haniel-Konzern, der auch an der Metro beteiligt ist) ein Vorsteuerergebnis von 276,6 Millionen abgesogen. Pro Apotheke sind das 132.000 Euro. Die Honorierung der angestellten Apothekenleiter ist dabei vorher schon abgezogen – ebenso wie alle anderen Kosten. Der Rohertrag (Marge) beträgt 36,1 % (!). Dass ein Kettenkonzern solche Traumzahlen durchsetzen kann, sollte auch jedem in Politik (und Pharmaindustrie!) die Augen öffnen. Es ist Traumtänzerei, sich von der Beseitigung unserer "atomistischen" Apothekenlandschaft und der Hoffnung auf dann "mehr Markt, mehr Wettbewerb" günstigere "Distributionskosten" zu erhoffen.
Das Gegenteil ist richtig. Die durchschnittliche Apotheke in Deutschland begnügt sich inzwischen nolens volens mit einem Rohertrag von 27,6%. Das vergleichbar gemachte Vorsteuerergebnis – also nach Abzug eines Arbeitslohnes für den Apothekenleiter – beträgt 21.000 Euro. Selbst wenn man die Apothekenleiterhonorierung auf das Gehaltsniveau eines unterdurchschnittlich vergüteten Filialleiters reduzierte, steigt es nur auf maximal 50.000 bis 60.000 Euro. Die Relation zu den 132.000 Euro der ausländischen Celesio-Apotheken zeigt: Die Versorgungsleistung wird in unserem freiberuflich-inhabergeführten Apothekensystem zu erheblich günstigeren Bedingungen erbracht – und, da bin ich sicher, trotzdem auch besser. Celesio zieht mit seiner Kette der Allgemeinheit das Fell über die Ohren. Zugunsten der Kettenbetreiber und ihrer Kapitalgeber wird der Arzneiversorgung Geld entzogen – Geld, das für die, die im Versorgungssystem auf Leistungen angewiesen sind oder in ihm Leistungen erbringen, nicht mehr zur Verfügung steht.
Klaus G. Brauer
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