"Hier kritisiert nicht nur die Chefin!"

Feedback ist keine Einbahnstraße. Es gibt genügend Ratschläge für Apothekerinnen und Apotheker, wie sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern produktiv Rückmeldung geben können. Wie aber läuft der Prozess umgekehrt? Wie bekommt der Apotheker oder die Apothekerin selbst ehrliches Feedback, fernab jeder Schmeichelei? Und wie geht er oder sie mit harscher Kritik um?
Wie Sie eine offene Feedbackkultur in der Apotheke etablieren

"Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus" – Redewendungen bringen das Exemplarische häufig auf den Punkt. Wer als Apotheker – und damit als Führungskraft – unter "Rückmeldung" versteht, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur dann zu kommunizieren, wenn etwas schief gelaufen ist, darf sich nicht wundern, wenn seitens der Angestellten Feedback ebenfalls nur in Form harscher Kritik erfolgt. Und wer unberechtigt lobt, mithin schmeichelt, um bestimmte Ziele zu erreichen, wird erfahren müssen, dass die Mitarbeiterinnen ebenso vorgehen.

Die Reaktion des Apothekers besteht häufig darin, nun alles zu hinterfragen: "Versteckt sich hinter der lobenden Äußerung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters eine ironische Attacke? Will sich eine Angestellte anbiedern, weil sie auf Beförderung hofft? Warum nur traut sich niemand, seine Meinung zu äußern? Ob es darin liegt, dass ich jüngst eine Mitarbeiterin wegen einer kritischen Äußerung so harsch angegangen bin?"

Eine Lösung besteht darin, verbindliche Spielregeln für das Feedback zu formulieren, an die sich alle halten müssen: die Mitarbeiter und der Apotheker. So kann beispielsweise ein fairer, sachlicher und offener Umgangston vereinbart werden, bei dem Verallgemeinerungen, Vorwürfe und Angriffe gegen die Person zu vermeiden sind.

Sinnvoll ist es, sie gemeinsam zu erarbeiten und zu verabschieden, im Apothekenteam, etwa im Rahmen eines Meetings. Alle Beteiligten geben ihr Commitment zu den vereinbarten Grundsätzen ab – so kann ein Betriebsklima entstehen, in dem die Rückmeldung als Instrument anerkannt wird, sich gegenseitig zu unterstützen durch:

  • ehrliche Kritik,
  • motivierende Anerkennung und
  • förderndes und korrigierendes Feedback.

Ungerechtfertige Kritik oder heuchlerische Schmeicheleien treten so erst gar nicht auf. Selbstverständlich ist dieses Ziel nicht von heute auf morgen realisierbar – der Apotheker muss versuchen, einen Prozess in Gang zu setzen, an dessen Ende die Zielerreichung steht.

Status quo feststellen, Feedbackkultur etablieren

In einem ersten Schritt analysiert das Apothekenteam die bisherige Feedback(un)kultur. Häufig stellt sich dabei heraus: Rückmeldungen dienten bisher vor allem dazu, Pfründe zu sichern, Einzel- und Eigeninteressen zu verfolgen, in Auseinandersetzungen und Konflikten den "Sieg zu erringen", also recht zu behalten.

Darum lautet die wichtigste Spielregel: Jeder – Mitarbeiter und Apotheker – ist bereit und fähig, Feedback zu geben und zu empfangen, selbst wenn es schmerzhaft ist und für den Feedbackempfänger unangenehme Wahrheiten enthält. Denn dieser weiß: Es geht bei der Rückmeldung nicht darum, jemandem Schuld aufzubürden oder ihn als Person zu disqualifizieren – sondern immer um die Suche nach der bestmöglichen Lösung für ein Problem. Darum erfolgt das Feedback inhaltsbezogen, nie personenbezogen. Und in einem Konflikt gewinnt – oder besser: überzeugt das beste Argument.

Wird diese Spielregel befolgt, kommt es zu ehrlichem Feedback. Schmeicheleien und ungerechtfertigte Kritik bleiben aus, auch "negative" Rückmeldungen werden konstruktiv aufgenommen und verarbeitet, weil sicher gestellt ist, dass es dem Kritisierten allein um die Sache zu tun ist.

Ist das nicht zu idealistisch gedacht? Natürlich wird es zu "Verstößen" kommen. Der Unterschied: Sanktioniert wird jetzt nicht mehr der Inhalt unangemessenen Feedbacks, sondern stets die Form, in der es gegeben wird: "Sie haben sich nicht an die Spielregeln gehalten!" Wenn zum Beispiel eine Mitarbeiterin eine Kollegin in der Teamsitzung persönlich angreift, kann der Apotheker auf die vereinbarten Grundsätze verweisen. Schlägt der Chef selbst einmal über die Stränge, nutzt er etwa seine hierarchische Machtposition aus, kann er von seinen Mitarbeiterinnen an seine Verpflichtung auf die Feedbackvereinbarungen erinnert werden.

Als Apotheker Vorbildfunktion wahrnehmen

Die Tatsache, dass der Apotheker in seiner Eigenschaft als Führungskraft als Vorbild wirkt, dürfte unbestritten sein. Wer die Haltung vorlebt, es sei besser, kurzfristige Erfolge zu erreichen statt zum Kunden eine nachhaltige und langfristige Beziehung aufzubauen, wird Mitarbeiter anziehen, die ebenso denken und handeln.

"Wer mit Erdnüssen bezahlt, ist von Schimpansen umgeben." Zum Glück gilt das Motto "Gleich und gleich gesellt sich gern" auch umgekehrt: Apotheker, die nicht nur Lob und Anerkennung aussprechen, sondern es begründen, und die Dinge, die nicht funktionieren, ansprechen, um sie zu verändern – und nicht die Beteiligten in Bausch und Bogen kritisieren wollen –, dürfen hoffen und erwarten, dass die Mitarbeiterinnen ebenso vorgehen. Wer das Prinzip konstruktiver Rückmeldungen vorlebt, fördert und ermuntert Gleichgesinnte.

Jede Mitarbeiterin in der Apotheke muss wissen: "Wenn ich meine Meinung sage, habe ich keine unangenehmen Folgen zu fürchten – wenn ich sie denn im Rahmen der vereinbarten Feedbackregeln äußere." Letztendlich muss der Apotheker mit Hilfe vertrauensbildender Maßnahmen eine Atmosphäre schaffen, in der allein eine offene und Informations- und Kommunikationskultur gedeihen kann.

Eine offene Feedbackkultur in beide Richtungen innerhalb der Hierarchie entsteht durch Beispielkultur. Wer sich als Apotheker und Chef an Spielregeln hält, gibt ein nachahmenswertes Beispiel ab. Und eine direkte Einflussnahme auf Verhaltensänderungen auf Seiten der Mitarbeiterinnen ist vordringlich über das eigene Verhalten möglich..

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
Gerade in kritischen Situationen stellt der Apotheker die Lage klar, sachlich und ohne Beschönigungen dar. Wenn er harte Entscheidungen treffen muss, erläutert er die Hintergründe und Konsequenzen für Apotheke und Mitarbeiterinnen.

Konstruktive Mitarbeitergespräche!

Der Apotheker führt durch Fragen, geht auf die Äußerungen der Mitarbeiterin ein und führt einen argumentativen Dialog herbei.

Herzlichkeit!

Der Apotheker bringt zum Ausdruck, dass die Apothekenmitarbeiterin für ihn nicht nur eine bloße Angestellte ist.

Information pur!

Er informiert die Mitarbeiterinnen regelmäßig und ausführlich über die Entwicklungen in der Apotheke.

Kontrollen begründen!

Es geht dem Apotheker um die Ergebnisse der Kontrolle, die häufig die Grundlage für die Verbesserung von Arbeitsprozessen in der Apotheke bilden.

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